Man sagt zwar, wer herumbrüllt, dem fehlen die Argumente, aber: Aber bei Godzilla und seinem neuen Spezi King Kong kriegt die Gaudi in ihrem Buddy-Film
Man sagt zwar, wer herumbrüllt, dem fehlen die Argumente – aber bei Godzilla und seinem neuen Spezi King Kong kriegt die Gaudi im Buddy-Film "Godzilla x Kong: The New Empire" langsam ein Loch.
AP/Courtesy of Warner Bros. Pict

Im Zweiten Weltkrieg waren Fliegerbomben, die ganze Wohnblöcke zerstörten, als "Blockbuster" gefürchtet. Heutzutage bezeichnet man damit vor allem Filme, die mit viel Popcorn und wenig Drehbuch auskommen. Als Kassenschlager oder Straßenfeger sorgen sie für eine monströse Medienpräsenz und ebensolche Umsätze an den Kinokassen. Auch der neueste Franchise-Ableger dieses "Monsterverse" namens Godzilla x Kong: The New Empire dürfte zumindest bei fröhlichen Nihilisten, also vor allem bei sehr männlichen jungen Männern, den Destruktionsbegeilungsmodus einschalten. Fehlgeleitete Energie, das ist es, was wir sehen und im Saaldunkel auch fühlen wollen.

Im Imax-Saal haben wir uns jetzt die 3D-Brillen aufgesetzt. Die Musik setzt ein. Wusch! Die Wucht einer Richard-Wagner-Coverband inklusive Ballermann-DJ drückt die Leute tief in die Sitze. So ein vom niederländischen Produzenten Tom Holkenborg alias Junkie XL gefertigter Soundtrack von der Montagestraße für die Mad-Maxis, die Bat- und Supermans, aber auch den Terminator oder den heute im Mittelpunkt stehenden Monsteraffen mit seinem zerstörerische Atomstrahlen-Rülpser ausstoßenden Quietschentchen-Dinosaurier hilft, das Papier für das Script zu sparen.

Die Grunzigkeit von Höllenfürsten

Wenn zwei Stunden lang fast pausenlos gehämmert wird, dann hat gefälligst etwas kaputtzugehen! Die den jeweils eigenen Vormachtstatus betonenden gebrüllten "Dialoge" zwischen King Kong und Godzilla sind eine Nummer für sich. Sie werden im Imax-Überwältigungsverfahren mit brutaler Lautstärke in den Saal geblasen. Man kennt sie in ihrer hell kreischenden satanischen Hysterie beziehungsweise ihrer dem Verdauungstrakt Tür und Tor öffnenden Grunzigkeit sonst nur von schwarz-weiß geschminkten norwegischen Höllenfürsten und ihren diversen Black- und Death-Metal-Bands.

KinoCheck

Der aktuelle Ausgangspunkt für Godzilla x Kong: The New Empire lautet: In der Hohlerde im Erdinneren ist der Teufel los! Die Hohlerde darf man übrigens nicht mit der total crazy Theorie der Hohlwelt mit der Sonne im Mittelpunkt unseres als geschlossene Kugel gebauten Weltalls verwechseln! Siehe auch: Clemens J. Setz mit seinem Roman Monde vor der Landung. Nein, Hohlerde liegt tief im Fußboden unter uns versteckt. Deren Eingang wurde einst von den für Wahnwelten sehr empfänglichen Nazis am Nordpol oder im "Neuschwabenland" in der Antarktis vermutet. Aktuell kann man zumindest im Kino mit einem südlich des Himmels zielenden Raumschiff im Urlaubsparadies Barbados ins Loch fahren. Hatti-gatti, da geht es in 3D ganz schön schwindelerregend hinunter!

Aus dem letzten Loch

Dem Loch ist zuvor King Kong als eigentlich total sympathischer, wenn auch stark einem Lebensstil des Silberrückentums alter Schule zugeneigter Affe in einem frühen Kampf Gut gegen absolut Böse erheblich lädiert entstiegen, um sich von den Menschen medizinisch versorgen zu lassen. Drunten in Hohlerde, in einem bis dato unbekannten Hohlraum im Hohlraum (!!!), wächst eine dunkle Macht heran. Sie ist nicht nur für einen dort hinter einer Geheimwand lebenden indigenen Stamm friedliebender Menschenkinder lebensbedrohlich. Auch eine geheime kristalline Superkraft, sozusagen das elektrische Benzin für urzeitliche Titanen wie Godzilla, die eigentlich eh nur ihre Ruhe haben, Mutter Natur beschützen und Hohlerde friedliebend wie einst der gefallene Mönch Kwai Chang Caine in der zur Gewaltfreiheit aufrufenden Fernsehserie Kung Fu durchwandern wollen, ist in höchster Gefahr.

Ein böser Affendiktator lässt dort also seine in Angst und Schrecken am Rande einer unterirdischen Lavaflusslandschaft lebenden Untergebenen und – mittels Zauberstab aus Super-Eis – auch ein schockfrostendes Monster aus dem Zoo. Godzilla flüchtet deshalb ebenfalls an die Erdoberfläche. Das hat zur Folge, dass man sich den Städtetourismus in Metropolen wie Rom, Kairo oder Rio de Janeiro erst einmal abschminken kann. Es gibt dort ohnehin nicht mehr viel zu sehen: Kolosseum weg, Pyramiden weg, Copacabana weg. Bevor sich King Kong und Godzilla also an den Verhandlungstisch setzen und die Welt retten, werden erst einmal ordentlich diverse Weltwunder plattgemacht, bevor es gegen die bösen Affen unten im Loch zur Entscheidungsschlacht geht. Spoiler? Geh bitte!

Menschen kommen auch vor

Menschliche Schauspieler kommen in dem von Regisseur Adam Wingard mit 135 Millionen US-Dollar am Computer gebastelten Film auch vor. Rebbecca Hall und Dan Stevens als völlig unglaubwürdige Wissenschafter und die schon aus dem Vorgänger Godzilla vs. Kong bekannte junge King-Kong-Flüsterin Kaylee Hottle leiden unter anderem auch sichtlich an den unglaublich blöden Dialogen. Da lobt man sich bei allem Widerstand gegen so viel übersteuerte Grunzigkeit schließlich doch den Affen. Der im Vorjahr in die Kinos gekommene japanische Film Godzilla Minus One kann da, weitaus intelligenter gemacht, mehr überzeugen. Er kam mit einem Zehntel der Produktionskosten dieses neuesten, nach einer Woche altem Popcorn schmeckenden US-Machwerks aus. (Christian Schachinger, 5.4.2023)