In der malerischen Gegend des Turnersees, früherSablatnigsee, steht das ehemalige Hönck-Heim.
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Der kleine Saal im Veranstaltungszentrum K3 unweit des Turnersees im südlichen Kärnten war am Montagabend rappelvoll. Mehr als 130 Interessierte und Anrainer des Sees lauschten gebannt dem Historiker Christian Klösch, der auf Einladung einer Bürgerinitiative über die frühe NS-Zeit am Turnersee referierte.

Mit Zitaten von Zeitzeuginnen und Zeitdokumenten machte Klösch einmal mehr klar, was schon seit langem bekannt ist: Der SS-Mann und Turnlehrer Karl Hönck vom Wolfsberger Turnverein, einem frühen Sammelbecken für NSDAP-Mitglieder in Kärnten, hatte den einstigen Sablatnigsee mit seinem Verein Kärntner Grenzland (VKG) 1932 erworben, um dort Jugendliche und die damals mehrheitlich slowenischsprachige Gegend deutschnational "umzuformen".

Dass der See seither Turnersee heißt und der Besitzer des Sees, der VKG, dort bis heute ein Jugendlager mit dem Namen Karl-Hönck-Heim betreibt, sorgt immer wieder für Unmut und Debatten – insbesondere in der autochthonen Minderheit der Kärntner Sloweninnen.

Aufarbeitung der Vereinsgeschichte

DER STANDARD berichtete im Vorjahr darüber. Auf damalige Nachfrage beim VKG räumte dieser erstmals öffentlich seine Bereitschaft ein, die eigene Geschichte aufzuarbeiten. Man habe den Prozess bereits gestartet, hieß es damals.

Seither blieb es jedoch still um den See – bis zum Vortrag im K3, zu dem die Initiative Sablatnigsee / Zablaško jezero zur Bewusstseinsbildung eingeladen hatte. Denn unerwarteterweise ergriff der am See noch vielen unbekannte aktuelle Obmann des VKG, Klaus Kinzer, das Wort: "Der Verein hat nach langwierigen Debatten den Beschluss gefasst, das Heim umzubenennen", ließ Kinzer nach dem Vortrag den durchaus erstaunten Saal wissen – um in einem ersten Anlauf die Wogen in dem Streit zu glätten.

Ein beim Kärntner Landesarchiv in Auftrag gegebenes vorläufiges Gutachten, für das der STANDARD-Bericht den endgültigen Anstoß geliefert habe, hätte den Verein erkennen lassen, dass der Name Höncks aus heutiger Sicht nicht mehr tragbar sei. Der neue Name des Heims sei noch offen, ebenso die Frage, inwieweit man das endgültige Gutachten veröffentlichen werde. Das Ziel sei jedenfalls eine Umbenennung noch in diesem Jahr und ein verbesserter Dialog mit den Bewohnern vor Ort, gab sich Kinzer angesichts der für viele Anrainer durchaus emotionalen Thematik versöhnlich.

Das Karl Hönck-Heim am Turnersee.
Das Karl-Hönck-Heim am Turnersee wird umbenannt.
STANDARD/Mory

Debatten um den See

Doch obwohl die angekündigte Umbenennung des Heims und das Dialogangebot quer durch den Saal und auch vonseiten der Bürgerinitiative rund um die Lokalpolitikerin und Kärntner Slowenin Sonja Kert-Wakounig auf anerkennende Zustimmung stieß, gab es weiteren Diskussionsbedarf. Denn die Frage, ob der Verein denn auch eine Umbenennung des Sees in Betracht ziehe, beantwortete Kinzer mit "vorerst nicht".

Die Absage wurde zwar von einigen anwesenden Anrainern des Sees, sowohl zweisprachigen als auch nicht, begrüßt. Sie halten Forderungen nach einer Umbenennung des Sees für "überzogen" und potenziell tourismusgefährdend. Doch ihnen widersprachen wiederum etliche Anwesende, die klar für eine kulturelle Wiederaneignung sind. "Was gestohlen wurde, muss zurückgegeben werden", sagte ein älterer Herr, der unweit des Sees aufwuchs.

Klaus Kinzer, der Obmann des VKG.
Vereinsobmann Klaus Kinzer kündigt die Umbenennung des Heims an.
Novice/Rustia

Viele der vor 1950 Geborenen im Saal erinnern sich nach eigenen Angaben noch daran, dass der See in der slowenischen Mundart einst einen anderen Namen hatte, auch wenn es hiervon mehrere Versionen gibt. Mehrmals wurde im Publikum auf die Notwendigkeit solcher Debatten in Kärnten gepocht: Andernfalls hieße der Dobratsch heute lediglich Villacher Alpe und die Wertatscha heute Deutscher Berg, was einem kulturellen und sprachlichem Verlust gleichkäme, hieß es.

Versöhnungsprozess

Ob denn im Heim immerhin heute auch slowenischsprachige Gruppen einen Platz für Veranstaltungen und Sommerlager hätten, wollte man von Kinzer wissen: Das habe es bisher noch nicht gegeben, räumte dieser ein. Doch im Mai werde erstmals ein Kurs für slowenische Volkstänze von einem Lehrer aus Ljubljana angeboten, so Kinzer, der sich zuversichtlich zeigte, dass nun der Versöhnungsprozess ins Rollen gebracht worden sei.

Sonja Kert-Wakounig von der Initiative Sablatnigsee / Zablaško jezero.
Sonja Kert-Wakounig von der Initiative Sablatnigsee / Zablaško jezero.
Novice/Rustia

Vorwürfe, wonach das Heim immer noch von Turnergruppen aus Wien und Niederösterreich für Zusammenkünfte einschlägiger deutschnationaler Gesinnung im Sommer gemietet werden könne, wie manche Anrainer nach Angaben der Bürgerinitiative in den Vorjahren beobachtet hätten, wies Kinzer mit Verweis auf einen neuen Verhaltenskodex zurück. (Flora Mory, 24.4.2024)