Dienstzettel mussten für Arbeitnehmer:innen schon lange ausgestellt werden (sofern kein Arbeitsvertrag mit allen Mindestangaben geschlossen wurde). Dies durfte man aber bislang als Formalismus auffassen. Außer dem eher akademischen Recht der Beschäftigten, die Ausstellung des Dienstzettels einzuklagen, und allfälligen Beweisproblemen über den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen, hatten Unternehmen nichts zu befürchten, wenn sie Dienstzettel nicht ausstellten. Das ändert sich – und zwar ohne Übergangsfrist, also schon für Arbeitsverträge, die nach der Kundmachung der Novelle abgeschlossen werden.

Gemäß § 7a Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz ("AVRAG") drohen ab sofort Verwaltungsstrafen zwischen 100 und 436 Euro beziehungsweise sogar 500 Euro bis 2.000 Euro – wenn mehr als fünf Arbeitnehmer:innen betroffen sind, oder im Wiederholungsfall (innerhalb von drei Jahren). Immerhin wird die Strafe nicht pro Kopf berechnet, sondern unabhängig von der Anzahl der unterlassenen Dienstzettel. Das soll laut Materialien (Initiativantrag 3871/A XXVII. GP) aber nur für den Fall gelten, dass mehr als fünf Fälle betroffen sind. Für das Nichtausstellen von Dienstzetteln für zwei bis vier Arbeitnehmer:innen soll es also doch zu einer Multiplikation der Strafsätze kommen (was der Gesetzeswortlaut allerdings schwerlich hergibt.) Von einer Strafe ist – bei geringem Verschulden – abzusehen, wenn Unternehmen noch während des Verwaltungsstrafverfahrens die Dienstzettel nachträglich aushändigen.

Computertastatur, Stift und Mappe mit Arbeitsvertrag
Die Novelle des Arbeitsvertragsrechts bringt einige Änderungen und auch Unklarheiten mit sich.
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Was sich ändert

Immerhin muss der Dienstzettel zukünftig nicht unbedingt ausgehändigt, also schriftlich verfasst werden: Nach Wahl des Arbeitnehmers reicht es, wenn er elektronisch übermittelt wird. Es empfiehlt sich, die neue Mitarbeiterin schon beim Vorstellungsgespräch oder in der Einstellungszusage danach zu fragen, in welcher Form sie den Dienstzettel erhalten möchte.

Auch inhaltlich sind Vorlagen für Dienstzettel anzupassen. So muss etwa neben der "vorgesehenen Verwendung" die zu erbringende Arbeitsleistung kurz beschrieben werden. Während bisher nur Kündigungsfrist und Kündigungstermin anzugeben waren, ist nunmehr auf "das einzuhaltende Kündigungsverfahren" hinzuweisen. Was damit gemeint ist, erhellt Artikel 4 Abs. 2 lit. j der zugrundeliegenden EU-Richtlinie: Es geht um das Verfahren, das "bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer" einzuhalten ist, "einschließlich der formellen Anforderungen und der Länge der Kündigungsfristen, oder, falls die Kündigungsfristen zum Zeitpunkt der Unterrichtung nicht angegeben werden können, die Modalitäten der Festsetzung der Kündigungsfristen".

Weiterhin können diese Angaben durch Verweis auf Gesetze oder Kollektivverträge ersetzt werden. Künftig wird man in Betrieben mit Betriebsrat wohl nicht ohne Verweis auf das betriebliche Vorverfahren gemäß § 105 Abs. 1 Arbeitsverfassungsgesetz auskommen, bei der Einstellung von begünstigt Behinderten auf § 8 Abs 2 Behinderteneinstellungsgesetz sowie auf allfällige Schriftformerfordernisse in Kollektivverträgen.

Bestehende Unklarheiten

Nicht näher erklärt wird, was unter den anzugebenden "Bedingungen für die Änderung von Schichtplänen" gemeint ist. Schichtpläne können individuell vereinbart oder durch Betriebsvereinbarung geregelt werden. Änderungen ergeben sich daher einvernehmlich beziehungsweise wie in der Betriebsvereinbarung vorgesehen oder durch Änderung derselben. Zusätzlich sind einseitige Gestaltungsmöglichkeiten des Unternehmens vorstellbar. Die knappe Darstellung dieser Rechtslage darf als herausfordernd bezeichnet werden.

