Die meisten finden das Design von Volvos Kleinstem gelungen, mit 4,23 Meter Länge ist er kompakter als ein VW Golf.
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Bringen wir das Reich-der-Mitte-Thema gleich hinter uns, weil das inzwischen für reichlich viele Menschen ein Kaufhinderungsargument ist: Ja, der EX30 stammt aus China, und ja, er steht (wie auch Smart #1 und #3) auf einer von Konzernmutter Geely stammenden Plattform, ja, die Batterien kommen ebenfalls aus China, und sollte das den Volvo wieder ins Spiel bringen: Ab April 2025 wird der EX30 zusätzlich im Volvo-Werk im belgischen Gent gebaut.

Der andere Punkt zum titelgebenden Reich der Mitte: Bedienkonzept. Falls Sie das Handschuhfach suchen: vorhanden, aber nicht am vermuteten Ort, sondern in Fahrzeugmitte direkt unterm zentralen Tablet – und auch nur dort über Tippen auf das dortige Runterkippsymbol zu öffnen.

Ablagen zentral durchdacht

Sie wollen Alltagskram in den Türfächern verstauen? Geht schon einmal recht gut. Noch besser durchdacht ist die Angelegenheit in der Mitte. Die Lade mit den Becherhaltern ist ein- und ausfahrbar. Das Smartphone parkt man zum Induktivladen vorne unterm Handschuhfach. Dahinter die nächsten Verstaumöglichkeiten, aufklapp-, also vergrößerbar.

Innen herrscht kompromissloser Minimalismus, die Geschwindigkeitsanzeige ist auf dem Tablet links oben abzulesen.
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Und wenn Sie einen Tacho in Sichtachse suchen: Fehlanzeige (ebenso wie ein HUD) – das Tempo wird auf dem Tablet links oben eingeblendet, gewöhnungsbedürftig, wie auch die vor der zentralen Armauflage positionierten Fensteröffner. Verinnerlicht man aber rasch, so wie die in ein einziges Bedienelement zusammengefasste elektrische Sitzeinstellung.

Beim Testfahrzeug handelte es sich um einen EX30 Single Motor Extended Range, Top-Ausstattungslinie Ultra, was sich auch im Preis von rund 50.000 Euro niederschlägt. Jaja, die E-Mobilität gibt es nicht geschenkt, obendrein ist Volvo kein Billiganbieter.

Minimalismus à la Tesla

Garagen sind oft ein Ort der Kommunikation, in einem Kommunikationsunternehmen wie dem STANDARD erst recht, und so treffe ich da A., der gerade mit seinem Tesla Model 3 einparkt. "Sieht super aus", ist sein erster Kommentar (zum Volvo) – ich bitte ihn zum Probesitzen und -fahren, hier seine Impressionen: "Für mich ist dieser Volvo das erste Auto, das den von Tesla beim Model 3 eingeführten Minimalismus gelungen aufgegriffen hat. Das schwedische Design überzeugt ebenso wie die kosteneinsparenden Lösungen wie die Fensterheber in der Mittelkonsole; das ist auch durchaus praktisch."

Durchdachtes, flexibles Verstaukonzept. Beispiel: Die Becherhalter sind in Längsrichtung verstellbar, bis zum völligen Verschwinden. Unten vorne die Induktivladestelle fürs Smartphone, und die Fensterheber sind eine Etage darüber angebracht.
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Gerade bei Software und Elektronik ist ein Tesla-Fahrer hohe Standards gewohnt, da erntet der EX30 nicht nur Pluspunkte, "aufgefallen ist mir das bei der Auf- und Zusperrautomatik, aber auch die Lenkradheizung ist bei jedem Neustart einzustellen".

Jetzt muss man wissen: Volvo-Österreich-Sprecherin Karin Stalzer hatte sich extra die Mühe angetan, den EX30 nochmals zum Software-Update abzuholen, der Wagen war ohne übergeben worden. Davor funktionierte der Schlüsselannäherungssensor problemlos, ich wurde also stutzig, warum plötzlich nicht.

318 bis 904 Liter Kofferraum – nicht üppig, aber dem kompakten Fahrzeug angemessen. Die Rückbank ist 1:2 umlegbar.
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Es war gerade die chinesische Botschafterin zum Interview im Hause, drei Autos weiter parkte dessen Chauffeur in der Garage, also dachte ich erst, vielleicht hat der einen Störsender aktiviert. War nicht der Fall, sondern schlicht eine Softwarefinte.

Was er zum Antriebskapitel sage, will ich von A. noch wissen. "Das Auto geht super. Die schwächere Motorisierung (200 kW, die Allradversion hat 315 kW, Anm.) ist völlig ausreichend." Und der Preis? "Für einen Wagen dieser Größe, der ja für die Stadt wirklich optimal ist, ist er dann doch etwas teuer."

Völlig neu interpretiert beim EX30 ist die Volvo-typische Heckleuchtengrafik.
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Was mir selbst noch aufgefallen ist: Der Testwagen riecht ein wenig streng. Mag auch daran liegen, dass ökologisch vorbildlich viele Rezyklate verbaut sind, es lebe die Kreislaufwirtschaft.

Hinten kriegt Mann die Zehen kaum unter den Vordersitz, Frau tut sich leichter. Im Fahrkapitel wäre noch auf die kommode Fahrwerksabstimmung hinzuweisen, in Kurven macht sich der tiefe Schwerpunkt positiv bemerkbar. Der EX30 fährt sich lustig mit hohen Komfortreserven, sehr entspannt die Gewaltentrennung: vorne lenken, hinten antreiben.

Die maximale Ladeleistung beim Single Motor Extended Range Ultra liegt bei 175 kW.
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Rekuperationsstufen gibt es genau zwei, wiederum am mittigen Schirm anwählbar: (fast) Einpedal- und (fast) Segelbetrieb. Sie müssen aber, anders als der (in jedem Fahrzeug) idiotische Tempopiepser und der gnadenlose Spurhalter, nicht bei jedem Start neu akti- oder deaktiviert werden, merkt sich also den einmal kundgetanen Wunsch.

Bei der größeren Batterie setzt der Volvo auf NMC, sprich Nickel, Mangan und Kobalt, die Nettokapazität von 64 kWh sollte einen nach WLTP bis zu 475 Kilometer weit bringen, die schrumpfen aber wie überall bei E-Autos bei häufiger Autobahnausfahrt mit dort üblichem Tempo rasch dahin – für den Testzeitraum hatte der Bordcomputer 24 kWh / 100 km ermittelt. Die Schnellladung mit maximal 175 kW füllt die Batterie in 26 Minuten zu 80 Prozent, wir setzten hauptsächlich auf batterieschonende 11 kW in der Garage.

Sie suchen konkrete schwedische Spezifika? Bitte schön, die Flagge im Sitz. Made in China.
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Wenn Sie abgesehen vom Design konkrete Hinweise auf Schweden suchen, werden Sie sich über die blau-gelben Fähnchen an den Sitzen freuen, und was die Wartezeit betrifft, so beträgt die bei Neubestellung derzeit rund vier Monate, verrät Karin Stalzer. Und: Bei den heuer 1.500 hereinkommenden EX30 würden drei Viertel aller Kunden und Kundinnen auf Heckantrieb setzen, der Rest: Allrad. Lässiger Neuzugang jedenfalls, der EX30 – der Ende Oktober vom großen EX90 arrondiert wird. (Andreas Stockinger, 8.4.2024)