Frau sitzt in Liegestuhl udn liest ein Buch
Endlich wieder in der Sonne sitzen und genießen: Das warme Wetter fühlt sich richtig gut an. Aber die abrupten Temperaturwechsel finden einige auch ziemlich belastend.
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Fast 30 Grad Celsius am vergangenen Wochenende, Mitte der Woche gab es Sturm und nicht einmal halb so viel Grad, kommendes Wochenende bewegen wir uns schon wieder in Richtung 30er-Marke – das Aprilwetter spielt derzeit einige Stückeln. Allerdings schickt es keine Polarluft, sondern Saharastaub und heiße Strömungen. Die Menschen sind dabei in zwei Lager geteilt – und die Trennlinie verläuft teilweise auch quer durch die einzelnen Personen hindurch: Die eine Hälfte genießt nach dem Winter die Wärme und die wieder längeren Tage. Die andere Hälfte stöhnt unter den abrupten Temperaturwechseln.

Tatsächlich sind die nicht so ohne und können den Kreislauf ganz schön belasten. "Die aktuellen Wetterschwankungen sind mit rund 15 Grad enorm", sagt Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Med-Uni Wien. Was es besonders belastend macht: Die Schwankungen sind sehr abrupt, dazu kommen Föhnwetterlage, Pollenflug und Saharastaub – und alles interagiert miteinander.

Üblicherweise herrschen im April Temperaturen um die 15 Grad Celsius, jetzt gibt es hochsommerliche Ausreißer, und ganz generell ist es tendenziell ein paar Grad zu warm. Das Problem für den menschlichen Kreislauf dabei: "Die Phase der Akklimatisierung, die Übergangszeit, fehlt. Wir kennen eher einen fließenden Übergang, es wird, mit kleinen Ausreißern, langsam wärmer. Die jetzigen schlagartigen Wetteränderungen belasten manche wirklich stark", weiß Hutter.

Fühligkeit versus Empfindlichkeit

Der Experte unterscheidet dabei zwischen Wetterfühligkeit und Wetterempfindlichkeit: "Das sind zwei grundlegend unterschiedliche Dinge." Wetterfühlig kann jeder Mensch sein: Man spürt Wetterumschwünge, ohne dass es einen klaren Grund dafür gibt. Ändern sich Luftdruck, Strahlungsintensität oder Luftfeuchtigkeit sehr rasch, beeinflusst das die Leistungsfähigkeit. Man kann Kopfscherzen, Migräne oder Kreislaufprobleme bekommen, schläft womöglich schlecht. "Alte Narben" und andere alte Verletzungen wie Frakturen melden sich. Hutter betont: "Nicht wenige Menschen spüren das. Warum, das ist nicht ausreichend geklärt. Bekannt ist, dass immer Bündel von Klimafaktoren, speziell Luftdruckschwankungen, eine Rolle spielen. Klar ist jedenfalls, dass das nichts mit einer Krankheit zu tun hat."

Anstrengend kann es trotzdem sein. Noch anstrengender ist aber die Wetterempfindlichkeit, die vor allem Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen betrifft: Herz-Kreislauf-Erkrankungen etwa wie Bluthochdruck, Atemwegsprobleme wie COPD oder Asthma und auch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes. "Das Herz-Kreislauf-System muss sich bei einem so plötzlichen Wechsel rasch umstellen. Wegen der Vorerkrankungen haben diese Menschen aber oft eine geringere Fähigkeit, das auszugleichen. Stellen Sie sich vor, Sie haben durch Ihre geringe Lungenleistung aufgrund von Asthma oder COPD schon bei normaler Witterung Probleme mit der Atmung, um durch den Tag zu kommen. Und dann kommen noch die plötzlich sehr hohen Temperaturen und die Pollenbelastung dazu", sagt Hutter.

Sport hilft

Weil vor allem das Herz-Kreislauf-System auf Wetterwechsel reagiert, kann man auch etwas tun, damit man das besser verträgt: Sport wirkt. "Der Gesundheitszustand allgemein und speziell die individuelle Fitness wirken sich hier unmittelbar aus", betont Hutter. Wobei im Anlassfall intensiver Sport eher nicht die Lösung ist, "man sollte sich regelmäßig und während des ganzen Jahres bewegen. Das ist in Österreich leider bei rund der Hälfte der Bevölkerung nicht der Fall." Dazu empfiehlt der Umweltmediziner – nicht überraschend – ausgeglichene Ernährung und auch eine gute Schlafhygiene: "Die ständige Beschäftigung mit dem Smartphone und die oft zwanghafte Präsenz in den sozialen Medien direkt vorm Einschlafen, bis einem die Augen zufallen, beeinträchtigt erholsamen Schlaf."

Ein weiterer Tipp von Hutter: Wechselduschen. "Die kann man das ganze Jahr über machen, sie kosten nichts und sind ein super Training für das Herz-Kreislauf-System. Einfach am Ende jeder Dusche Arme und Beine kalt abduschen. Macht man das regelmäßig, kann man es sich ohne schon bald nicht mehr vorstellen." Sauna und Kneippen helfen natürlich auch – und können enorm entspannend sein –, aber "ich finde es schon immer gut, wenn man nach dem simplen und günstigen greift, das man jederzeit zur Hand hat".

Und man sollte natürlich auch Rücksicht nehmen auf die individuelle Empfindlichkeit: "Spürt man den Wetterwechsel, ist man einfach nicht so leistungsfähig wie gewöhnlich, das sollte man in der Arbeit, beim Sport und auch sonst berücksichtigen."

Zwei Seiten einer Medaille

Man soll das warme Wetter aber ruhig auch genießen, wenn es einen nicht schlapp macht, betont Hutter – auch wenn einen diese Hitzephase im April mit Blick auf den Klimawandel absolut zu Recht bedenklich stimmt: "Aber das sind eben zwei Seiten der Medaille. Natürlich ist die Entwicklung jenseits von Gut und Böse. Aber dennoch kann man sich auch jetzt gerade über die ersten Sommertage freuen. Ständig an Krisen denken ist wohl auch keine Lösung."

Immerhin tut die warme Luft nach dem Winter wirklich gut, der Serotoninspiegel steigt, es ist für viele ein lustvolles, angenehmes, entspannendes Gefühl, wenn man sich die Sonne ins Gesicht scheinen lassen kann. Und es gibt ja auch genügend Menschen, denen diese Wetterwechsel gar nichts anhaben – im Gegenteil, sie kommen erst bei 25 Grad Celsius auf Betriebstemperatur.

Hutter findet es wichtig, dass man die Balance hält: "Man kann doch die warmen Temperaturen genießen, aber trotzdem etwas für den Klimaschutz tun. So ein ambivalentes Denken sollten die allermeisten definitiv hinbekommen." (Pia Kruckenhauser, 11.4.2024)