Wiener Konzerthaus Heinz Ferlesch
Heinz Ferlesch mit Ensemble.
Julia Wesely

Oft wird bereits nach ein paar Minuten klar, wie gut oder wie übel es wird. Und im Wiener Konzerthaus ist bereits in der Ouvertüre zu vernehmen, was sich im Laufe des Oratoriums bestätigen sollte. Da ist delikat sanftes Instrumentalspiel, das in kontrapunktische Ausgelassenheit mündet und in voller Klarheit zum prunkvollen Jubilieren übergeht. "Paulus" von Felix Mendelssohn Bartholdy bietet in seiner ausdrucksmäßig weit ausholenden Vielschichtigkeit den Interpreten und Interpretinnen - unter der Leitung von Heinz Ferlesch - natürlich noch erheblich mehr an Möglichkeiten, ihre Kompetenz zu demontieren.

Sanftmütige Klangintimität

In eleganter Ausgewogenheit wird die Wiener Singakademie vom Symphonieorchester Vorarlberg getragen und sie zeigt die ganze Ausdrucksvielfalt, welche in diesem Meisterwerk ruht. Da ist zorniges Aufbegehren wie auch sanftmütige Klangintimität zu vernehmen. Unter der konzisen und emphatischen Leitung von Ferlesch tragen auch die Solisten und Solistinnen die Energie des Werkes weiter und heben die Emotionen in den Rang des gleichsam persönlich Erlebten.

Kantable Intensität

Patricia Nolz klingt klar und robust. Mit ihrer das Vibrato bewusst dosierender Stilistik transportiert sie Charaktervolles. Souveräne Leistung. Florian Boesch bringt seine kantable Intensität geschmackvoll zur Entfaltung. Tenor Benjamin Bruns versprüht mit edlem Timbre Zorn wie Sanftheit, es berückt die edle Qualität der Stimme. Vera-Lotte Boecker punktet schließlich mit schlankem Sopran in Bereichen dramatischer Emphase.

Es ist eine tiefsinnige Angelegenheit geworden. Ferlesch hat die Dramaturgie gut im Griff. Die Innenspannung des Oratoriums wird durchwegs gehalten, die Wechsel zwischen intimen Bekenntnissen und extrovertierter kollektiver Emotion sorgen für Kontraste. Dennoch: Auch im Extremen bleibt alles kultivierter Klang und ausbalancierte Botschaft. (Ljubiša Tošić,16.4.2024)