Welches Unternehmen wird wohl als Nächstes etwas Ähnliches wie das iPhone erfinden, das nicht nur für den Erzeuger Apple zur Goldgrube wurde, sondern auch im Alltag der Menschen Einzug gehalten hat? Oder aber etwas wie ChatGPT, mit dem der Entwickler OpenAI den derzeitigen KI-Boom losgetreten hat? Zumindest aber etwas der Abnehmspritze Wegovy Vergleichbares, mit der die dänische Novo Nordisk zeitweise zum wertvollsten Börsenkonzern Europas aufgestiegen ist? Die Antwort: höchstwahrscheinlich ein Unternehmen, das viel in Forschung und Entwicklung investiert. Deshalb hat sich die Beratungsgesellschaft EY angesehen, welche 500 Konzerne weltweit am meisten Geld dafür lockermachen.

Eine Forscherin untersucht Pflanzenproben unter einem Mikroskop.
Bei der Forschung ziehen die USA Europa und Asien derzeit davon.
APA/GEORG HOCHMUTH

Es zeigt sich: Die USA sind derzeit der Hotspot in Sachen Forschung. Nicht nur, dass 169 der 500 forschungsintensivsten Unternehmen, das entspricht ziemlich genau einem Drittel, dort ihren Sitz haben, sie haben auch im Vorjahr trotz wirtschaftlichen Gegenwinds mit 13 Prozent Zuwachs ihre Forschungsetats am stärksten aufgestockt. "US-Unternehmen sind hier ganz klar die Klassenbesten, trotz eines nur leichten Umsatzwachstums und eines Gewinnrückgangs", sagt Gunther Reimoser, der als Managing Partner EY Österreich leitet. Insgesamt haben sie 10,2 Prozent ihrer Umsätze in das Ausloten neuer Technologien gesteckt.

Reimoser weist aber auch auf die Folgen hin: Die Schere zu Europa und Asien geht bei Forschung und Entwicklung immer weiter auf. Europa ist mit 139 Konzernen unter den Top 500 vertreten, deren Forschungsbudgets im Mittel aber nur 6,6 Prozent der Erlöse beträgt. Asien ist zwar immer noch mit 180 vertreten, aber wie in Europa sinkt der Anteil tendenziell, allerdings werden durchschnittlich nur 5,3 Prozent der Umsätze in Forschung und Entwicklung investiert – also bloß etwas mehr als die Hälfte dessen, was die die US-Konkurrenz in zukunftsträchtige Ideen pumpt.

Digitalkonzerne führend

Reimoser weist darauf hin, "dass jene Unternehmen, die überdurchschnittlich stark investieren, besonders erfolgreich sind". Sieben Unternehmen in den weltweiten Top Ten der Forschungskaiser haben in den USA ihren Sitz, sechs von ihnen sind Digitalkonzerne. Am meisten hat im Vorjahr Amazon investiert, gefolgt von der Google-Mutter Alphabet und dem Facebook-Konzern Meta. Aus Europa sind mit dem deutschen Autobauer Volkswagen und dem Schweizer Pharmakonzern Roche zwei Unternehmen in dieser Gruppe vertreten. Österreich geht freilich leer aus, mit Voestalpine und Andritz zählen aber zwei heimische Unternehmen zu den Top 500.

"Ohne Investition in Innovation heute kein Geschäftserfolg morgen – jetzt zu sparen wäre der völlig falsche Weg", erklärt Reimoser. Gerade angesichts der hohen Steuersätze in Österreich und Deutschland müssten neue Wege gefunden werden, um die Innovationskraft unserer Betriebe zu fördern, ergänzt der EY-Experte mit Blick auf schnellere Abschreibungsmöglichkeiten, ein "Ausdünnen des Regulierungsdschungels" oder Bürokratieabbau. "Dieses Potenzial darf kein Unternehmen auf der Straße liegen lassen – sonst kann es rasch heißen: Anschluss an den Mitbewerb verloren", gibt Reimoser zu bedenken. (Alexander Hahn, 18.4.2024)