Auch die Vergütung von Überstunden wird offenzulegen sein, wobei nicht definiert wurde, ob damit die Art der Vergütung (Überstundenentgelt oder Zeitausgleich) oder die Angabe einer Rechenformel oder gar eines Betrags gemeint ist. Immerhin ist auch hier ein Verweis erlaubt, wobei in den allermeisten Fällen § 10 Arbeitszeitgesetz einschlägig sein wird.

Klarer ist die neue Anforderung, Dauer und Bedingungen einer allenfalls vereinbarten Probezeit anzugeben.

Auswirkungen auf Fort- und Weiterbildungen

All das gilt künftig auch für sehr kurze Arbeitsverhältnisse – die Ausnahme für bis zu einmonatig befristete Vertrag ist gefallen.

Eine weitere Pflichtangabe – "gegebenenfalls Anspruch auf eine vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung" – hängt eng mit dem neu geschaffenen § 11b AVRAG zusammen, der Zündstoff in sich hat: Wenn eine bestimmte Aus-, Fort- oder Weiterbildung Voraussetzung für die Ausübung einer arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit ist, zählt demnach die Teilnahme des Arbeitnehmers als Arbeitszeit. Außerdem muss das Unternehmen diese Aus-, Fort- oder Weiterbildung bezahlen (außer sie wird von einem Dritten finanziert). Die finanziellen Auswirkungen sind vor allem deshalb beträchtlich, weil für diesen Bereich Vereinbarungen über die Rückzahlung von Ausbildungskosten durch Beschäftigte gemäß § 2d AVRAG der Boden entzogen ist.

Außerdem kann jetzt kein Zweifel mehr daran bestehen, dass auch jene Teile der Ausbildung, die abends (nach der Normalarbeitszeit) und während des Wochenendes stattfinden, als Arbeitszeit zählen, zu bezahlen sind und Anspruch auf Ersatzruhe auslösen. Damit es zu diesen weitreichenden Rechtsfolgen kommt, muss ein Gesetz, eine Verordnung, ein Kollektivvertrag oder der Arbeitsvertrag vorsehen, dass die Aus-, Fort- oder Weiterbildung Voraussetzung für die Tätigkeit ist, wie das etwa in den Gesundheitsberufen der Fall ist. Weil neben "Fort"- und "Weiterbildungen" auch "Ausbildungen" genannt sind, stellt sich die Frage: Wer hat (den Kurs, die Teilnahmezeit) zu bezahlen, wenn die vorangehende Absolvierung der Pflichtausbildung Einstellungsbedingung ist, oder Voraussetzung für die Beförderung im aufrechten Dienstverhältnis? Das neue Gesetz schweigt dazu.

Ausweitung auf freie Dienstverhältnisse

Die neuen Ansprüche der Arbeitnehmer:innen werden durch ein Benachteiligungsverbot geschützt: Wer den Anspruch auf Aushändigung oder elektronische Übermittlung des Dienstzettels oder auf Bezahlung von Aus-, Fort-, oder Weiterbildungskosten und Teilnahmezeiten geltend macht, darf deswegen nicht gekündigt, entlassen oder auf andere Weise benachteiligt werden.

Ähnliche Regeln über die Ausstellung von Dienstzetteln werden nicht nur für Leiharbeitnehmer:innen, Hausgehilfen- und Hausangestellte, land- und forstwirtschaftliche Arbeitnehmer:innen, Heimarbeiter:innen, sondern auch für freie Dienstverhältnisse gelten. Hier sind auch länger bestehende Verträge betroffen. Hat das freie Dienstverhältnis bereits am 1. Juli 2004 bestanden, so ist dem freien Dienstnehmer auf sein Verlangen binnen zwei Monaten ein Dienstzettel auszuhändigen. Eine Verwaltungsstrafnorm findet sich in diesem Zusammenhang allerdings nicht.

Im zweiten Teil, der kommende Woche erscheinen wird, wird es um Mehrfachbeschäftigung, Konkurrenzverbot, Benachteiligungsverbot und Motivkündigungsschutz gehen. (Kristina Silberbauer, 21.3.2024)