Xi führt, amerikanische Firmenchefs folgen. Das ist mehr oder weniger die Botschaft der Bilder, die vergangene Woche um die Welt gingen. Sie zeigen den 1,80 Meter großen chinesischen Präsidenten in der Mitte von 18 amerikanischen CEOs, wie sie zusammen durch die Große Halle des Volkes in Peking schreiten. Xi überragt sie alle etwas an Größe und scheint die Richtung vorzugeben.

Chinas Präsident Xi trifft Vertreter der US-Wirtschaft. 
Chinas Präsident Xi Jinping rollte US-Firmenbossen den roten Teppich aus. China wirbt um ausländische Direktinvestitionen.
EPA/XINHUA / HUANG JINGWEN

Unter den Besuchern waren Evan Greenberg von der Investmentgesellschaft Blackstone und Christiano Amon, Boss des fünftgrößten Chipherstellers der Welt, Qualcomm. Eine Stunde und 40 Minuten soll sich Xi auf eine "echte Diskussion" mit den Unternehmern eingelassen haben, so das Staatsfernsehen. Xi betonte darin, dass die chinesische Wirtschaft nicht zum alten Wachstumsmodell zurückkehren werde, sondern nun "High Quality Growth", hochqualitatives Wachstum, angesagt sei. Man wolle weg vom schuldengetriebenen Immobilienwachstum und stattdessen in der Wertschöpfungskette nach oben klettern – sprich Hightech exportieren. Dafür könne das Land ein paar mehr Investitionen gut gebrauchen. Die ausländischen Direktinvestitionen befinden sich auf dem niedrigsten Niveau seit 1993.

Aktienmarkt schwächelt

Der Aktienmarkt hat zwar in China wesentlich weniger Bedeutung als in den USA, aber auch der lahmt: Seit Anfang 2021 hat der CSI 300 32 Prozent verloren, während der amerikanische Vergleichsindex S&P 500 39 Prozent im Plus liegt. Für das chinesische System aber wesentlich dramatischer sind die hohe Jugendarbeitslosigkeit und die Tatsache, dass in den vergangenen zwei Jahren erstmals das Pro-Kopf-Einkommen stagnierte.

Die Aussicht auf mehr Wohlstand war stets das Versprechen der Kommunistischen Partei ans Volk, welches in den vergangenen 30 Jahren auch erfüllt werden konnte. Die Amerikaner also könnten helfen. Schließlich, so die Botschaft Xis, ist der chinesische Markt noch immer einer der größten und wichtigsten der Welt. Die amerikanischen Wirtschaftsbosse dürften einer politischen und wirtschaftlichen Annäherung der beiden größten Volkswirtschaften nicht entgegenstehen. Schließlich winken Profite für "ChinAmerica", wie man die wirtschaftliche Verflechtung der USA und China nennt.

Arbeiter bauen an einer Stahlkonstruktion in China.
Lange hat der schuldengetriebene Immobilienboom das Wachstum befeuert. Zu diesem Modell will man nicht zurück.
AP/Tatan Syuflana

Allerdings ist die Situation etwas komplexer, als es das Bild von Xi mit den Firmenbossen vermitteln mag. Chinas Wirtschaft ächzt noch unter der Immobilienkrise. Zu der ist es gekommen, weil Peking lange Jahre auf Wirtschaftswachstum durch Investitionen gesetzt hatte. Seit 2010 baute man im ganzen Land große Infrastrukturprojekte wie Flughäfen und Zugstrecken sowie Unmengen von Wohnhäusern für die in die Städte strömenden Landarbeiter. Die Überkapazitäten, die bald entstanden, exportierte man ab 2014 etwa entlang der Neuen Seidenstraße in andere Staaten.

Dass nun alles anders, sprich smarter, hochqualitativer und technologischer ist, dass China nun nicht mehr Brücken und Autobahnen, sondern Smartphones und Elektrobatterien baut, stimmt. Nur nimmt die Regierung noch immer zu viel Geld in die Hand, um dieses Wachstum zu fördern. Investitionen als Teil der Wirtschaftsleistung machen im globalen Durchschnitt 25 Prozent aus. In China liegt dieser Anteil bei 40 Prozent. Dies geht auf Kosten des Konsums und damit des LebensStandards der Chinesen.

E-Autos für Europa

Außerdem müssen für die Exporte Käufer gefunden werden. Wenn nun anstelle von Immobilien Elektroautos gebaut werden und diese im Land selbst keinen Absatz finden, versucht man diese in Europa und den USA loszuwerden. Die Exporte von E-Autos, Lithium-Ionen-Batterien und Solarzellen stiegen im vergangenen Jahr um 30 Prozent auf 143 Milliarden US-Dollar. Kein Wunder also, dass das Handelsdefizit mit der EU im vergangenen Jahr auf 400 Milliarden US-Dollar angeschwollen ist – vor 20 Jahren noch lag es bei 40 Milliarden.

Chinesische Beschäftigte arbeiten an der Fertigung eines E-Autos.
China will im Ausland nun auch mit E-Autos reüssieren. Das erregt vielerorts Unmut.
IMAGO

Nicht nur, aber besonders in der EU regt sich Unmut über das neue chinesische Preisdumping. "Europäische Staatschefs werden nicht zulassen können, dass unsere industrielle Basis durch einen unfairen Wettbewerb ausgehöhlt wird", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem Peking-Besuch im vergangenen Dezember. Selbst Brasilien, das unter dem neuen alten Präsidenten Lula wieder näher an China herangerückt ist, wirft Peking mehrfach Dumpingpreise vor.

Was also bleibt? Nach bald sechs Jahren Handelskrieg zwischen Peking und Washington dürften beide Parteien nun wieder mehr möglichen Gewinn in einer Entspannungspolitik sehen. Die große Rivalität zwischen den Blöcken aber hat nur zugenommen. (Philipp Mattheis, 1.4.2024)