Brüssel/Wien – Eine Mehrheit der Österreicher attestiert FPÖ-Chef Herbert Kickl einen Wunsch nach dem Austritt Österreichs aus der EU. Dies zeigt eine Umfrage des European Council on Foreign Relations (ECFR) in zwölf EU-Staaten, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Demnach sehen 56 Prozent der FPÖ-Wähler und 59 Prozent der Wähler anderer Parteien Öxit-Pläne bei Kickl. Damit zählt er zu den rechtspopulistischen Parteiführern mit der größten Austrittswunsch-Wahrnehmung.

63 Prozent der niederländischen Wähler schreiben Geert Wilders Nexit-Sehnsucht zu.
IMAGO/Sem van der Wal

Lediglich beim niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders ist das Meinungsbild noch gefestigter. Jeweils 63 Prozent seiner Wähler und anderer Wähler schreiben Wilders einen Austrittswunsch zu. Beim Chef der Schwedendemokraten, Jimmie Åkesson, sind es 67 Prozent der eigenen und 57 Prozent der anderen Wähler. Diese hohen Werte sind nicht überraschend, warben die beiden Politiker doch jahrelang offen für einen Nexit beziehungsweise Swexit. Die FPÖ hat Austrittsgedanken bisher von sich gewiesen, nachdem das Thema eine wichtige Rolle bei den gescheiterten Präsidentschaftsambitionen des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer im Jahr 2016 gespielt hatte.

Nur 38 Prozent der Nicht-Le-Pen-Wähler glauben an Austrittspläne

Knapp hinter Kickl liegen die Chefs der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD), Tino Chrupalla und Alice Weidel. 58 Prozent der AfD-Wähler, aber nur 55 Prozent der Wähler anderer deutscher Parteien glauben, dass Chrupalla und Weidel einen Dexit anstreben. Deutlich auseinander geht die Wahrnehmung bei den rechtspopulistischen Parteichefs in Polen, Ungarn und Frankreich. Während die Wähler von Jarosław Kaczyński und Viktor Orbán den beiden Parteichefs nur zu jeweils 21 beziehungsweise 18 Prozent einen EU-Austrittswunsch zuschreiben, haben die Wähler anderen Parteien in Polen und Ungarn zu 66 beziehungsweise 49 Prozent diese Wahrnehmung. In Frankreich ist es umgekehrt: 58 Prozent der Wähler der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen sehen sie als Frexit-Bannerträgerin, aber nur 38 Prozent der Wähler anderer Parteien.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die starke proeuropäische Wahrnehmung der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni. Lediglich 18 Prozent der Wähler anderer italienischen Parteien und 15 Prozent der Wähler ihrer Fratelli d'Italia glauben, dass Meloni einen Italexit anstrebt. Damit hat sie von allen abgefragten rechtspopulistischen Parteiführern den niedrigsten Wert.

Migrationspolitik nicht das bestimmende Thema

Die Umfrage wurde von den Instituten Datapraxis und Yougov im Jänner in Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, den Niederlanden, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Spanien und Ungarn durchgeführt. Sie zeigt unter anderem, dass die Migrationspolitik in mehreren Staaten nicht das bestimmende Thema ist. Tatsächlich ist dies nur in Deutschland, Schweden und Österreich der Fall. Im Durchschnitt liege dieses Thema erst an vierter Stelle hinter der globalen Wirtschaftskrise, der Pandemie, dem Klimawandel und dem Ukrainekrieg.

Die österreichischen Wähler schreiben Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zudem eine restriktive Migrationspolitik zu. Lediglich 26 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass er Österreich für Migranten und Flüchtlinge öffnen will, während bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen 45 Prozent dieser Meinung sind. Lediglich der mit den rechtspopulistischen Schwedendemokraten regierende konservative schwedische Premier Ulf Kristersson weist diesbezüglich mit 16 Prozent einen noch niedrigeren Wert auf, alle anderen zehn abgefragten EU-Regierungschefs haben höhere Werte. Nehammer liegt damit deutlich hinter der italienischen Regierungschefin Meloni und dem ungarischen Premier Orban, denen 46 beziehungsweise 42 Prozent ihrer Landsleute zuschreiben, die Grenzen für Migranten und Flüchtlinge öffnen zu wollen. (APA, 21.3.2024)