Junge Menschen, die sich nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren können, brauchen gute Begleitung in dieser schwierigen Lage. Dazu kann – nach eigenem Ermessen und dem von Fachleuten und der Eltern – auch eine medikamentöse Behandlung gehören.
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In seinem "Österreich-Plan" fordert Kanzler Karl Nehammer das Verbot von Hormonbehandlungen bei unter 18-Jährigen. Minderjährige könnten sich "dazu verleiten lassen, fragwürdige Therapien in Anspruch zu nehmen", argumentiert er.

Diese Forderung mag auf den ersten Blick plausibel erscheinen. Aber sie unterstellt behandelnden Psychotherapeuten und Kinderärztinnen eine "Genderideologie", von der in der Praxis keine Rede sein kann.

Sorgfältige Abwägung

Pubertätsblocker und Sexualhormone werden nicht fahrlässig verschrieben, sondern nur dann, wenn bei den wenigen Betroffenen ein sehr starker Leidensdruck vorherrscht. Nach sorgfältiger, längerfristiger Abwägung von Vorteilen, Nebenwirkungen, dem richtigen Zeitpunkt – und der seltenen, aber in Einzelfällen eintretenden Möglichkeit, dass die jungen Menschen sich doch im ursprünglichen Geschlecht wohler fühlen. Das bestätigen erfahrene Expertinnen und Experten, die am aktuellen Entwurf zu einer neuen Leitlinie zur Behandlung in Deutschland, Österreich und der Schweiz mitwirkten. Beteiligt waren zudem Verbände von Eltern von Kindern, die trans sind, und Betroffene.

Das ist keine Einschätzung von Minderheiten, sondern Konsens der Fachleute. Das geforderte Verbot ist billiger Populismus, mit dem FPÖ-Positionen übernommen werden. Für die wenigen jungen Menschen, die es betrifft, können die Behandlungen lebensrettend sein. Auch das Verwehren einer wichtigen Behandlung, die prinzipiell verfügbar wäre, kann großen Schaden anrichten. (Julia Sica, 22.3.2024)