Der Gouverneur der Notenbank, Robert Holzmann, bei einer Pressekonferenz
OeNB-Gouverneur Robert Holzmann geht davon aus, dass die Inflation hartnäckiger sein könnte als gedacht. Wann Zinssenkungen kommen, ist noch nicht fix.
Reuters/Leonhard Föger

"Wir sind kein normales Unternehmen, wir sind eine Zentralbank und haben daher andere Spielregeln, auch wegen der Einheit von Staat und Geldpolitik": Mit diesen Worten erklärte der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Robert Holzmann, am Freitag, warum ihn der Riesenverlust der OeNB "entspannt" bleiben lässt. Ob eine Zentralbank Gewinne oder Verluste mache, sei "ein nachrangiges Ergebnis ihres Mandats", ihre Finanzkraft und Handlungsfähigkeit beeinträchtige das nicht.

Sein Direktoriumskollege Thomas Steiner, der zuvor bei der Pressekonferenz anlässlich der Generalversammlung das tiefrote 2023er-Geschäftsergebnis mit einem Verlust von 2,2 Milliarden Euro bekanntgegeben hatte, beruhigte ebenfalls: „Alles Ruhe, alles stabil, alles in Ordnung", fasste er zusammen. Die Geldpolitik sei für den Milliardenverlust verantwortlich, "und die Geldpolitik wird dafür sorgen, dass die Verluste wieder vorbeigehen".

Geldpolitik kostet viel Geld

Nun kurz zu den Zahlen, über die DER STANDARD bereits berichtet hat: Die Notenbank hat im Vorjahr wie erwartet einen Verlust von 2,211 Milliarden Euro eingefahren. Im Jahr davor hatte es noch eine schwarze Null gegeben, die OeNB hatte Rücklagen aufgelöst – nun gibt es aber nichts mehr aufzulösen. Grund für das erwartete Ergebnis sind die geldpolitischen Maßnahmen, die die OeNB im Rahmen der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ab der Zeit der Finanzkrise gesetzt hat.

Jahrelang hat auch Österreichs Zentralbank niedrig oder negativ verzinste Wertpapiere wie Staatsanleihen gekauft, im Gegenzug musste sie aber Banken, die Geld bei ihr deponiert haben, sehr wohl Zinsen zahlen. Das daraus resultierende sogenannte Asset-Liability-Mismatch kostet – und führt zu den Verlusten. Im Jahresschnitt hatte die OeNB aus den geldpolitischen Geschäften Papiere im Volumen von 114 Milliarden Euro in ihren Büchern, die im Schnitt mit 0,44 Prozent verzinst waren. Die Einlagen der Banken betrugen 84 Milliarden Euro und waren durchschnittlich mit 3,38 Prozent verzinst, erklärte Steiner. Das Nettozinsergebnis landete so bei einem Minus von rund zwei Milliarden Euro – wobei gute Ergebnisse aus der Veranlagung der OeNB das Ganze nicht mehr ausgleichen konnten.

Mindestreserve soll angehoben werden

Verbessern wird sich das Ergebnis so schnell nicht, die OeNB erwartet auch für heuer und die kommenden Jahre hohe Verluste – weswegen auch weiterhin keine Dividenden an die Republik fließen werden. Mit Zahlungen an Eigentümer Staat rechnet Direktoriumsmitglied Steiner erst in den späten 2030er- oder in den 2040er-Jahren, bis dahin werde man die angelaufenen Verluste abdecken.

Um die Schere wegen des Asset-Liability-Mismatch zu verringern, sprach sich OeNB-Chef Holzmann erneut für eine Anhebung der Mindestreserve-Vorgaben für die Banken aus. Die müssen derzeit ein Prozent ihrer Kundeneinlagen bei der OeNB halten, Zinsen bekommen sie dafür nicht. Holzmann plädiert für eine Erhöhung der Mindestreserve auf fünf bis zehn Prozent, ist sich aber im Klaren darüber, dass die Banken das als "Steuer" auslegen würden.

Inflation könnte hartnäckig sein

Skeptisch zeigte sich OeNB-Chef und EZB-Ratsmitglied Holzmann auch in Bezug auf die Zinswende der EZB, da sei der Optimismus auf EU-Ebene größer als seiner. Seine Einschätzung sei, dass die Inflation "klebriger" sein könnte als von manchen angenommen, also hartnäckiger.

Zwar werde eine Zinssenkung vorbereitet, der Zeitpunkt stehe aber noch nicht fest. Er warte auf die Juni-Daten zur wirtschaftlichen Entwicklung des ersten Halbjahrs. Ob die österreichische Lohnpolitik die Inflation angeheizt habe, wurde Holzmann in diesem Konnex gefragt. Wenn die Löhne über drei Prozent stiegen, dauere die Rückkehr zur Preisstabilität länger, meinte er, aber die OeNB sei da "nur Warner, kein Akteur".

OeNB startet neue Bargeldoffensive 

Auch eines der Lieblingsthemen der OeNB wurde am Freitag angesprochen: das Bargeld. Die OeNB hat laut Direktoriumsmitglied Eduard Schock, der sich als "Bargelddirektor" bezeichnete, ein "Bargeld-Grundversorgungsmodell" erarbeitet, das sie bis Sommer mit den Banken verhandeln will. Ziel: Die Bankomaten (derzeit 8.500) sollen nicht weniger werden, es gehe um die niederschwellige Erreichbarkeit von Bargeld. 67 Prozent der Bevölkerung sollen maximal einen Kilometer Weg zum nächsten Bankomaten haben. 83 Prozent zwei und 97 Prozent fünf Kilometer.

Und was sagt die OeNB dazu, dass der Generalrat die Direktoriumsposten bereits jetzt ausschreibt? Nichts, nur dass es stimmt. (Renate Graber, 22.3.2024)