Eine Hand tippt auf einem Smartphone.
Auf Meta und seine sozialen Netzwerke Instagram, Threads, Facebook und Whatsapp kommen neue rechtliche Probleme zu.
IMAGO/Jonathan Raa

Die Welt, der Spiegel, Heute und auch DER STANDARD – sie alle stellen ihre User vor die Wahl: Wer das Onlineangebot nutzen will, muss entweder für das journalistische Produkt bezahlen oder der Verarbeitung seiner Daten zu Werbezwecken zustimmen. Dieses "Pay or Okay"-Modell hat sich in den vergangenen Jahren vor allem im Medienbereich etabliert und hilft dabei, Journalismus zu finanzieren. Zuletzt sprangen aber auch Onlineriesen wie Meta (Instagram) auf den Zug auf.

Datenschützer sehen das Modell zunehmend kritisch – und halten es in bestimmten Fällen sogar für datenschutzrechtlich unzulässig. Gegen Meta laufen mittlerweile mehrere Verfahren. Auch der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA), eine Versammlung nationaler Datenschutzbehörden, veröffentlichte kürzlich eine kritische Stellungnahme zum "Pay or Okay"-Modell bei großen Onlineplattformen.

Hintergrund sind zentrale Regeln des Datenschutzrechts: das Kopplungsverbot und das Prinzip der Freiwilligkeit. Onlineangebote dürfen grundsätzlich nicht davon abhängig gemacht werden, dass Menschen einer uferlosen Verwendung ihrer Daten zustimmen. User sollen frei entscheiden können, ob und zu welchen Zwecken sie ihre Daten zur Verfügung stellen. Wann diese "Freiwilligkeit" gegeben ist, dazu gibt es unter Juristinnen und Juristen allerdings unterschiedliche Standpunkte.

Freie Entscheidung?

Datenschützer sind der Auffassung, dass das "Pay or Okay"-Modell der Freiwilligkeit widerspricht. Das Argument: Wer Geld bezahlen muss, damit seine Daten nicht verwendet werden, werde praktisch dazu gedrängt, deren Verwertung für Werbezwecke zu akzeptieren. Die deutsche Verbraucherzentrale formulierte es im Fall von Meta jüngst so: Das Unternehmen habe es mit einem "abschreckend hohen Preis" gerade darauf angelegt, dass User der Nutzung ihrer Daten zustimmen.

Die betroffenen Websites und sozialen Netzwerke sehen das naturgemäß anders: Wer nicht wolle, dass seine Daten verwendet werden, der müsse das Onlineangebot nicht nutzen. Die erforderliche "Freiwilligkeit" der Zustimmung sei insofern sehr wohl gegeben. Oder, anders formuliert: Nutzern, die mit der Datenverarbeitung unzufrieden sind, steht es ja frei, zu bezahlen oder sonst eine Alternative zu suchen. Sprich: einen anderen Anbieter.

Voraussetzung dafür wäre freilich, dass es überhaupt eine Alternative gibt. Aus Sicht des Datenschutzausschusses steht das gerade im Bereich der sogenannten Very Large Online Platforms (VLOP) infrage. Meta und seine Netzwerke Facebook, Whatsapp und Instagram hätten eine derartige Marktmacht, dass Nutzer praktisch dazu gezwungen seien, sie zu verwenden, wenn sie mit Freunden, Familie oder beruflichen Kontakten in Verbindung bleiben wollen. Damit sei keine Freiwilligkeit mehr gegeben. Ein "Pay or Okay"-Modell sei deshalb bei großen sozialen Netzwerken – wenn überhaupt – nur unter Voraussetzungen erlaubt.

Spezialfall Medien

Laut der Stellungnahme des Datenschutzausschusses muss bei der Beurteilung der Zulässigkeit der "Pay or Okay"-Modelle einfließen, inwieweit User von einem Service abhängig sind. Die Stellungnahme deutet deshalb darauf hin, dass "Pay or Okay"-Modelle bei Medien – unter bestimmten Voraussetzungen – sehr wohl erlaubt sein können, sagt Axel Anderl, Datenschutzanwalt bei Dorda. "Es macht einen Unterschied, ob es um einen Global Player geht oder um ein nationales Medienunternehmen." Zudem gebe es im Medienbereich Alternativen für Konsumentinnen und Konsumenten, zum Beispiel die Angebote des ORF.

Ähnlich argumentierte der STANDARD in einem Verfahren vor der Datenschutzbehörde (DSB). In ihrer Entscheidung hielt sie das "Pay or Consent"-Modell unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig. So muss das Angebot etwa in beiden Varianten identisch sein, der Preis muss fair sein, und User müssen über unterschiedliche Datennutzungen einzeln entscheiden können.

Auch das österreichische Bundesverwaltungsgericht machte in einer Entscheidung über Cookie-Banner kürzlich deutlich, dass man zwischen einzelnen Medien und dominanten Playern wie Meta unterscheiden müsse. Die "freie Entscheidung" sei bei "quasi-monopolistischen" Plattformen viel stärker eingeschränkt. Lokale Publisher können die Bedingungen für den Zugriff auf ihre Inhalte dagegen stärker selbst definieren.

Ein endgültiges Urteil über "Pay or Okay"-Modelle steht noch aus – gut möglich, dass es erst vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg fällt. (Jakob Pflügl, 24.5.2024)