5,4 Millionen Mal verkaufte sich der Scénic seit 1996 weltweit. Nun schlägt er ein neues Kapitel auf. Weniger Van, mehr Mobilitätswende und stilsicher designt.
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Familienfahrzeug einer neuen Generation. So lautet die offizielle Parole zum neuen, ersten elektrischen Scénic. Als Thema in Varianten wiederholt bei der Fahrvorstellung:„Der Scénic ist ein Auto für junge Familien. Er soll alle Ängste vor der Elektromobilität, wie jene der Reichweite, beseitigen.“ Oder: "Familien-E-Auto mit dem besten Preis-Reichweiten-Verhältnis."

Da machen wir doch gleich den Lackmustest – und nähern uns zu dem Behufe dem Fahrzeug von hinten. Kofferraum auf, der war ja unter anderem stets eine Scénic-Stärke, als er noch ein klassischer Van war. Der hier, der neue: hohe Ladekante, also: wirklich hohe Ladekante. Dahinter geht es fast genau so tief wieder runter, unterm Boden noch das Fach für die Kabel. Der Laderaum ist bis zur zweiten Sitzreihe 54 cm tief – ein Kinderwagen geht sich der Länge nach nicht aus, quer locker. Anders als bei vielen Autos auf reiner E-Plattform kommt hier ein gehaltvolles Kofferraumvolumen zustande, 545 bis 1670 Liter laut Datenblatt, mit 40:20:40 umlegbaren Sitzen.

Der Arbeitsplatz ist nach Renault-Art angerichtet, garniert mit guten Ideen. Zum Beispiel das Panorama-Glasdach. Lässt sich in vier Stufen segmentweise einstellen, zwischen milchglasig blickdicht und voll transparent, auch getrennt vorne und hinten.
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Familientauglichkeit? Gegeben und sogar besser als beim konventionell angetriebenen Vorgänger (506 bis 1554), der 4,41 Meter lang, 1,87 breit und 1,65 hoch war – zum Vergleich Elektro-Scénic: 4,47, 1,86 und 1,57 Meter, und beim Radstand toppt er mit 2,79 m den alten um sechs Zentimeter. Das kommt auch dem Knieraum in der zweiten Reihe zugute, den wir gleich als Nächstes prüfen, nachdem wir uns von Renault-Technikern bestätigen haben lassen, dass die hohe Ladekante konstruktiv nötig sei, der Karosseriesteifigkeit wegen.

An den Becherhaltern hinten kann man, herausgeschwenkt, auch seine elektronischen Grundnahrungsmittel in Position bringen.
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Hinten sitzen: Viel Raum nach oben und vorne, aber die Oberschenkel finden keine Auflage. Ja, das ist so bei diesen Unterflurbatteriekonzepten, aber zwei Zentimeter höhere Sitze, und es wäre zum Plafond immer noch reichlich Raum geblieben, jedenfalls beim "Solarbay"-Panorama-Glasdach, das segmentweise Blickdichtigkeit oder Transparenz erlaubt, auch eine schlaue Idee und sommers gut gegen Aufheizung, damit man hinten, vorne oder beidfalls kühlen Kopf bewahrt. Die Mittelarmlehne ist ausgefuchst durchdacht, mit cleveren Becherhaltern, von denen man eine Art Tablet-Halterung nach vorne schwenken kann. Das wird die Kinder freuen.

Jetzt in die Poleposition. Geschmackvoll, mit einem Cockpit à la Austral und Espace, hoher Renault-Familienzugehörigkeitswert somit. Nicht so überzeugend hinsichtlich Familienauto: Die Türfächer sind recht schmal, da bekommt man nicht sonderlich viel rein. In Wagenmitte ist das besser und gleich multipel gelöst, auch für die ganze seit dem letzten Scénic-Auftritt 2016 hinzugekommene Digitalgerätewelt, bis hin zum induktiven Laden. Nicht verbessert hat sich das Handschuhfach, das ein klassisches ist statt dieser superpraktischen ausfahrbaren Schublade.

