Kickl Kopffoto.
Herbert Kickl wirft der ÖVP "Postenschacher" vor.
AFP/ALEX HALADA

St. Pölten / Wien – Rund um die Bestellung des Landespolizeidirektors für Niederösterreich haben sich FPÖ und ÖVP am Montag einen Schlagabtausch geliefert. Der blaue Bundesparteichef Herbert Kickl warf der Volkspartei in einer Aussendung "Postenschacher" vor. Franz Popp habe die Voraussetzung eines abgeschlossenen Jusstudiums nicht erfüllt. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker erwiderte, Kickl habe als Innenminister die Landespolizeidirektion (LPD) Niederösterreich "politisch einfärben" wollen. Die Neos verlangen Aufklärung.

Kickl sieht "Postenschacher"

Zuvor waren Chats vom Frühjahr 2019 bekannt geworden, laut denen der damalige Innenminister Kickl die Bestellung von Popp verzögern wollte. Auch DER STANDARD berichtete. Kickl schrieb laut "ZiB 1" im Frühjahr 2019 an den damaligen FPÖ-Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache: "Ohne uns geht Popp nicht. Ich lasse sie zappeln, es gibt auch noch andere Optionen. Wir sollten nicht vergessen, wie die Dame mit Udo umgegangen ist." Damit meinte er Udo Landbauer, nun Landeshauptfraustellvertreter. Die jetzige Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte in Zusammenhang mit der sogenannten Liederbuchaffäre kurz vor der Landtagswahl 2018 eine Zusammenarbeit mit dem FPÖ-Listenersten Landbauer ausgeschlossen. Seit März 2023 regiert nichtsdestotrotz Schwarz-Blau in Niederösterreich.

"Nicht ich, sondern die ÖVP – konkret die niederösterreichische Landeshauptfrau Mikl-Leitner – wollte ihren Postenschacher im Innenministerium durchziehen. Ich habe mich dagegen gewehrt", erklärte der FPÖ-Chef Kickl nun. "Mikl-Leitner hat bei mir persönlich interveniert, sie hat über H.-C. Strache bei mir intervenieren lassen – und auch über den damaligen Kanzler (Sebastian, Anm.) Kurz wurde ich in dieser Angelegenheit 'bearbeitet'", meinte er. Die ÖVP hätte damals "die Ausschreibung auf ihren Mann zuschneidern lassen – und genau das ist nach meinem Abgang aus dem Innenministerium auch geschehen".

Stocker sieht "Ablenkungsmanöver"

ÖVP-Generalsekretär Stocker sah hingegen "Ablenkungsmanöver" durch den FPÖ-Chef und meinte in einer Aussendung: "Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen." In Richtung Kickl erklärte er: "Weil er den FPÖ-Politiker und heutigen FPÖ-Landesrat (Christoph, Anm.) Luisser zum Polizeichef machen wollte, schränkte er die Ausschreibung auf das Kriterium 'Jurist' ein – in der Hoffnung, so den qualifizierten Polizisten Franz Popp zu verhindern. Dabei ist es bis heute keinesfalls üblich, dass ein Landespolizeidirektor zwangsläufig ein Jurist sein muss."

Frage der Voraussetzung

Laut Sicherheitspolizeigesetz muss ein Landespolizeidirektor eine abgeschlossene akademische Ausbildung vorweisen, zu bestellen ist er "vom Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Landeshauptmann". Vom Innenministerium hieß es am Montag auf Anfrage, dass aktuell ein absolviertes Masterstudium für Strategisches Sicherheitsmanagement oder ein abgeschlossenes Jusstudium Voraussetzung für die Ernennung sind. Popp verfügt seit 2016 über einen FH-Master für ersteren Studiengang.

Popp wurde im Juli 2020 zum Landespolizeidirektor von Niederösterreich ernannt. Zuvor soll ihn die Bestellungskommission als "im höchsten Maße geeignet" beurteilt haben. Das Innenministerium – damals war der heutige Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer Ressortchef – ersuchte im Juni 2020 das Bundesministerium für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) unter Werner Kogler (Grüne) um Zustimmung zur Ernennung von Popp zum Landespolizeidirektor.

ZIB 1: Weiter Wirbel um FPÖ-Chats
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Das BMKÖS verwies laut der APA vorliegenden Unterlagen aber auf das fehlende rechtswissenschaftliche Studium des Bewerbers. In zwei Fällen habe das Ministerium seit 2012 bei der Besetzung die Zustimmung erteilt, auch wenn der Kandidat über kein Jusstudium verfügte, hieß es. Das war zunächst in Oberösterreich bei Andreas Pilsl und 2017 in Niederösterreich bei Konrad Kogler der Fall.

Bemängelt wurde vonseiten des BMKÖS, dass das Innenministerium – trotz Aufforderung durch das 2012 zuständige Bundeskanzleramt – keine Arbeitsplatzbeschreibung übermittelt habe, die sich auf Jus als zulässiges Hochschulstudium für den Landespolizeidirektor beschränke. "Strategisches Sicherheitsmanagement" wurde aufgrund von juristisch-behördlichen Anforderungen "nicht als zweckmäßig" erachtet. Dem Innenministerium wurde laut dem Mailverlauf vorgeschlagen, eine aktuelle Arbeitsplatzbeschreibung zu übermitteln.

Neos fordern Ende der "Freunderlwirtschaft"

Neos-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper kritisierte "unerhörten Postenschacher, der ein schiefes Licht auf das Amtsverständnis von Nehammer wirft, der als Kanzler gern von Leistung spricht. Aber die Taten sind andere: Für gewünschte Kandidaten werden gern die Anforderungen runtergefahren." Mit dem Postenschacher und der Freunderlwirtschaft der ÖVP müsse endlich Schluss sein, forderte Krisper in einer Aussendung: "Das ist auf Dauer ein nachhaltiger Schaden für Österreich." (APA, red, 1.4.2024)