Hinter uns liegt ein wildes Fußballwochenende.
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Wow, die vergangenen Tage hatten es in sich: Vielleicht hätte man schon am Freitag ahnen können, dass dem geneigten Beobachter des runden Leders ein fulminantes Wochenende bevorsteht, als die Vienna in Österreichs zweithöchster Spielklasse dem SKN St. Pölten auf der Hohen Warte gleich sieben Trümmer einschenkte. Kelvin Owusu Boateng traf beim 7:3 vierfach, ist also völlig zu Recht ein Anwärter auf den Spieler des Wochenendes. Gesamteuropäisch natürlich, think big or go home.

Apropos zweite Liga: Was zum Geier ist eigentlich in Leoben los? Es wirkt, als wolle der Verein aus der zweitgrößten steirischen Stadt partout nicht aus den Schlagzeilen. Einen Tag nach dem Cup-Out gegen Rapid vergangene Woche gab Trainer Rene Poms ausgerechnet vor dem Schlager am Samstag gegen den GAK bekannt, dass das nichts mehr wird mit einer Zusammenarbeit: "Unüberbrückbare Differenzen." Carsten Jancker, der selbst zu Beginn der Saison vor den Hochofen gesetzt wurde, kehrte zurück auf den Trainerstuhl, holte mit seinem Ex- und Jetzt-doch-wieder-Team ein 1:1 beim überlegenen Tabellenführer in Graz. Hauptthema der Übertragung war freilich das Chaos: Leoben-Obmann Mario Bichler versuchte sich und den Wahnsinn zu erklären, derweil bleiben aber mehr Fragen offen als in einem Staffelfinale einer südamerikanischen Seifenoper.

Schmerzen bei Heidenheim-Trainer Frank Schmidt.
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So wild das Wochenende startete, so fulminant brauste es weiter: Die Bayern mussten sich nach einer 2:0-Führung in Heidenheim noch mit 2:3 geschlagen geben, Heidenheims Coach Frank Schmidt zog sich beim Jubel über das dritte Tor seines Teams wohl einen Muskelfaserriss zu. Das hinderte den 50-Jährigen aber nicht daran, die Marschroute fürs restliche Wochenende vorzugeben: "Wer heute nicht auf die Piste geht, den schmeißen wir raus", sagte er.

Eine leere Piste gibt es derweil in Amsterdam: Für Ajax, das schon im Herbst ungewöhnlich massive Probleme hatte, folgte ausgerechnet im De Klassieker gegen den Erzrivalen Feyenoord eine Abfuhr, die ihresgleichen sucht. Man ging gleich mit 0:6 unter, es war die höchste Ajax-Niederlage seit Gründung der Eredivisie, gleichzeitig der höchste Sieg Feyenoords in einem Klassieker. Ajax-Trainer John van 't Ships Fazit? "Peinlich." Eine klatschende "Oorveeg" für den großen Verein aus Amsterdam.

Überhaupt war es ein Wochenende der großen Rivalitäten: Versöhnliches gab es im Norden Englands, Manchester United und Liverpool trennten sich 2:2, wobei Uniteds Bruno Fernandes ein recht hübsches Tor erzielte (der Portugiese nahm einen verhungerten Quansah-Querpass direkt und fetzte ihn knapp an der Mittellinie in die Maschen). Aufpassen, Kelvin Owusu Boateng.

Auch in Schottland gab man sich beim 3:3 im Old Firm wohl etwas widerwillig die Hand zur Punkteteilung. Es war eine spektakuläre Partie in Glasgow, Rabbi Matondo gelang erst in der Nachspielzeit das 3:3 für die Rangers, man kann sich das Rambazamba vorstellen.

Nicht ganz so torreich, aber bei Gott nicht liebevoller ging das Derby della Capitale in Rom über die Bühne. Ginaluca Mancini färbte mit seinem Goldtor zum 1:0 für die Roma die italienische Hauptstadt vorerst rot. Außerordentlich Absurdes gab es vom Supercup aus der Türkei zu vermelden: Die Spieler von Fenerbahce, das nur mit der U19-Elf angetreten war, verließen beim Stand von 0:1 gegen Galatasaray nach nur einer Minute das Spielfeld. Der Klub hatte die zeitliche Ansetzung der Partie, vier Tage vor dem Viertelfinalhinspiel bei Olympiakos Piräus in der Conference League, kritisiert und eine Verschiebung gefordert. Ursprünglich hätte das Match im Dezember in Saudi-Arabien stattfinden sollen, war aber aus Protest beider Vereine gegen die Organisation in Riad abgesagt worden.

Einen haben wir noch, denn in Bilbao wird endlich nicht mehr geflucht: Nach zuvor sechs verlorenen Endspielen in Folge gewann Athletic Bilbao das Finale der Copa del Rey gegen RCD Mallorca mit 4:2 im Elfmeterschießen. 50.000 Fans waren im Estadio de La Cartuja von Sevilla, für Bilbao war es der erste Titel seit 40 Jahren.

Es lag also an Österreichs höchster Spielklasse, etwas Zunder und Emotion aus diesem abgefahrenen Wochenende zu nehmen. Gesagt, getan: Fünf von sechs Partien endeten Remis, nur Sturm setzte sich mit 1:0 gegen den LASK durch. Sonst wär's aber auch zu viel gewesen. (Andreas Hagenauer, 8.4.2024)