Mirga Gražinytė-Tyla debütiert endlich bei den Wiener Philharmonikern im Musikverein.
Mirga Gražinytė-Tyla debütiert endlich bei den Wiener Philharmonikern im Musikverein.
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Programme entstehen mitunter, wenn man einen Nobelpreisträger öfter bei Konzerten entdeckt. Anton Zeilinger zum Beispiel. Musikverein-Chef Stephan Pauly sprach ihn schließlich an: Der Physiker wird in der kommenden Saison die Reihe "Musikverein-Perspektiven" gestalten, mit Künstlern reden und über seine Musikbeziehung sprechen. "Das Projekt zieht sich über die ganze Saison, was neu ist", sagt Pauly.

Ins Gespräch kam Pauly auch mit dem neuen Intendanten der Wiener Festwochen, Milo Rau. Ergebnis: das Projekt der Zweiten Moderne, bei dem Werke von Komponistinnen uraufgeführt werden. Es wird im Musikverein stattfinden, ebenso wie ein Schwerpunkt zur Komponistin Clara Janotta, der aber eine Kooperation mit dem Festival Wien Modern ist.

Projekt der Teilhabe

Neues Publikum? "Wir sind für viele Menschen ein wichtiger Ort. Aber wir wissen auch, dass wir für manche uninteressant, vielleicht unerreichbar wirken. Deswegen bauen wir unsere Kinder- und Jugendprogramme aus. Neu ist auch die Partnerschaft mit Cape 10. Es ist ein Zentrum in Favoriten, das sich als Sozialprojekt um armutsbetroffene Familien kümmert." Man werde dort und im Musikverein Konzerte bei freiem Eintritt anbieten, 400 Kindern Teilhabe ermöglichen: "Konzerte können eine Möglichkeit sein, Partizipation zu erleben. Das Projekt heißt Power of Music.“

Ein Teil der Musikverein-Programme kreist immer aber auch um die Geschichte des Hauses, etwa bei den Musikverein-Nahaufnahmen. "So werden wir zum Geburtstag von Schönberg die Gurre-Lieder aufführen, die ja einst im Musikverein uraufgeführt wurden." Auch Johann Strauß, dessen 200. Geburtstag naht, sei so ein Fall: "Für ihn war der Musikverein ein wichtiger Ort, auch für die Strauß-Kapelle, die hier Promenadenkonzerte gab. Wir sind auch seine Erben gewesen, es waren Häuser und Wertpapiere dabei, wir haben auch Leibrenten daraus bezahlt", so Pauly

Zudem gibt es ein Festival, das sich "an einem Gegenstand orientiert, der bei uns aufbewahrt wird". Es handle sich diesmal um Claras Schumanns Blumenalbum, in dem gepresste Blumen aufbewahrt sind: "Sie hat es 1854 dem jungen Brahms geschenkt.“

Stephan Pauly, Intendant des Musikvereins
Stephan Pauly, Intendant des Musikvereins.
APA/EVA MANHART

Was den traditionellen Kernbereich des Angebots betrifft, lässt sich sagen: Die arriviertesten Orchester, Interpreten und Interpretinnen kommen vorbei, es ist gleichsam eine Art permanente Klassik-Olympiade. "Die Bandbreite der Orchester gibt uns auch die Möglichkeit, alle tollen Dirigentinnen zu präsentieren. Mirga Gražinytė-Tyla ist vertreten, sie debütiert bei den Wiener Philharmonikern." Wichtige und gewichtige Namen sind auch der Stardirigent Klaus Mäkelä, der ebenfalls bei den Philharmonikern debütiert, Geigerin Janine Jansen und Pianisten Víkingur Ólafsson. Selbiger gibt auch einen Duo-Abend mit Tastenkollegin Yuja Wang. "Sie hatten sich bei einem Festival kennengelernt, waren essen und haben beschlossen, etwas zusammen zu machen."

Preiserhöhung unter Inflation

Geld? "Die Einnahmensituation hat sich sehr gut entwickelt, Corona liegt wirklich hinter uns. Unsere kaufmännische Direktorin, Frau Renate Futterknecht, hat eine Preissteigerung von durchschnittlich fünf Prozent angesetzt. Das liegt unter der Inflation, so können wir aber weiter wirtschaftlich stabil arbeiten. Was sich geändert hat? Die Leute entscheiden kurzfristiger, das ist ein Trend, der aber nicht für die Abos gilt, die das Rückgrat unseres Angebots sind." Bei den Abozahlen hat man aktuell bereits das Vor-Corona-Niveau erreicht. (Ljubiša Tošić, 18.3.2024)