Am 8. März 2024 um 14.34 Uhr Ortszeit durchschlug ein Objekt Alejandro Oteros Dach sowie die Fußböden seines zweistöckigen Hauses in Naples, Florida. Das Geschoß entpuppte sich als ein etwa faustgroßes und 0,9 Kilogramm schweres zylindrisches Metallstück, und es kam möglicherweise aus dem Weltraum. Zumindest weisen einige Indizien darauf hin, dass das Teil von einem Batteriepaket stammt, das von der Internationalen Raumstation (ISS) abgeworfen wurde, um in der Atmosphäre zu verglühen.

Das nur wenige Zentimeter große und annähernd ein Kilogramm schwere Stück Weltraummüll hat in Florida ein Dach und zwei Fußböden durchschlagen.
Foto: Alejandro Otero

"Es war ein gewaltiger Knall. Es hat fast meinen Sohn getroffen, der sich nur zwei Zimmer weiter befand und alles gehört hat", berichtete Otero gegenüber WINK News. "Irgendetwas flog durch das Haus und hinterließ ein großes Loch im Boden und in der Decke." Otero selbst befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht im Haus, sondern machte gerade Urlaub.

Drei Jahre im Orbit

Der ausrangierte Energiespeicher war Anfang März über dem Atlantik abgestürzt, nachdem er zuvor rund drei Jahre lang die Erde umkreist hatte. Der 2,6 Tonnen schwere Batterieblock war das bisher größte Objekt von der ISS, das man per "atmosphärische Müllverbrennung" loswerden wollte. Am 21. März 2021 hatte man die 48 obsoleten Nickel-Wasserstoff-Akkupakete (sogenannte Orbital Replacement Units, ORUs) von der ISS abgekoppelt, nachdem sie durch leistungsfähigere Lithium-Ionen-Stromspeicher ersetzt worden waren.

Nickel-Wasserstoff-Batterien wurden in den frühen 1970er-Jahren für das US-Raumfahrtprogramm entwickelt. Der Vorteil dieser Batterien ist eine sehr lange Lebensdauer; auch zehntausende Lade- und Entladezyklen können ihnen kaum etwas anhaben. Der Nachteil der Nickel-Wasserstoff-Batterie ist ihre relativ geringe Energiedichte, die etwa einem Drittel der Energiedichte der modernen Lithium-Ionen-Batterien entspricht.

Analyse durch die Nasa

Noch ist nicht einwandfrei geklärt, ob das in Florida abgestürzte Objekt tatsächlich einst zum Batteriepaket gehört hatte. Zeitpunkt und Ort des Impakts würden allerdings dafür sprechen. Um Gewissheit zu erlangen, soll das Metallstück nun genauer untersucht werden. "Die Nasa hat den Gegenstand in Zusammenarbeit mit dem Hausbesitzer eingesammelt und wird ihn im Kennedy Space Center in Florida so schnell wie möglich analysieren, um seine Herkunft zu bestimmen", sagte der Nasa-Sprecher Joshua Finch.

Mit dem vorliegenden Ergebnis sollte sich auch klären, wer für den Schaden am Haus von Alejandro Otero aufkommen soll. Entsprechend dem Vertrag der Vereinten Nationen von 1967 sollten die USA verantwortlich sein, immerhin hat ihre Weltraumbehörde Nasa den Batterieblock ins All gebracht und auch wieder abgeworfen. Vielleicht war das Stück Weltraumschrott aber auch Teil der Palette, auf der die Batterien festgeschnallt waren. In dem Fall müsste sich Otero an Japan wenden, denn die Palette kam von der japanischen Weltraumagentur Jaxa.

Das Batteriepaket wurde 2021 von der ISS abgeworfen. Teile davon könnten Anfang März die Erde getroffen haben.
Foto: Nasa

Kein Einzelfall

Dass Weltraumschrott zur Erde stürzt, ist kein Einzelfall: 2020 und 2022 stürzten die Reste von vier chinesischen Langer-Marsch-5B-Trägerraketen ab, der Trümmerregen ging über dier Elfenbeinküste, Borneo und dem Indischen Ozean nieder. In den Jahren 2021 und 2022 wiederum schlugen die Fragmente von Space-X-Raketen auf einer Farm im US-Bundesstaat Washington ein beziehungsweise landeten auf einer Schaffarm in Australien.

Mittlerweile müssen Fachleute mehr als 20.000 im Orbit kreisende Trümmer im Auge zu behalten, die größer sind als zehn Zentimeter. Bei Fragmenten von einem Zentimeter und mehr sind es sogar rund eine Million. Dass der Weltraumschrott nicht nur die bemannte und unbemannte Raumfahrt bedroht, zeigt einmal mehr der aktuelle Vorfall in Florida. Zwar liegt das Risiko, dass ein Mensch durch Weltraumschrott verletzt wird, laut der Europäischen Weltraumagentur (Esa) bei weniger als eins zu 100 Milliarden – in Naples freilich dürfte es bereits ziemlich knapp gewesen sein. (Thomas Bergmayr, 3.4.2024)