Die Zahl der Menschen, die eine Bildungskarenz absolvieren, ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 357 Millionen Euro hat das AMS allein 2023 an Weiterbildungsgeld ausbezahlt. Zählt man noch Versicherungsbeiträge dazu, die ebenfalls vom AMS kommen, summieren sich die Gesamtkosten auf mehr als eine halbe Milliarde Euro. Weil das Modell nicht nur teuer ist, sondern niemand genau sagen kann, welche arbeitsmarktpolitischen Vorteile diese Bildungskarenz bietet, ist eine Reformdebatte losgebrochen. Dabei ist diese Erzählung über die hohen Kosten, die für die Versicherungsgemeinschaft via AMS anfallen, wohl nur eine Seite der Medaille.

Bildungskarenz erfreut sich immer größerer Beliebtheit

Die andere: Die Bundesländer fördern zahlreiche Kurse, die im Rahmen einer Bildungskarenz absolviert werden. In vielen Fällen ermöglichen erst diese Zuschüsse das Stellen eines Antrags beim AMS. Das Weiterbildungsgeld beim AMS beträgt etwa die Hälfte des Vorverdienstes, reich wird man davon also nicht. Die Zuschüsse helfen, die Kurse zu finanzieren. Dabei fallen viele der geförderten Angebote in die Kategorie fragwürdig, was den arbeitsmarktpolitischen Nutzen betrifft. Den Ländern selbst gehen diese Förderungen mitunter zu weit, von einigen Ausnahmen abgesehen wollen sie aber nicht selbst zu sehr aktiv werden, sondern hoffen darauf, dass der Bund eingreift.

Ein Teil der Debatte tobt, weil eine Bildungskarenz immer öfter zur Verlängerung einer Elternkarenz dient. Die Zahl dieser Fälle hat sich seit 2018 verzehnfacht. Der Rechnungshof hat diesen Trend bereits im vergangenen Jahr kritisiert. Am Markt traten "verstärkt Kursanbieter auf, die unter dem Slogan 'Babypause verlängern' ihr Geschäftsmodell speziell auf Kurse, insbesondere auch Onlinekurse, abstimmten, die mit geringem Aufwand auch neben der Kinderbetreuung besucht werden konnten. Sie waren explizit mit der finanziellen Unterstützung des Arbeitsmarktservice (AMS) aus öffentlichen Mitteln bei der Bildungskarenz“, schreibt der Rechnungshof. Viele Kurse bieten Fremdsprachen auf A1- und A2-Niveau an, also für Anfänger, aber auch Rhetorik-, Zeitmanagement- und Office-Kurse sind beliebt.

Zu diesen Anbietern gehört die Plattform "Babypause verlängern", hinter der das Linzer Trainingszentrum Rossi Roth steht. Die Kurse, die dort im Rahmen der verlängerten Babypause online bei weitgehend freier Zeiteinteilung besucht werden können, sind Englisch-, Deutsch- und Office-Kurse. Eine Prüfung muss nicht absolviert werden.

Besonders die Zahl der Frauen in Bildungskarenz ist stark gestiegen.
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Laut Informationen aus dem Büro der niederösterreichischen Landesrätin für Arbeit, Susanne Rosenkranz, wurden Angebote allein dieses einen Kursträgers in den vergangenen Jahren massiv gefördert: 2022 bewilligte das Land Förderungen für den Besuch von Rossi-Roth-Kursen in Höhe von 1,63 Millionen Euro. Der größte Anteil davon soll für Förderungen im Rahmen einer verlängerten Elternkarenz geflossen sein, heißt es aus dem Amt. Für vergangenes Jahr gibt es noch keine exakte Auswertung, auch dort dürften mehrere Hunderttausend Euro geflossen sein. Das Geld geht dabei nicht direkt an den Kursträger, Rossi Roth betont, 2023 "null Euro" Förderungen in Niederösterreich bekommen zu haben. Wohl bekamen aber die Kursteilnehmerinnen ihre Kosten teilweise ersetzt.

Im Mai des vergangenen Jahres hat die FPÖ-Politikern Rosenkranz das Förderregime umgestellt und diese Zuschüsse beendet. Seit Anfang 2024 gilt neu: Zwischen dem Bezugsende von Kinderbetreuungsgeld und dem Bezugsbeginn des Weiterbildungsgeldes müssen 18 Monate Beschäftigung liegen. "Bildungskarenz ist wertvoll. Es darf aber nicht sein, dass sie missbräuchlich zur Verlängerung der Elternkarenz verwendet wird", so die Politikerin.

Nicht in allen Bundesländern gibt es solche Vorgaben. In Wien etwa fördert der Wiener Arbeitnehmer*innen-Förderungsfonds Waff auch Kurse in Bildungskarenz. Ausnahmen gibt es für einzelne Angebote, einen generellen Ausschluss, nach einer Elternkarenz eine Bildungskarenz zu machen und Kurse gefördert zu bekommen, gibt es nicht. Einen solchen gibt es auch in Oberösterreich nicht, wobei dort festgelegt ist, dass der Bildungskarenzzuschuss des Landes an Unternehmen geht, die einen Teil der Kosten tragen müssen. Bildungskarenz muss zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden. Auch Kärnten fördert in oder nach einer Elternkarenz Bildungsangebote, ebenso das Burgenland.

Förderreigen für private Anbieter

Generell gibt es gute Gründe, jungen Eltern Weiterqualifizierung zu ermöglichen. In vielen Fällen fehlen wohl auch geeignete Möglichkeiten, kleine Kinder betreuen zu lassen. Und damit kein Missverständnis entsteht: Hier geht es nicht um hunderte Millionen an Zuschüssen. Zweck der Bildungskarenz ist aber eben die Qualifizierung und nicht Kinderbetreuung. Die zuständigen Arbeitsreferenten der Länder haben Ende 2023 jedenfalls ein Ansuchen an Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) gerichtet, die Bildungskarenz an moderne Notwendigkeiten am Jobmarkt anzupassen. Sprich: Sie wollen strengere Zugangsregeln. Diese sollen aber vom Bund kommen. Die meisten Länder wollen offenbar weniger fördern, aber nicht selbst für Streichungen verantwortlich gemacht werden. Der Fall steht auch exemplarisch für Probleme eines Förderregimes, das von staatlichen Stellen ausgelagert wurde und von den Bundesländern abgewickelt wird.

Das Arbeitsministerium würde sich auch eine Reform wünschen, hat aber noch kein Konzept vorgelegt. Beim Bildungsinstitut Rossi Roth betont man übrigens, dass man seit über 20 Jahren in der Weiterbildung tätig sei. Hauptzielgruppe seien Groß- und Mittelbetriebe. Die Kundinnen in Bildungskarenz seien überwiegend zufrieden, was den Lernerfolg betreffe. (András Szigetvari, 21.3.2024)