Mit dem Ferret Pro kann man Objekte ab 50 Millimeter Größe scannen. In der Praxis sind aber 150 Millimeter die Untergrenze. Der Scanner wird in dieser Konfiguration über das Smartphone gesteuert.
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Ein 3D-Scanner zu einem halbwegs erschwinglichen Preis, der die Funktionen eines 10.000-Euro-Geräts mitbringt? Nicht weniger verspricht Creality mit dem Ferret Pro. Der kleine Gimbal des 3D-Drucker-Herstellers aus China soll noch dazu den Scan großer Objekte wie Statuetten, Autoersatzteilen oder des eigenen Körpers möglich machen. Das Ganze soll noch dazu für Anfänger leicht verständlich und schnell erlernbar sein. Kann die Rechnung aufgehen? Und welchen Nerd-Unsinn kann man mit dem Ferret Pro anstellen? DER STANDARD hat das Gerät ausprobiert.

Kurz zur Technik des Ferret Pro: Gescannt wird mit einer Genauigkeit von 0,1 Millimeter, den Arbeitsbereich gibt Creality mit 560 x 820 Millimeter bei 700 Millimeter Maximalabstand an. Die zu scannenden Objekte müssen mindestens 50 Millimeter groß sein, wobei sich das im Test als eine gewagte Behauptung herausstellt. Dessen dürfte man sich auch bei Creality bewusst sein, denn in der App wird zu 150 Millimeter großen Objekten geraten. Im Griff ist ein Akku mit 5.000 Milliamperestunden verbaut, was im Test locker für mehrere Körperscans ausgereicht hat. Außerdem unterstützt der Ferret den Scan von Geometrien sowie Texturen und erkennt auch Markierungen auf glatten Objekten. Außerdem soll der tragbare Scanner den Einsatz von Scan-Sprays, also abwaschbarem matten Klarlack, unnötig machen, weil er metallische oder schwarze Strukturen ebenfalls erfassen kann.

Bewegungsfreiheit dank WLAN-Moduls

Das herausstechende Feature ist aber die Konnektivität: Herkömmliche 3D-Scanner haben das Problem, dass sie entweder stationär sind oder per USB-Kabel mit einem Rechner verbunden werden müssen. Das macht größere Scans, sei es von einer Statue in der Innenstadt oder einem Auto, schwierig bis unmöglich. Um möglichst viel Bewegungsfreiheit zu bieten, hat Creality dem Ferret Pro ein eigenes WLAN-Modul beigelegt. Dieses beherrscht den Wi-Fi6-Standard und erstellt ein eigenes Netz, mit dem man den Laptop verbinden kann. Das Endgerät mit der laufenden Scan-Software kann also irgendwo in der Nähe geparkt werden.

Der Ferret Pro ist zerlegbar und somit einfach mitzunehmen.
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Wer die Scansoftware auf dem Smartphone benutzt, kann sich das WLAN-Modul aber auch sparen, denn das Smartphone lässt sich mit der Halteklammer direkt am Gimbal anbringen und per Kabel verbinden, was natürlich die Datenübertragung deutlich stabiler macht.

Über die Software selbst muss man weder auf dem PC noch auf dem Smartphone viele Worte verlieren: Über sie wird der Scanprozess gestartet, das Modell auf Wunsch solide gemacht und im .obj-, .stl- oder .ply-Format exportiert. Außerdem kann man noch einstellen, ob man Gesichter, ein Objekt oder eine Textur scannen möchte.

Der Gesichtsscanner

Zum Einstieg empfiehlt Creality für Anfänger, menschliche Gesichter zu scannen, was manche Kollegen bereits über Bronzestatuen mit ihrem Antlitz fantasieren lässt. Nun, Bronzeguss beherrschen wir im Web-Ressort leider nicht, aber 3D-Druck können wir. Wäre es also möglich, das Gesicht von Kollege Georg Pichler zu scannen, danach im richtigen Maßstab auszudrucken und sein Konterfei auf einen wütenden Space Marine zu kleben? Na, wenn das keine Aufgabe für den Ferret Pro ist.

Erster Versuch, einen Tyraniden zu scannen. Für die Vervielfältigung von Minis ist der Ferret Pro nicht geeignet, er spielt seine Stärken anderswo aus.
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Der erste Versuch erfolgt streng nach den Vorgaben in der App: Scanmodus Gesicht, hohe Qualität und in Farbe. Daraufhin wird man von der App durch die Vorbereitung geleitet, hauptsächlich wird dabei der korrekte Abstand ermittelt, denn die Angabe von 70 Zentimetern in der technischen Beschreibung dürfte ebenfalls optimistisch ausgefallen sein. Zumindest verlangt die Scanner App einen Abstand von etwa 20 Zentimetern, was sich nach Angaben des Scanprobanden ein wenig intrusiv anfühlt.

