Ein serbisches Polizeiteam.
Die serbischen Sicherheitsbehörden sind seit etlichen Tagen mit dem Fall Danka beschäftigt.
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Diese Geschichte begann mit einer Meldung von Interpol: Die internationale Kriminalpolizei startete vergangene Woche, konkret am Dienstag, 26. März, eine große Suchaktion samt Foto, um Danka zu finden. Das einjährige Mädchen galt in Serbien als vermisst. Zuletzt war sie im Garten ihres Elternhauses in Bor gesichtet worden.

Mehr als eine Woche suchten die Behörden das verschwundene Kind. Wien wurde plötzlich zu einem Schauplatz dieser Kriminalgeschichte. "Danka soll in Wien sein", titelte der Boulevard. Ana S. aus Floridsdorf galt als Entführerin – fälschlicherweise. Und die Suche nach dem Kind war vergebens.

Mittlerweile ist es Gewissheit: Das Mädchen ist tot. Es dürfte sich um einen Mordfall handeln. Zwei 50 Jahre alte Männer wurden in Serbien verhaftet. Sie sollen Danka laut Medienberichten mit einem Firmenwagen angefahren, möglicherweise sogar erstickt und letztlich auf einer illegalen Mülldeponie verscharrt haben. Blutspuren an dem Auto sollen die Ermittler zu den Tatverdächtigen geführt haben. Der Fall ist noch nicht restlos aufgeklärt.

Wiener Polizei durch Video alamiert

Aber was hat das alles mit Wien zu tun? Seit 31. März kursierte auf X (vormals Twitter) ein Video, das die österreichischen Sicherheitsbehörden in Alarmbereitschaft versetzt hatte. Darin ist ein kleines Mädchen zu sehen, das am Vorabend gegen 20 Uhr nahe der Wiener U-Bahn-Station Schottenring aufgenommen wurde.

Der Urheber – ein in Wien lebender Serbe – glaubte, eine Ähnlichkeit zwischen dem Kind und Danka erkannt zu haben. Jener Mann wandte sich an die serbische Behörden und die wiederum an die Wiener Polizei. Das Landeskriminalamt übernahm den Fall und ermittelte fortan wegen mutmaßlicher Kindesentziehung.

Zwei Tage nach dem Aufkommen des Videos schlug der Fall Danka in Österreich medial breiter auf. Kurz darauf wandte sich auch die Wiener Polizei per Presseaussendung an die Öffentlichkeit. Angehörige glaubten, Danka in dem Video erkannt zu haben. Die Sicherheitsbehörden veröffentlichten das Bildmaterial daraus, um in der Suche voranzukommen. Auch eine Telefonnummer für anonyme Hinweise wurde der Aussendung beigefügt.

"Ich bin seit Sonntag in der Hölle"

Das Wiener Magazin "Kosmo" hatte eine der beiden gesuchten Frauen noch am selben Tag über Facebook ausfindig gemacht. "Was soll ich Ihnen sagen", wird Ana S. in dem Artikel zitiert. "Ich bin seit Sonntag in der Hölle." Ana S. ist die Mutter des Kindes aus dem Video. Die zweite Frau ist ihre eigene Mutter.

S. sei über Ostern im oberösterreichischen Wels gewesen, erzählt die Floridsdorferin mit rumänischen Wurzeln, wo sie mehrere Nachrichten erhielt. Ihr Gesicht sei im rumänischen und serbischen Fernsehen zu sehen, hieß es da – und dass sie wegen eines verschwundenen Kindes gesucht werde: "Niemand auf der Welt kann verstehen, was für ein Albtraum das ist." Ana S. hatte Angst um ihren Job, "weil mein Gesicht in allen Medien leicht erkennbar war".

Ana S. ging zur Polizei. Dann war der Fall für die Behörden geklärt. Am Vormittag des 4. April beendete die Wiener Polizei ihre Suche nach der vermuteten Entführerin. Eine Verbindung zwischen den beiden Frauen aus dem Video und dem Fall Danka könne "eindeutig und ohne jeden Zweifel ausgeschlossen werden", hieß es. Am Nachmittag erreichte dann eine bittere Nachricht Österreich: Die vermisste Einjährige ist tot.

In der "Kronen Zeitung" zeigt sich Ana S. ob der europaweiten Fahndung gegen sie "schockiert". Sie würde gerne wissen, wie es zu dieser Verwechslung kommen konnte. "Meine Tochter sieht doch ganz anders aus und ist auch ein Jahr älter", sagte S. dem Boulevardblatt. "Ich möchte nur, dass alle wissen: Wir sind keine Verbrecher, haben kein Kind entführt." (Jan Michael Marchart, 5.4.2024)