Strommasten
Das Energieministerium schätzt die Gefahr eines großflächigen Blackouts derzeit als "äußerst gering" ein. Das Bundesheer ist bei diesem Thema hingegen vorsichtiger in der Einschätzung.
IMAGO/Christoph Hardt

Und plötzlich war das Thema wieder präsent: In den vergangenen Wochen wurden zehntausende Eltern in Wien mit der Möglichkeit und den Folgen eines Blackouts konfrontiert. Konkret wurden Briefe der Stadt Wien an alle Familien, deren Kinder einen städtischen Kindergarten oder Hort besuchen, versandt. Und der Inhalt des Schreibens hatte es durchaus in sich.

Wien und Österreich, heißt es einleitend im Schreiben an die Eltern, würden zu den sichersten und lebenswertesten Städten beziehungsweise Ländern zählen. Dennoch müsse man mit Ereignissen rechnen, wo jede Einzelne und jeder Einzelne gefordert sein könnte. "Dazu zählt auch ein möglicher europaweiter Stromausfall, ein sogenannter 'Blackout', wie ihn unterschiedliche Expertinnen und Experten binnen der nächsten Jahre erwarten."

Abholliste ist wesentlich

Erklärt werden die Folgen eines großflächigen Stromausfalls, der länger als einen Tag andauert: Anrufe, Nachrichten oder Einkäufe seien nicht mehr möglich. Öffis, die auf Strom angewiesen seien, stünden still. Da ein Blackout "plötzlich und unerwartet" eintrete, sei eine entsprechende Vorbereitung wichtig.

So werden Eltern dazu angeregt, Sicherheitsvorkehrungen für den Fall des Falls zu treffen. Und auch eine kindgerechte Thematisierung des Blackout-Risikos in der Familie, im Kindergarten und in der Schule sei "wesentlich". Im Falle eines Blackouts dürfen jedenfalls nur Personen, die von den Eltern genannt wurden und auf einer eigenen Abholliste stehen, die Kinder mitnehmen.

Die Einrichtung werde jedenfalls erst dann geschlossen, wenn auch das letzte Kind von einem Berechtigten abgeholt wurde. Die Kindergärten bereiten sich demnach auch auf den Extremfall vor, dass Kinder im Kindergarten übernachten müssen. Das bestätigt eine Sprecherin der zuständigen MA 10 (Kindergärten). Doch warum wurden die Eltern jetzt informiert? Hat sich eine Gefährdungslage geändert? Bei der Magistratsabteilung wird auf ein Blackout-Konzept der städtischen Kindergärten verwiesen: Dieses sei im Vorjahr fertiggestellt worden, heißt es zum STANDARD. "Teil des Konzepts war die Information an die Eltern." Kindergarten- und Hortkinder seien bis zur Familienzusammenführung im Fall eines Blackouts darauf angewiesen, vom Kindergartenpersonal durch die Krise begleitet zu werden.

Präventiv thematisiert werde das Risiko eines Blackouts kindgerecht und "ohne Angst auszulösen", wie eine Sprecherin sagte. Zu dem Thema gebe es auch altersadäquate Literatur. Das Blackout-Konzept der Kindergärten ist ein internes Dokument und werde nicht veröffentlicht, sagt eine Sprecherin. Geregelt würden interne Abläufe etwa am Standort, was die Themen Essen und Sicherheit betrifft – aber auch Organisatorisches. "Jener Part, welcher für Familien relevant ist, wurde den Eltern kommuniziert."

Auch Schulen in Blackout-Vorbereitung

Für die Schulen hat das Bildungsministerium bereits Ende 2022 einen "Denkleitfaden zur Blackout-Vorsorge für Schulleitungen" verfasst. Das 31-seitige Dokument zielt darauf ab, dass die verschiedenen Schulen mit hilfe des Leitfadens einen eigenen individuellen Notfallplan entwickeln.

Auch hier soll mittels Einverständniserklärungen von Erziehungsberechtigten schon im Vorfeld feststehen, ob die jeweiligen Schülerinnen und Schüler im Gebäude bleiben, abgeholt werden, alleine nach Hause gehen oder von anderen Personen mitgenommen werden können. Empfohlen werden auch Notbeleuchtungseinrichtungen – "aber keine Kerzen".

Der Wiener Stadtschulrat bestätigt auf Anfrage, dass die jeweiligen Schulen beauftragt wurden, einen solchen Blackout-Notfallplan zu entwickeln. Ob ein solcher auch vorliegt, werde aber nicht kontrolliert, sagte eine Sprecherin. Sie verwies auf die Schulautonomie. Auch ob Schulen die Eltern über Maßnahmen informieren, werde den Schulen selbst überlassen.

Ministerium erachtet Gefahr als "äußerst gering"

Das Energieministerium unter Leonore Gewessler (Grüne) schätzte schon vor eineinhalb Jahren das Risiko einer Strommangellage in Österreich als "sehr gering und unwahrscheinlich" ein. An dieser Beurteilung habe sich nichts geändert. "Die Gefahr von großflächigen Stromausfällen ist äußerst gering", sagte ein Sprecher auf eine aktuelle STANDARD-Anfrage. Österreichs Stromnetz gehöre "zu den sichersten Netzen der ganzen Welt". Eine Vorbereitung auf noch so unwahrscheinliche Krisenfälle sei aber "immer gut und vernünftig".

Das Bundesheer ist bei diesem Thema vorsichtiger. In der sicherheitspolitischen Jahresvorschau 2020 findet sich zum Thema Blackout unter anderem folgendes Zitat: "So ist nach Meinung der Experten die Wahrscheinlichkeit des Eintretens in den nächsten fünf Jahren mittlerweile sehr hoch." Wer die Experten sind, wurde nicht genannt. Vier Jahre später bleibt das Bundesheer bei dem Meinungsbild. Die Risikoeinschätzung des Ministeriums für Landesverteidigung hinsichtlich eines Blackout oder einer Mangellage sei "nach wie vor aufrecht", heißt es auf Anfrage zum STANDARD. (David Krutzler, 9.4.2024)