Eine junge Frau steht frontal vor einer Bürogemeinschaft
Haben verschiedene Generationen ganz andere Ansprüche an die Arbeit? Fehlanzeige.
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Wie können wir unsere Gehaltssysteme so bauen, dass wir für Junge attraktiv sind? Mit Antworten auf diese Frage macht Alfred Berger, Vergütungsexperte bei den Beratern von Kienbaum in Wien, sein Geschäft.

"Falsche Frage" könnte man nach Durchsicht seiner aktuellen repräsentativen Studie (Wieso performe ich? Werte und Leistungsanreize im Generationenvergleich, über 300 Befragte) unter allen Generationen am Arbeitsmarkt sagen. Denn das Ergebnis fasst Berger so zusammen: "Die Fremdwahrnehmung zwischen den Generationen ist stark von Stereotypen geprägt, während die tatsächlichen Werte und Einstellungen zur Arbeit bemerkenswert kohärent sind."

Guter Job

Die Frage lautet also eigentlich: Wie kann ich meine Unternehmenskultur so bauen, dass sie für alle Beschäftigten attraktiv ist? Gehalt ist dabei ein Baustein. Überdurchschnittliche Bezahlung ist demnach für alle nicht nur eine Belohnung, sondern eine klare Botschaft der Wertschätzung, ein Top-Motivator quer durch die Generationen. Universeller Schlüssel der Motivation, sagt diese Studie, sind flexible Arbeitszeiten (die Ermöglichung einer weitgehend individuellen Einteilung der Arbeit) für alle Generationen, von der Generation Z (geboren zwischen 1995 und 2010) bis zu den demnächst in Pension gehenden Babyboomern.

Dabei geht es der Gen Z gar nicht zuallererst um die Vier-Tage-Woche, sie rangiert bei dieser Altersgruppe auf Platz drei der Motivatoren. Umgekehrt ist eine "negative Unternehmenskultur", eine unangenehme und konfliktreiche Arbeitsatmosphäre der Top-Demotivator für alle Generationen. Eine positive Unternehmenskultur jedoch Fundament für Zufriedenheit der Mitarbeitenden. "Die vier Generationen am Arbeitsmarkt sind in ihren Kernwerten und Motivationen viel ähnlicher als oft angenommen. Auch signifikante Unterschiede in Geschlecht, Bildung oder Position bleiben aus", kommentiert Alfred Berger die Studienergebnisse.

Gute Nachricht

Das ist doch eine gute Nachricht für das Zusammenarbeiten in der Organisation, oder? Das ist doch eigentlich eine gute Nachricht für Führung, die meint, es mit "den Jungen" speziell so schwer zu haben? "Ja, diese Einsichten eröffnen neue Wege für eine vereinte, inklusive Arbeitskultur", antwortet der Gehaltsexperte. Soziokulturelles Milieu, Lebensphasen, Lebenskontexte, Lebenserfahrungen – nebst vielen Einflussfaktoren auf die Einstellung zur Arbeit habe natürlich jede Generation einzigartige Erfahrungen, unterliege unterschiedlichen Einflüssen. Dennoch: Für 86 Prozent steht demnach das Prinzip "arbeiten, um zu leben" im Vordergrund. Zentralen Stellenwert hat die "persönliche finanzielle Sicherheit". Danach folgen das Streben nach der sogenannten Work-Life-Balance und die Suche nach Sinnhaftigkeit in der beruflichen Tätigkeit. Weiters wirkt auf alle Menschen, egal welchen Generationenkohorten sie auch zugeordnet werden, besonders demotivierend, wenn intern die Anerkennung für erbrachte Leistungen fehlt, wenn Menschen "nicht gesehen" werden.

Gute Tipps

Was bedeutet das für Führung? "Führung ist generationsunabhängig", so Berger. Er sieht dafür eine Mischung aus transaktionaler Führung (Zielvereinbarungen, Belohnung und Bestrafung, Kontrolle) sowie transformationaler Führung (inspirierende Motivation, intellektuelle Stimulierung, individuelle Berücksichtigung) als Stilmix der Wahl. Dafür fand er in dieser Untersuchung jeweils über 90 Prozent Zustimmung. Direktive Führungsstile, also "command and control", stoßen mittlerweile auf breite Ablehnung durch die Generationen, das Bedürfnis nach Autonomie und Mitsprache am Arbeitsplatz wachse. Ethische Führung dagegen finde bei 88 Prozent Zustimmung durch alle Generationen, werden Integrität, Fairness und soziale Verantwortung betont, dann treffe Führung auf die Bedürfnisse der Belegschaften.

"Mitarbeitende mehr in Entscheidungsprozesse einbinden und ihre Autonomie fördern", rät Berger als Managing Director bei Kienbaum in Wien. Ein situativer Führungsstil, anpassungsfähig und bestückt aus anderen Führungsstilen, orientiert an den Kompetenzen der Mitarbeitenden, sei besonders effektiv über die Generationen hinweg, weil er jeweils situativ und individuell auf Menschen eingehe, sagt Berger, das Potenzial nutze und eine inklusive Arbeitsumgebung schaffe. Denn es werde in Organisationen immer schwieriger, individuelles Sinnstreben mit dem "Purpose" des Unternehmens zu verbinden.

Und konkret zum Gehalt: Berger plädiert für Benefits, die zum Wertekanon, zum Weltbild, zu den Bedürfnissen passen. "Warum nicht freie Tage für den Dienst bei der freiwilligen Feuerwehr?", nennt er ein Beispiel für die Möglichkeiten. Und: Ein Bonus müsse individuell passen, das Gefühl vermitteln, "dass er mich weiterbringt". (Karin Bauer, 7.5.2024)