Johannes Anzengruber (Ja – Jetzt Innsbruck) tritt in der Stichwahl gegen Bürgermeister Georg Willi (Grüne) an.
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Es war eine Art "Geheimtipp" in so mancher Wahlwette – aber mit dem offiziellen Ergebnis am Sonntagabend doch eine einigermaßen große Überraschung in Innsbruck: In die Stichwahl um den neuen Bürgermeister der Tiroler Hauptstadt am 28. April ziehen der amtierende Stadtchef Georg Willi von den Grünen und Johannes Anzengruber ein.

Video: Innsbruck-Wahl: Willi und Anzengruber in Stichwahl.
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Anzengruber war bis Ende des Vorjahres Vizebürgermeister für die ÖVP, wurde dann aber aus der Partei ausgeschlossen. Er war bei der Bürgermeister- und Gemeinderatswahl am Sonntag mit einer eigenen Liste angetreten.

FPÖ-Kandidat Markus Lassenberger verpasste die Stichwahl, er kam auf Platz drei.
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FPÖ-Kandidat Markus Lassenberger, der in manchen Umfragen noch auf Platz eins gesehen worden war, schaffte es dagegen nur auf Platz drei – und damit nicht in die Stichwahl.

FPÖ ganz knapp vor der SPÖ

Willi kam mit 22,9 Prozent der Stimmen vergleichsweise knapp vor seinem Herausforderer Anzengruber (19,4 Prozent) auf Platz eins. Überraschend deutlich abgeschlagen lag dagegen der Freiheitliche Lassenberger auf dem dritten Platz. Er erreichte 15,9 Prozent und damit nur knapp mehr als die viertplatzierte SPÖ-Kandidatin Elisabeth Mayr mit 15,2 Prozent.

SPÖ-Kandidatin Elisabeth Mayr konnte zulegen, blieb aber knapp hinter der FPÖ.
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Eine schwere Niederlage setzte es unterdessen für den ÖVP-Kandidaten Florian Tursky, der in der Bürgermeister-Direktwahl auf nur 10,4 Prozent kam. Der ehemalige Digitalisierungsstaatssekretär war von der ÖVP als Spitzenkandidat aufgestellt worden – statt Anzengruber, dem früheren Vizebürgermeister auf ÖVP-Ticket. Am Montag gab der "das Neue Innsbruck"-Spitzenkandidat eine Wahlempfehlung für Anzengruber ab.

Florian Tursky war der offizielle ÖVP-Kandidat, er war von Wien nach Innsbruck gewechselt – und musste dort eine herbe Niederlage einstecken.
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Für Turskys Kandidatur fusionierte die ÖVP sogar wieder mit der seit Jahrzehnten abtrünnigen bürgerlichen Liste "Für Innsbruck" unter Ex-Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer. Auch der Seniorenbund und einige Ex-Grüne schlossen sich dem neuen konservativen Bündnis an, das sich fortan "Das neue Innsbruck" nannte. Selbst eine Materialschlacht mit hohem Wahlkampfbudget konnte der De-facto-ÖVP-Liste kein besseres Ergebnis retten.

Grüne Mobilisierung

Willi dürfte unterdessen auch vom vermuteten Zweikampf mit FPÖ-Kandidat Lassenberger profitiert haben. Die Erwartung eines solchen Duells hatten die Grünen mit einer von ihnen veröffentlichten Umfrage, die Lasssenberger auf Platz eins vor Willi sah, selbst vorangetrieben. Einen blauen Bürgermeister für Innsbruck zu verhindern dürfte jedenfalls viele Grün-Wähler an die Urnen getrieben und auch Teile des bürgerlichen Lagers mobilisiert haben.

Die Stichwahl gegen Anzengruber ist für den grünen Amtsinhaber allerdings alles andere als eine sichere Bank. Willis Amtszeit war von wechselseitigen Intrigen, Streits, Skandalen und Blockaden im Gemeinderat geprägt. Die Reputation des Bürgermeisters ist daher schwer angekratzt, weshalb nicht wenige Beobachter bei der Stichwahl Anzengruber in der Favoritenrolle sehen.

"Das Rennen wird noch hart", sagte Willi am Morgen nach der Wahl im Ö1-Morgenjournal. Er werde "alles tun, um Bürgermeister zu bleiben". Sein Ziel sei es, eine "Fortschrittskoalition" zu bilden, die "die großen Themen für die Zukunft angeht in einem sehr konstruktiven Umfeld". Was für ihn spreche? Er punkte mit der Erfahrung der letzten sechs Jahren, damit, dass er in jener Zeit "Krisenfestigkeit" gezeigt habe und große Projekte weitergebracht habe wie die Schaffung von 4000 leistbaren Wohnungen oder die gesicherte Wasserversorgung, zählte Willi auf.

KPÖ neu im Gemeinderat

Auch bei der Gemeinderatswahl gab es die eine oder andere Überraschung. Nicht weniger als 13 Listen waren im politisch notorisch zerstrittenen Innsbruck angetreten. Acht von ihnen schafften es aufgrund der erstmals geltenden Vierprozenthürde auch in den neuen Gemeinderat.

Unter den kleineren der angetretenen Listen und Parteien gelang vor allem einer ein recht deutlicher Einzug ins Innsbrucker "Stadtparlament": Die KPÖ unter Spitzenkandidatin Pia Tomedi kam – wohl auch mit frischem Rückenwind aus Salzburg – auf 6,7 Prozent.

Auch die einst vom ÖVP-Abtrünnigen Fritz Dinkhauser gegründete Liste Fritz schaffte es mit Spitzenkandidatin Andrea Haselwanter-Schneider auf 5,5 Prozent – und damit klar in den Gemeinderat; ebenso wie die Alternative Liste unter Mesut Onay mit 4,8 Prozent.

Relativ knapp nichts mit dem Einzug ins Stadtparlament wurde es dagegen für die Neos unter Julia Seidl und die Liste Gerald Depaoli (beide rund 3,5 Prozent). (Martin Tschiderer, Antonia Wagner, 14.4.2024)