Die gemeinnützigen Bauvereinigungen haben im Jahr 2023 in Österreich rund 14.900 Wohneinheiten fertiggestellt, das waren um knapp elf Prozent weniger als 2022 (16.700). Noch stärker ist der Anteil an gefördert errichteten Wohneinheiten gesunken, er lag 2023 bei den Gemeinnützigen nur noch bei 67 Prozent der Fertigstellungen. Der Rest wurde also freifinanziert, ohne Zuhilfenahme von Wohnbaufördermitteln, errichtet. 2022 waren noch 80 Prozent aller neuen Wohneinheiten gefördert, 2013 sogar noch 92 Prozent.

Ende Februar präsentierte die Regierung ein Wohnbaupaket, das den Wohnbau in Österreich ankurbeln soll.
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Doch hohe Grundstücks-, Bau- und Finanzierungskosten sorgen dafür, dass die Gemeinnützigen die engen Vorgaben der Wohnbaufördersysteme der Länder bezüglich Miet- und Kostenobergrenzen "auch unter Ausschöpfung von Verhandlungs- und Planungsspielräumen in der Projektentwicklung" immer seltener einhalten können, sagte Klaus Baringer, Obmann des Verbands Gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV), am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Wien. Außerdem steht in den Wohnbaufördertöpfen der Bundesländer immer weniger Geld zur Verfügung. Baringer und sein Stellvertreter Herwig Pernsteiner appellierten deshalb einmal mehr an die Politik, die Rahmenbedingungen für den gemeinnützigen Wohnbau zu verbessern.

Kennzahlen zeigen nach unten

Es gebe "dringenden Handlungsbedarf", denn sämtliche Kennzahlen – nicht nur die Fertigstellungen, sondern auch die Baubewilligungen und die Förderzusicherungen – würden "nach unten zeigen", sagte Baringer. Für heuer erwartet man im Verband einen Rückgang auf 14.100 fertiggestellte Wohneinheiten, ab 2025 dürfte es dann "in Richtung 10.000 oder 11.000 Einheiten gehen". Und zwar trotz des Wohnbaupakets der Regierung, in dem diese eine zusätzliche Milliarde Euro für den geförderten Wohnbau lockermachte.

Zusätzliches Geld, das die Branche im Dezember per offenen Brief an die Politik gefordert hatte. Anfang des Jahres wurde dann das "Wohnbaupaket" präsentiert. Von der Wohnbaumilliarde sollen 220 Millionen Euro in die Sanierung fließen, 780 Millionen in den Neubau. Dieses Geld werde nun gerade "in die regulären Wohnbaufördersysteme der Länder eingespielt", das sei durchaus herausfordernd, und es wäre "gut gewesen, wenn der Bund vorher mit den Ländern gesprochen hätte", sagte Baringer. Bis sich das Geld in Fertigstellungen umsetzen lässt, wird es also noch länger dauern. Aber grundsätzlich hält es die GBV-Verbandsspitze naturgemäß für einen "richtigen Ansatz", für den geförderten Wohnbau mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Vor wenigen Jahrzehnten habe man noch 1,4 Prozent des BIP zur Verfügung gehabt, nun sind es nur noch 0,4 Prozent. Die Forderung der Gemeinnützigen beläuft sich auf 1,0 Prozent.

Forderungspapier für künftige Regierung

Die Zahl wird sich wohl auch in einem Forderungspaket an die künftige Bundesregierung wiederfinden, das der Verband gerade ausarbeitet. Nicht alleine, sondern im Rahmen einer "Plattform Wohnbau", an der unter anderem auch die gewerbliche Wohnungswirtschaft beteiligt sein wird. Eine ähnliche Plattform gab es vor rund zehn Jahren schon einmal.

Grundsätzlich fordern die Gemeinnützigen, dass die Zweckbindung der Wohnbauförderung wieder eingeführt wird. Das ist nun bei der Wohnbaumilliarde des Bundes geschehen, weil der Bund bei diesem einmaligen Zweckzuschuss diese Vorgabe noch machen kann. Den "normalen" Wohnbauförderbeitrag heben allerdings die Bundesländer ein, und sie entscheiden deshalb auch, wofür das Geld verwendet wird. Sehr häufig landet es nicht im Wohnbau; es gibt hier ein Delta von rund 850 Millionen Euro im Jahr.

Gefordert sieht Baringer jedenfalls beide Ebenen: "Es ist einerseits dringend erforderlich, dass der Bund weitere Mittel zur Verfügung stellt." Andererseits sollten auch die Länder das Geld - die gesamten Wohnbaufördermittel - zweckgebunden verwenden.

