Eine Klosternonne wird von unbefleckter Empfängnis heimgesucht: Sydney Sweeney in ihrem von langer Hand vorbereiteten Herzensprojekt
Eine Klosternonne wird von unbefleckter Empfängnis heimgesucht: Sydney Sweeney in ihrem von langer Hand vorbereiteten Herzensprojekt "Immaculate".
AP

Ein Musikvideo der Rolling Stones ist keine unschuldige Angelegenheit. In der Karriere der 26-jährigen Sydney Sweeney ist der Auftritt für die rollenden Steine in Angry im freizügigen Lederoutfit aber noch das Bravste. Ihre Karriere nahm schon vor 2023 und der Cabrio-Spritztour durch eine Stadt voller Billboards überlebensgroßer Rockpensionisten-Boys so richtig Fahrt auf.

Diese Woche kommt ihr neuer Film Immaculate ins Kino. Sweeneys Hauptrolle ist so ziemlich das Gegenteil von Rock 'n' Roll: eine Novizin im katholischen Kloster. Noch dazu eine, die gemäß dem Filmtitel Immaculate von einer ungewollten unbefleckten Empfängnis heimgesucht wird. Kein Sex, Drugs & Rock 'n' Roll also, vom verwässerten Messwein einmal abgesehen.

Der Horrorfilm ist den B-Movies italienischer Schule nachempfunden. Vom kopflastigen Genre des Elevated Horror sind wir hier weit weg, Immaculate ist Nunsploitation pur. Schon die Ankunft der Amerikanerin Cecilia im abgelegenen italienischen Kloster wirkt wie eine Verbeugung vor den alten Italo-Meistern von Argento bis Fulci. Wie in Suspiria steht die Neue in der Frauengemeinschaft schnell im Mittelpunkt des Schreckens – bis zu einem ordentlich transgressiven Ende.

Sydney Sweeney wird als Sexsymbol mit feministischer Note wahrgenommen.
REUTERS/Danny Moloshok

Sydney Sweeney ist bei diesem Projekt auch als Produzentin federführend beteiligt, nachdem sie bereits mit 16 dafür vorgesprochen hatte. Sie kaufte die Rechte, zimmerte sich das Drehbuch selbst zurecht und holte Regisseur Michael Mohan an Bord, mit dem sie bereits den Erotik-Thriller The Voyeurs gedreht hat. "As a female, I feel like I have to create the opportunities for myself", sagt sie dazu dem Branchenblatt Variety.

Durchbruch mit "Euphoria"

Die Rolle im Überlebenskampf gegen sexfeindliche Katholiken ist also kein Zufall. Der Genrefilm liefert nebenbei die perfekte Folie für das Thema Recht am eigenen Körper – mitten im US-Wahlkampf. Eine progressive feministische Note in Verbindung mit weiblicher Körperlichkeit lässt sich auch in anderen Projekten von Sydney Sweeney finden, von The Handmaid's Tale bis zu Euphoria, das ihr zum Durchbruch und einer von zwei Emmy-Nominierungen verhalf. In den sozialen Medien wird dieses sexpositive Empowerment freilich auf Memes heruntergebrochen und zuweilen zur dünnen Camouflage für Sexualisierung und Männerfantasien umfunktioniert. Ausgerechnet ihr Sketch als Host von Saturday Night Live Ende März lieferte Konservativen Meme-Material, um über ihre Brüste als "Doppel-D-Vorboten des Untergangs der Wokeness" zu fantasieren.

Black Bear UK

Doch Sweeney kann auch anders. Das hierzulande untergegangene Doku-Drama Reality der Regisseurin Tina Satter etwa ist mehr als nur ein politisch ehrenwertes Kammerspiel. Darin verkörpert Sweeney die NSA-Whistleblowerin Reality Winner. Das Skript entspricht Wort für Wort den FBI-Verhörprotokollen und ist eine ganz andere Art Horror.

Mit ihrer Karriere als einer der nächsten Spider-Women dürfte es nach dem katastrophalen Misserfolg von Madame Web für Sweeney nichts werden. Sie hat also Zeit für interessantere Projekte wie die Horrorgeschichte Echo Valley mit Julianne Moore, die demnächst herauskommen soll. Ebenfalls bereits abgedreht hat Sweeney einen Ensemblefilm von Ron Howard, das starbesetzte Aussteigerdrama Eden, bei dem auch der Wiener Burgschauspieler Felix Kammerer an ihrer Seite zu sehen sein wird.

Und noch ein Projekt steht bevor, bei dem Sydney Sweeney wieder trefflich ihren Status als Sexsymbol ironisieren und in die Fußstapfen von Jane Fonda treten kann: ein Remake des 60er-Jahre-Camp-Klassikers Barbarella. (Marian Wilhelm, 3.4.2024)