Bargeld gilt speziell in Krisenzeiten als sicheres Wertaufbewahrungsmittel, üblicherweise steigt dann die Nachfrage nach Münzen und Scheinen sprunghaft an. Das war auch zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 zunächst der Fall, allerdings waren letztlich doch elektronische Zahlungsformen die klaren Gewinner. Schließlich verlagerte sich der Handel während der Lockdowns ins Internet, wo man mit Bargeld keine großen Sprünge machen kann. Dazu kommt, dass Bares während der Pandemie als Virenschleuder in Verruf geraten war – übrigens zu Unrecht, wie Untersuchungen der Europäischen Zentralbank (EZB) ergeben haben.

Eine Frau bezahlt an einem Marktstand mit Bargeld.
Bargeld ist beliebt wie keine andere Zahlungsart. Die Menschen schätzen es aus Gewohnheit und aufgrund der Anonymität.
IMAGO/Olaf Döring

Dennoch, ein Einbruch in der Nutzung von Bargeld war die Folge. Erwartungen, dass es sich vom Digitalisierungsschub der Pandemie nicht mehr gänzlich erholen werde, wurden aber nicht erfüllt, wie eine Umfrage der Beratungsfirma Bearing Point zeigt. Vielmehr hat Bares im Vorjahr eine kleine Renaissance erlebt – zumindest in Österreich und Deutschland, wo Münzen und Geldscheine generell sehr beliebt sind. Denn nach dem Einbruch im Corona-Jahr 2021 hat Bargeld in beiden Ländern den Vorsprung als am häufigsten genutzte Zahlungsart sogar noch weiter ausgebaut.

Comeback nach Pandemie

Besonders deutlich ist der Effekt in Deutschland ausgefallen, wo im Vorjahr 71 Prozent der Befragten Münzen und Scheine als am häufigsten genutzte Zahlungsform angeben, das sind um fünf Prozentpunkte mehr als 2021. Flacher geht die Entwicklung in Österreich vonstatten, wo der Wert bloß um einen Prozentpunkt auf 79 Prozent angestiegen ist. Geschätzt wird Bargeld gemäß der Umfrage in beiden Ländern vor allem dafür, dass es die Bevölkerung den Umgang damit gewohnt ist und für seine Anonymität. Deutlich weniger Zustimmung erhält es hinsichtlich der Schnelligkeit der Transaktionen sowie der jederzeitigen Verfügbarkeit.

Auffallend ist des Weiteren, dass der Konsens zwischen beiden Ländern bei der Meinung zu einer möglichen Bargeldabkehr endet. Denn während in Deutschland mit 31 Prozent der Befragten zwei Prozentpunkte mehr es für denkbar halten, in zehn Jahren auf Bargeld zu verzichten, schlägt das Pendel in Österreich in die andere Richtung aus: Hierzulande können sich nur noch 19 Prozent in einer Dekade ein Leben ohne Münzen und Scheine vorstellen, das sind um acht Prozentpunkte weniger als im Corona-Jahr 2020.

Über die Ursachen gibt die Studie keine Aufschlüsse. Möglicherweise schwingt in den Köpfen der Bevölkerung mit, dass sich zwei Parteien, die ÖVP und die FPÖ, geradezu ein Kopf-an-Kopf-Rennen als Behüter des Bargelds liefern – obwohl es de facto von keiner offiziellen Stelle infrage gestellt wird.

Wien will Behörde anlocken

Wohl hat sich die EU im Jänner – also nach der Bearing-Point-Umfrage – auf ein Verbot von Barzahlungen in Höhe von mehr als 10.000 Euro geeinigt. Diese EU-weite Vorschrift gegen Geldwäsche soll Schlupflöcher in den nationalen Gesetzen stopfen. Transaktionen zwischen Privaten sind davon übrigens nicht betroffen. Die Überwachung der neuen Regeln sollen nationale Behörden übernehmen, koordiniert von einer neuen europäischen Anti-Geldwäsche-Behörde.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat bereits die Werbetrommel für Wien als Sitz der neuen EU-Anti-Geldwäsche-Agentur gerührt. Insgesamt neun europäische Städte wollen die Behörde, die bis zu 400 Menschen beschäftigen soll, für sich gewinnen. Für Österreich rechnet das Finanzministerium mit Kosten von zwei bis drei Millionen Euro pro Jahr, sollte die Agentur nach Wien kommen. Im Gegenzug erhofft man sich zusätzliche Steuereinnahmen von etwa 17 Millionen Euro.

Aufklärungsarbeit muss die EZB allerdings beim geplanten digitalen Euro, gewissermaßen elektronischer Zwilling des Bargelds, leisten. Bloß zwölf Prozent sprachen sich in einer Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik für dessen Einführung aus. 50 Prozent zeigten sich ablehnend, 35 Prozent gaben an, dass sie diese Frage noch nicht beurteilen können.

Viele befürchten durch die Einführung eines digitalen Euros die Abschaffung von Bargeld. Dabei soll dieser herkömmliche Münzen und Scheine nicht ersetzen, sondern ergänzen, haben die EZB und die EU-Kommission wiederholt betont. (Alexander Hahn, 7.2.2024)