Schon der erste Versuch zeigt, was möglich ist: Der Scanner bildet das Antlitz des Kollegen nahezu fehlerfrei ab, selbst Muttermale und leichte Stirnfalten werden akkurat erfasst. Ein Problem gibt es jedoch beim Bart sowie beim Haaransatz, hier scheint die Abtastung an ihre Grenzen zu stoßen. Also muss Kollege Brandtner herhalten, der pflegt nämlich anders als die meisten Kollegen regelmäßig einen Rasierer zu benutzen. Und hier klappt der Scan gleich deutlich besser. Tatsächlich wird in den gezählten 28 Tutorialvideos des Herstellers empfohlen, auch die Haare möglichst glatt zurückzukämmen – ähnlich wie bei diversen Greenscreenvideos auch. Dafür stört den Scanner eine blinzelnde Person gar nicht. Die Software erkennt die Augen und stellt sie anschließend als offen dar. Beeindruckend.

Der Ferret erkennt blinzelnde Augen und stellt sie als geöffnet dar. Mit Bärten und Haaransätzen tut sich der Scanner aber schwer.
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Auch mit behaarten Hinterhäuptern scheint der Ferret manchmal seine liebe Not zu haben. Für den Anwendungsfall im Testbüro ist das aber kein Problem, schließlich sollen hier Ersatzköpfe für Miniaturen produziert werden – zur Not kann man immer noch ein wenig mit Greenstuff nachhelfen.

Die Software macht anschließend ein Mesh aus dem Scan und schließt eventuelle Lücken. Anschließend kann man die Konterfeis der Kollegen per QR-Code auf den PC übertragen. Ein wenig Nachbearbeitung ist dann dennoch nötig, so verfrachtet der Scanner manchmal Augenbrauen in die Augen (siehe Bild) oder klebt Teile des Oberlippenbarts an die Nase. Das ist nicht weiter tragisch, mit dem Glättwerkzeug in Tools wie Meshmixer lässt sich das Problem sehr rasch beheben.

Ein wenig Nachbearbeitung in Meshmixer ist nötig, aber das ist nichts, wovor man sich fürchten müsste.
Screenshot DER STANDARD

In dieser Software werden die Köpfe auch gleich auf winzige sieben Millimeter skaliert und als STL-Datei gespeichert. In der Slicersoftware Chitubox werden noch die nötigen Stützstrukturen hinzugefügt, bevor die Datei im Resin-Drucker landet, und wenige Stunden später sind sie fertig: die Web-Ressort-Marines. Kollege Brandtners Kopf wurde seinen Vorlieben entsprechend auf einen Chaos Space Marine gesetzt, während für Kollege Pichler ein flammenwerferschwingender Aggressor die richtige Wahl schien. Und weil Kollege Amon mit "Warhammer 40K" nichts anfangen kann, wurde sein Kopf auf einen Fantasy-Ritter aus der alten Welt gebastelt.

Das Endergebnis: Miniaturen mit den Gesichtern der Redaktionskollegen Georg Pichler, Benjamin Brandtner und Alexander Amon.
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Fazit: Ein Werkzeug für Kreative

Auch wenn Creality den Ferret Pro als einsteigerfreundliches Gerät vermarktet, braucht man für einigermaßen brauchbare Scans eine ganze Menge Übung. Wer auf ein Plug-and-Play-Erlebnis samt beeindruckender Resultate wenige Minuten nach dem Auspacken wartet, der ist hier falsch. Nicht umsonst sind im Youtube-Kanal des Herstellers 28 Tutorialvideos zu finden. Auch für Tabletop-Enthusiasten ist der Ferret nicht geeignet. Die immer teurer werdenden Miniaturen mit einem Scanner und einem vergleichsweise günstigen 3D-Drucker zu vervielfältigen spielt's leider nicht, dafür sind die Space Marines und Tyraniden dieser Welt einfach zu klein.

Aber: Wer sich schon immer einmal den Spaß machen wollte, das eigene Gesicht auf einen Captain der Ultramarines zu kleben, liegt beim Ferret richtig. Wer gerne an Oldtimern bastelt und viele Ersatzteile nicht mehr bekommt, könnte ebenfalls eine Freude haben, genauso wie jene Zielgruppe, die gern eine Mini-Version des Johann-Strauß-Denkmals zu Hause hätte. Denn ein Scan der Statue ist mit dem Ferret Pro sicher möglich, zumal das WLAN-Modul die Bewegungsfreiheit und damit die Einsatzmöglichkeit des Scanners enorm erhöht. Theoretisch kann man sogar Statuen von sich selbst anfertigen, so man das Bedürfnis danach verspürt (rasieren vorher bitte nicht vergessen). Das kann man natürlich mit all den Scanner-Apps für das Smartphone auch, der Qualitätsunterschied ist aber enorm. Hier hat der Ferret klar die Nase vorn.

Hersteller Creality bietet den Ferret Pro um 469 Euro an. Hierzulande ist der Scanner aber schon ab 399 Euro erhältlich, wobei es sich empfiehlt, einen automatischen Drehteller gleich mitzubestellen, was dann noch einmal 15 Euro auf die Rechnung setzt. (Peter Zellinger, 24.3.2024)