In den letzten Tagen wurde in Österreich so viel enthüllt wie schon lange nicht. Ob die diesem Land Einwohnenden so viel auf einmal schadlos vertragen können, muss sich erst noch herausstellen. Da wären zunächst einmal die Spione, und man glaubt gar nicht, wo die überall spionieren.

So enthüllte "Österreich" ein geheimes Mateschitz-Testament, das zuvor die "Bunte" enthüllt hatte. Danach ist Mark Mateschitz Alleinerbe des Red-Bull-Vermögens, aber: Freundin abgesichert. Im Zusammenhang mit dieser Übertragung weilt auch ein Spion in Fuschl. Ein nicht näher genanntes thailändisches Mitglied der Besitzerfamilie Yoovidhya war sogar in der Konzernzentrale in Fuschl am See als "Spion" unterwegs und studierte genauestens jede einzelne Abteilung. Die Lage ist ernst im Reich der Dose. Die große Befürchtung: Um Steuern zu sparen könnten die Thais das ganze Red-Bull-Hauptquartier aus Österreich abziehen. Der Machtkampf läuft gerade auf Hochtouren.

Mark Mateschitz, Victoria Swarovski und Anita Gerhardter 2023 in Spielberg.
Spione überall, auch bei Red Bull: Mark Mateschitz, Victoria Swarovski und Anita Gerhardter 2023 in Spielberg.
APA Georg Hochmuth

ORF-Gehälter und "Fit mit Philipp"

Dagegen nehmen sich die Spionageversuche der Russen harmlos aus. Was sollen die schon herausfinden, wenn sie dabei auf die Freiheitlichen angewiesen sind. Mehrere Politikerinnen der Regierungsparteien haben der FPÖ zuletzt Verrat vorgehalten. Laut der "Presse" vom Wochenende warf Sigrid Maurer, Klubchefin der Grünen, der FPÖ vor, dass Kickl Österreich zu einem "Satellitenstaat" Russlands machen wolle. Die Russland-Flanke der FPÖ soll so, quasi mit geballter Kraft, endgültig einreißen. Aber wenn die Thais die Safterl-Flanke Österreichs einreißen wollen, kümmert das die Grünen nicht im Geringsten.

Zu einer gewissen Aufregung hat auch die Enthüllung im ORF gezahlter Gehälter geführt. Der Generaldirektor persönlich rückte in allen möglichen Blättern aus, um die Quellen der Empörung so gut wie möglich abzudichten, freilich unter der Prämisse, dass es mit besagten Bezügen durchaus seine Ordnung habe. Den Lesern des "Kurier" bot er als Entschädigung den Ethikkodex, der Nebenbeschäftigungen zunächst als etwas Unethisches voraussetzt. Dieser Ethikkodex ist in seiner Konsequenz tatsächlich neu, oder anders gesagt, wir haben nun eine Netiquette mit klaren Spielregeln. Vereinfacht gesagt lautet die Vorgabe: Tu nur das, was du auch auf Sendung tust. Das hätte Turner Jelinek wissen sollen, ehe er sein Trainingsobjekt Strache um Vermittlung bat. Tröstlich vom "Generaldirektor weder auf Ab- noch auf Anruf" war auch der Beitrag: Ich halte guten Journalismus für ganz, ganz relevant für die Demokratie in unserem Land.

Ein ganz, ganz großer Optimist

In der "Kronen Zeitung", wo er ebenfalls auftrat, wurde er etwas holprig gefragt: Sind Sie wehleidige Gagenkaiser im ORF? Eine Anmutung, die er glänzend parierte. Also Neid kenne ich tatsächlich nicht. Ich bin da eher vom angelsächsischen Schlag und stehe zu meinem Gehalt. Er sieht sich als Vorreiter in einer neuen Offenlegungswelle sozusagen. Und ich nehme an, dass auch weitere Unternehmen nachziehen oder von der Politik aufgefordert werden, nachzuziehen. Ein ganz, ganz großer Optimist.

Der geheimnisvolle Max

Den vielen Rätseln, mit denen uns die Welt der Spionage konfrontiert – um noch einmal auf dieses Thema zurückzukommen –, fügte "Der Standard" Mittwoch ein neues hinzu. Da wurde eine ganze Seite über Hochgeheime Marsalek-Chats zu Spionageoperationen in Wien berichtet, nur die möglicherweise wichtigste Person beließ man im Dunkeln. Sie tauchte an genau zwei Stellen der Story auf, im ersten und im letzten Absatz. So begann es. Der Handlanger namens Max soll bei der angegebenen Adresse läuten und sich als Bote des Paketdienstes DHL ausgeben. Dann soll er ein gefälschtes Dokument eines Apple Repair Service vorzeigen, ein Paket entgegennehmen – und rasch wieder verschwinden.

Das tat er auch wie gemeldet, um bis zum letzten Absatz wieder zu verschwinden. Und neben den gestohlenen Smartphones soll Max im Juni 2022 für Marsalek auch ein Stück Heimat besorgen: Er bestellt sich über den Spion Roussev zwei Sachertorten, die man doch auch nach Moskau bringen solle.

Viele Leser werden sich wohl gefragt haben, wer ist dieser geheimnisvolle Handlanger Max? Nirgendwo sonst konnte er ausfindig gemacht werden, und doch ist er eine Schlüsselfigur, der mit einem gefälschten Dokument ein Paket entgegennimmt, um rasch zu verschwinden, dann aber wieder auftaucht, um für Marsalek nicht weniger zu besorgen als ein Stück Heimat. Wieso schickt er einen Spion vor, um zwei Sachertorten zu bestellen, wo man in Wien doch Sachertorten auch ohne Geheimdienstmarke bekommt. Wer ist er? (Günter Traxler, 14.4.2024)