Kindeseltern haben jeweils nach ihren Kräften zur Bedarfsdeckung ihrer Kinder beizutragen. Vorrangig ist der Unterhalt als Naturalunterhalt zu leisten, das heißt durch Sach- oder Dienstleistungen wie die Wohnversorgung, Übernahme von Ausbildungskosten, Anschaffung von Lebensmitteln und Kleidung etc. Bei Haushaltstrennung und bei Unterhaltsverletzung ist auch die ausschließliche Gewährung von Geldunterhalt möglich, sodass dieser vermehrt bei getrennt lebenden Eltern als auch nach dem Auszug des Kindes schlagend wird. Wie hoch dieser ist, hängt vom Bedarf des Kindes sowie der Leistungsfähigkeit der Eltern ab.

Bei minderjährigen Kindern ist der Geldunterhalt an den gesetzlichen Vertreter des Kindes zu leisten, daher zumeist an den anderen Elternteil, nämlich jenen, in dessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird. Sobald das Kind volljährig ist, erfolgt die Zahlung des Unterhalts direkt an dieses. Denn die Unterhaltspflicht endet nicht etwa mit dem Erreichen der Volljährigkeit, sondern mit dem Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit des unterhaltsberechtigten Kindes.

Geldbörse mit Geldscheinen
Wie hoch der Unterhalt ist, hängt vom Bedarf des Kindes sowie der Leistungsfähigkeit der Eltern ab.
IMAGO/Fotostand / K. Schmitt

Selbsterhaltungsfähigkeit tritt ein, wenn die zur Bestreitung eigener Bedürfnisse nötigen Mittel selbst erworben werden oder doch bei zumutbarer Beschäftigung selbst erworben werden könnten. Praxisrelevant ist daher vor allem, inwiefern Berufsausbildungen, Hochschulstudien oder gar Doktoratsstudien die Selbsterhaltungsfähigkeit hinauszögern. Denn wenn sich das unterhaltsberechtigte Kind nicht um eine zielführende Berufs- oder Schulausbildung kümmert oder es grundlos Dienstposten nicht annimmt, so geht die Rechtsprechung schlicht davon aus, dass es selbsterhaltungsfähig ist und der gesetzliche Anspruch auf Unterhalt erlischt.

Ein Fall aus der Praxis

So argumentierte auch der unterhaltspflichtige Kindesvater, welcher für seine Tochter einen monatlichen Unterhalt in der Höhe von 847 Euro leistete. Die unterhaltsberechtigte Tochter besucht eine Berufsreifeprüfungsschule, da sie zuvor bereits eine (vierjährige) landwirtschaftliche Fachschule absolvierte und sich nunmehr in einem Vorbereitungslehrgang zur Ablegung der Berufsreifeprüfung befand, hier jedoch vereinzelte Prüfungen aufgrund der Verabsäumung der Anmeldefirsten einige Monate zeitverzögert absolvierte. In weiterer Folge hat sie das Studium der Veterinärmedizin angestrebt.

Fraglich war vor allem, ob nunmehr die (strengeren) Regeln der zweiten Berufsausbildung heranzuziehen sind, oder, ob es sich noch um eine weiterführende Ausbildung im Sinn eines mehrstufigen Ausbildungsgangs handelt. Auch war strittig, ob die Ausbildung in der für den Unterhalt relevanten Zielstrebigkeit verfolgt wurde.

Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat hierzu bereits klargestellt, dass ein Vorbereitungslehrgang zur Ablegung einer Externistenreifeprüfung an einer Volkshochschule ein im Schulunterrichtsgesetz ausdrücklich normierter Bildungsweg ist. Bei zielstrebiger Verfolgung dieses Bildungswegs und der zügigen Ablegung der vorgeschriebenen Vorprüfungen muss sich der Unterhaltsberechtigte jedenfalls nicht wie ein Selbsterhaltungsfähiger behandeln lassen. Klar ist daher auch, dass sich die Schulausbildung nicht auf eine Ausbildung an öffentlichen Schulen oder Privatschulen, denen das Öffentlichkeitsrecht verliehen wurde, beschränkt ist.

Ausbildung ernsthaft und zielstrebig verfolgen

Vor diesem Hintergrund ist der Berufsreifeprüfungslehrgang, der der Vorbereitung auf die Ablegung der Berufsreifeprüfung dient, als eine weiterführende Ausbildung zu sehen und nicht etwa wie eine zweite Berufsausbildung. Dies ergibt sich auch aus dem weiterführenden Plan der Absolvierung eines Hochschulstudiums.

Grundsätzlich besteht der Unterhaltsanspruch daher auch während der Absolvierung des Berufsreifeprüfungslehrgangs weiter fort, jedoch nur insofern, als die Ausbildung auch zielstrebig erfolgt. Die unterhaltsberechtigte Tochter hat den Berufsreifeprüfungslehrgang im September 2020 begonnen, sodann im Juni 2021 eine Prüfungsanmeldefrist verpasst und eben diese Prüfung drei Monate später bestanden. Für eine weitere Prüfung hat sie einen falschen Zulassungsantrag gestellt und wurde ihr daher im Juni 2021 ein falscher Zulassungsbescheid ausgestellt. Daraufhin enthob das Rekursgericht den Vater ab September 2021 von seiner Unterhaltspflicht und wurde dies vom in weiterer Folge angerufenen Obersten Gerichtshof auch nicht beanstandet.

Generell gilt, dass Unterhaltspflichtige zum Studium beizutragen haben, sofern das Kind dieses ernsthaft und zielstrebig verfolgt und auch dafür geeignet ist. Das schließt auch die Aufnahme eines Masterstudiengangs ein, nachdem das Bachelorstudium erfolgreich abgeschlossen wurde. Die Aufnahme eines Doktoratsstudiums kann bei vorangegangenem überdurchschnittlichem Studienerfolg oder bei einer erwartbaren wesentlichen Verbesserung der Erwerbschancen ebenso zur Hinauszögerung der Selbsterhaltungsfähigkeit beitragen. Wann ein Studium ernsthaft und zielstrebig verfolgt wird, lässt sich oftmals anhand der durchschnittlichen Gesamtstudiendauer bemessen und hängt darüber hinaus wie so oft vor allem auch von den Umständen des Einzelfalls ab. Ob das unterhaltsberechtige Kind aus einem Akademikerhaushalt stammt, sagt im Übrigen nichts über die Studieneignung aus. (Artikel zu 1 Ob 43/23i) (Julia Andras, Magdalena Kainz, 22.3.2024)