Sanierungen legten wieder zu

An der Baukostenfront gibt es eine leichte Entspannung, berichtete Pernsteiner. Konkret gebe es bei den Baukosten (Material, Personal) derzeit eine Seitwärtsbewegung. Bei den für Bauträger viel relevanteren Baupreisen (das sind die Preise, die bauausführende Unternehmen Bauherren verrechnen) gibt die Statistik Austria erst in den kommenden Tagen ein Update, Pernsteiner rechnet aber mit einem Rückgang. "Dadurch werden die Margen für die bauausführenden Unternehmen wieder kleiner."

Bei den thermischen Sanierungen geht im gemeinnützigen Sektor nach wie vor viel weiter, 7300 Wohneinheiten wurden im Vorjahr saniert. Das war ein leichtes Plus gegenüber dem Jahr zuvor. Aktuell würden die Bestände aus den späten 1980er- und den 1990er-Jahren in die Sanierungsphase kommen, sagte Pernsteiner, "andererseits gelangen ältere Gebäude bereits in den zweiten Sanierungszyklus". Bei weiteren knapp 6000 Wohneinheiten wurde das Heizsystem umgestellt.

Hoffen auf Wohnrechtsnovelle

Um die hohe Gangart bei der Dekarbonisierung halten zu können, brauche es aber zusätzliche Förderungen, sagte Baringer. Denn in den 220 Millionen Euro für die Sanierung aus der Wohnbaumilliarde sieht man nur einen kleinen Ausgleich für die vielen Hundert Millionen, die den Gemeinnützigen aufgrund des 3. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetzes (MILG) fehlen. Mit dem 3. MILG griff die Regierung bekanntlich im Vorjahr in die Mieten ein, allerdings nicht in die freien, sondern nur in die ohnehin schon gedeckelten – im privaten Altbau und bei den Gemeinnützigen. Letztere konnten deshalb ihre Grundmieten bei ausfinanzierten Wohnungen nicht in der Höhe der Inflation der vergangenen beiden Jahre (circa 17 Prozent) anheben, sondern nur um fünf Prozent.

Und wichtig seien außerdem wohnrechtliche Maßnahmen. "Es fehlt ein Bundesgesetz, das die Durchsetzung des Heizungstausches ermöglicht", sagte Baringer. "Es fehlt aber auch eine rechtliche Klärung, welche Kostenanteile von wem getragen werden." Die Bundesregierung arbeitet, wie berichtet, an einem Wohnrechtspaket, ob sich das vor der Nationalratswahl im Herbst noch ausgeht, ist aber fraglich.

Acht Unternehmen im neuen Revisionsverband

182 gemeinnützige Bauvereinigungen gibt es in Österreich, allerdings sind nur noch 174 davon Mitglied im GBV-Revisionsverband. Wie berichtet, gibt es seit kurzem einen zweiten Revisionsverband für gemeinnützige Wohnbauträger, er nennt sich Bundesrevisionsverband und wurde von Michael Valentin gegründet.

Zu diesem Verband sind mittlerweile acht gemeinnützige Wohnbauträger gewechselt, wie sowohl Valentin als auch Baringer übereinstimmend bekanntgaben. Laut Baringer handelt es sich dabei um Unternehmen, die zusammen rund 10.000 Wohneinheiten verwalten. Und der Obmann des "alten" GBV-Verbands, der viele Jahrzehnte lang der einzige Revisionsverband für gemeinnützige Wohnbauträger war, äußerte am Dienstag einmal mehr Skepsis bezüglich der Prüfungsqualität des neuen Verbands. Denn unter den Unternehmen, die gewechselt sind, befinden sich gleich mehrere, die zuletzt in den vom GBV-Revisionsverband jährlich beauftragten Prüfberichten gerügt wurden. Hier seien nun die Aufsichtsbehörden in den Ländern gefordert. Ganz grundsätzlich würde Baringer außerdem Klarstellungen im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) sehr begrüßen, was die Qualitätsanforderungen für Revisionsverbände betrifft.

Man werde im GBV-Revisionsverband jedenfalls weiterhin die Interessen aller Gemeinnützigen vertreten und auch für diese sprechen, sagte Baringer. Mitte Juni findet in Tulln der Verbandstag der Gemeinnützigen statt, neben allerlei aktuellen Fragen, die die Branche beschäftigen, will man sich dort auch mit dem Thema Künstliche Intelligenz auseinandersetzen.

Der neue Bundesrevisionsverband werde schon Anfang Juni seinen Verbandstag abhalten, teilte Valentin dem STANDARD mit. "Im Sinne unserer Mitglieder werden wir dieses Zusammenkommen vor allem als fachliche Fortbildungs- und Schulungsveranstaltung nutzen." (Martin Putschögl, 16.4.2024)