Gouverneur Ron DeSantis unterzeichnete das umstrittene Gesetz.
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Im "Land of the Free" wird einmal mehr ein großer Teil des Netzzugangs drastisch eingeschränkt. Der US-Bundesstaat Florida verbietet Kindern den Besuch von sozialen Netzwerken – und das selbst dann, wenn die Erziehungsberechtigten damit einverstanden wären. Erst wenn die Kinder das Alter von 14 Jahren erreicht haben, dürfen die Eltern mitreden und können ihrem Kind einen Social-Media-Account erlauben.

Erst mit 16 Jahren dürfen Jugendliche dann frei entscheiden, ob und welche sozialen Netzwerke sie nutzen – also in demselben Alter, in dem sie auch ein Auto lenken dürfen. Seiten, die als "schädlich" oder "lüstern" eingestuft werden, müssen ebenfalls eine Alterskontrolle einführen. Solche Inhalte stehen erst volljährigen Personen zur Verfügung.

Am Montag hat Floridas Gouverneur Ron DeSantis das mit House Bill 3 abgekürzte Gesetz unterzeichnet. Dabei handelt es sich bereits um eine abgeschwächte Variante, denn die ursprüngliche Version enthielt noch ein generelles Social-Media-Verbot für alle Personen unter 16 Jahren, ohne Mitspracherecht der Erziehungsberechtigten.

Im Gesetz ist darüber hinaus eine Löschanordung vorgesehen. Anbieter müssen demnach alle Konten löschen, die vermutlich zu Personen gehören, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Dem Schutzalter entwachsene Accountinhabern bleibt 90 Tage lang Zeit, dagegen Einspruch zu erheben und ihr Alter nachzuweisen.

Messenger nicht betroffen

Beim Begriff "Social Media" lässt der Gesetzestext aber Interpretationsspielraum. Um als soziales Netzwerk zu gelten, muss eine Plattform vier Kriterien erfüllen. Erstens müssen Nutzer in der Lage sein, Inhalte hochzuladen und Inhalte anderer Nutzer zu sehen. Zweitens muss wenigstens ein Zehntel der Nutzer unter 16 Jahren das Angebot im Schnitt mindestens zwei Stunden pro Tag verwenden. Drittens müssen Nutzerdaten ausgewertet werden, und ein Algorithmus muss neue Inhalte vorschlagen.

Außerdem muss das Netzwerk über "süchtigmachende" Funktionen verfügen. Darunter versteht der Gesetzgeber in Florida unendliches Scrollen, Likes oder Reposts, automatische abspielende Videos oder Streams. Damit fallen Plattformen wie Tiktok, Facebook oder Instagram unter die neue Regelung. Mastodon wäre nicht betroffen, weil dort kein Algorithmus neue Inhalte vorschlägt. Messengerdienste wie Whatsapp sind ausgenommen.

Alle Nutzerinnen und Nutzer müssen sich künftig außerdem bei Plattformen ausweisen, die als "schädlich" eingestuft werden. Schädlich ist übrigens, was keinen "ernsten literarischen, künstlerischen, politischen oder wissenschaftlichen Wert für Minderjährige" hat und in einer "offenkundig abstoßenden" Weise sexuelles Verhalten zeigt. Außerdem sind Inhalte betroffen, die eine "Durchschnittsperson unter Anlegung zeitgemäßer Standards der Gemeinschaft" als "lüsterne Interessen ansprechend" einstufen würde, wie "Heise" berichtet. Pornoseiten sind damit umfasst, die Definition lässt aber noch Spielraum für andere Dienste. Nachrichten sind explizit nicht betroffen.

Kritik aus der Branche

Sollte eine Plattform absichtlich oder fahrlässig gegen das Gesetz verstoßen, drohen ihr 50.000 Dollar Strafe pro Fall. Das Gesetz tritt mit 1. Jänner 2025 in Kraft. Kritik kommt von Branchenvertretern und Netzfreiheits-NGOs. Die Computer and Communications Industry Association begrüße zwar den Vorstoß zum Schutz von Minderjährigen, sieht aber die in der Verfassung garantierten Rechte der Meinungsfreiheit verletzt. Das Gesetz stelle ein großes Hindernis für junge Menschen dar, ihr Recht auf Redefreiheit online zu nutzen.

Im Staat Florida sieht man das anders: "Das Besondere an diesem Gesetzesentwurf ist, dass wir uns nicht auf Inhalte konzentriert haben", sagte Paul Renner, der Sprecher des Repräsentantenhauses. "Sie werden in diesem Gesetzesentwurf keine Zeile finden, in der es um gute oder schlechte Inhalte geht, denn das würde gegen den ersten Verfassungszusatz verstoßen." Stattdessen, so Renner, zielen die Beschränkungen auf die "süchtigmachende Technologie" ab, wie die "Washington Post" berichtet. (pez, 26.3.2024)