Das finale Ringen um die deutsche Position zum mittlerweile beschlossenen AI Act sorgt für Misstrauen in der Regierung, konkret stehen Beziehungen zwischen Ministerien und im Bereich der KI tätigen Unternehmen zur Debatte. Das geht aus einer Rekonstruktion des "Handelsblatts" zu den letzten Tagen vor der Abstimmung hervor.

Digitalminister stemmte sich gegen AI Act

Die Augen sind dabei vor allem auf Digitalminister Volker Wissing (FDP) gerichtet, der sich energisch gegen die geplante Zustimmung Deutschlands zum AI Act gestemmt hat. Diese war nötig, um die nötige Mehrheit zu bekommen und das Gesetzespaket noch vor den EU-Wahlen zu verabschieden.

Wissing warnte jedoch vor den Schäden für die KI-Wirtschaft. Auch wenn der AI Act nicht in seine Zuständigkeit, sondern in die der Ministerien für Wirtschaft und Justiz fiel, sorgte dies für Unruhe. Denn in der deutschen Bundesregierung gilt bei EU-Abstimmungen die Regel, dass sich das Land enthält, wenn es keine Einstimmigkeit unter den Ministerien gibt.

Digitalminister Volker Wissing mit Microsoft-CEO Satya Nadella
Digitalminister Volker Wissing (links) mit Microsoft-CEO Satya Nadella im Rahmen der Axel-Springer-Award-Gala in Berlin am 17. Oktober 2023.
AFP/POOL/ANNEGRET HILSE

Als Deutschland schließlich doch zustimmte, wurde es um Wissing recht still, wie Regierungsvertreter verschiedener Parteien dem "Handelsblatt" schildern. Andere von der FDP geführte Ministerien hatten sich dem AI Act nicht entgegengestellt, dies war ein Alleingang des Digitalministers gewesen. Die Zusammenarbeit der deutschen Bundesregierung im KI-Bereich gilt nun als belastet.

Kontakte zu Microsoft und Aleph Alpha

Besonders wird nun beobachtet, welche Politiker mit welchen Unternehmen Kontakt hatten. So gab es diverse Treffen zwischen der Wirtschaft und den Ministerien, aber keine Belege dafür, dass die politischen Positionen dadurch maßgeblich beeinflusst wurden. So setzte sich das Wirtschaftsministerium mit dem deutschen Unternehmen Aleph Alpha auseinander, während das Digitalministerium mehrfach mit Microsoft Kontakt hatte: Wissing traf sich im Sommer 2023 insgesamt viermal mit Vertretern des US-Konzerns, dabei wurde auch über den AI Act gesprochen.

Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat sich in dieser Zeit gar nicht mit Microsoft getroffen, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einmal. Heute erklärt Microsoft offiziell, die Ziele des AI Act zu unterstützen. Damals hatte der Konzern dem Medienbericht zufolge hinter den Kulissen noch gewarnt, dass das KI-Sprachmodell von OpenAI dadurch eingeschränkt werden könnte. Aus dem Digitalministerium heißt es, das Ziel der Gespräche sei das Einholen einer internationalen Perspektive gewesen.

Habeck wiederum traf sich im Sommer 2023 viermal mit Vertretern von Aleph Alpha, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) traf sich seit Sommer 2023 zweimal mit Jonas Andrulis, CEO des deutschen KI-Unternehmens. Aleph Alpha gilt in Deutschland als das einzige nationale KI-Unternehmen, das es mit der US-amerikanischen Konkurrenz aufnehmen kann. (red, 5.4.2024)