Der Kofferraum ist für ein E-Auto geräumig geraten. Aber: Hohe Ladekante, und zu den (nicht ganz flach umlegbaren) Rücksitzen entsteht eine ziemliche Stufe.
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Und weil wir zunächst in der Ausstattungsversion Esprit Alpine sitzen, seien auch noch deren hübsche, dezente blaue Farbakzente erwähnt sowie die schaligen Sitze, die hervorragende Seitenführung für Menschen schlanken Zuschnitts gewähren – für jene mit kontinuierlich angelegten Jahresringen ist das eher nichts. Für die gibt es die anderen Ausstattungsversionen, und bei der Gelegenheit ein Wort zur Kreislaufwirtschaft, damit auch künftige Familien den Planeten noch wohnlich finden:25 Prozent der Scénic-Masse besteht bereits aus Rezyklaten, 90 sind rezyklierbar, beides mit Tendenz nach rasch mehr.

Induktive Ladezone für das Schlaufernsprechgerät.
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Gestartet wird per Startknopf, und damit zum Fahrkapitel. Fahrwerk und (direkt übersetzte) Lenkung sind mit dem Attribut tadellos zu versehen, tiefer Schwerpunkt und 50:50-Achslastbalance ergeben auch brave Kurveneigenschaften, und weil der Familien-SUV-Crossover-Van mit grob gesagt 1750 bis 1850 kg Leergewicht doch deutlich unter zwei Tonnen bleibt, wirkt er auch vergleichsweise leichtfüßig. Zu beanstanden wären allerdings die starken Windgeräusche auf der Autobahn, das können andere zum Teil deutlich besser.

Den Elektro-Scénic gibt es in zwei Motorisierungen mit 125 und 160 kW sowie in zwei Batteriegrößen (60 und 87 kWh Nettokapazität, von LGChem), wobei die kleinere mit maximal 130 kW schnellgeladen werden kann, die größere mit 150. Anders als beim Nissan Ariya (selbe Plattform, gleicher Radstand) ist Allrad nicht vorgesehen, das bleibt dem Allianzpartner vorbehalten. Renault belässt es an der Front, was man mitunter bei flottem Beschleunigen in der Lenkung fühlt.

Solide Serienausstattung

Serienmäßig an Bord ist ein 22-kW-Wechselstromladegerät (und die Wärmepumpe), sehr ok, und die Batterie kann vor dem Laden vorkonditioniert werden. Ach ja, Beseitigung der Ängste, Stichwort Reichweiten: Mit dem kleinen Akku kommt man laut Normtest bis zu 430 Kilometer weit, mit dem großen sind es 625.

Ein Hauch von Porsche: Über Multi-Sense im Lenkrad lässt sich unter anderem der Lenkwiderstand einstellen. Und über die Wippen hinterm Lenkrad lassen sich vier Rekuperationsstufen anwählen - eine automatische allerdings nicht.
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Noch ein Wort zu Renault und der E-Mobilität. "Wir haben da eine lange Geschichte", sagte Renault bei der Präsentation: Vor 17 Jahren startete die mit dem Zoe, ein erster Elektro-Bestseller. Im November folgt dem E-Scénic noch der R5, 2025 der etwas größere R4, wieder ein Jahr darauf der Elektro-Twingo.

Erstes Fazit zum Scénic, dem Auto des Jahres:Ja, er ist auch ein Auto des Paares, mit einem oder zwei Kindern. Fesch und durchdacht. An die praktischen Qualitäten der Van-Vorgänger kommt er aber nicht ganz heran.

Markant wie der Gesamtauftritt auch die Heckgestaltung.
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Markterwartungen? Im Volljahr geht Martin Labaye, Geschäftsführer Renault Österreich, von etwa der "doppelten Stückzahl wie beim E-Mégane" aus. Der verkaufte sich 2023 ganze 950 Mal – im Volljahr wären das dann knappe 2000 Scénics. Voll unter Strom. (Andreas Stockinger, 17.3.2024)

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