Die großen wechselseitigen Verfahren über Belästigungsvorwürfe gegen den Wiener Medienmanager Wolfgang Fellner sind inzwischen im Wesentlichen abgeschlossen. Kleinere Nachbeben folgen bis heute – nun in drei Entscheidungen des Oberlandesgerichts Wien gegen die Fellner-Mediengruppe in zweiter Instanz. Angestrengt haben sie die ehemalige Mitarbeiterin Katia Wagner, die Krone Multimedia (Krone.tv) und Krone-Herausgeber Christoph Dichand, alle drei vertritt Krone-Anwalt Michael Rami auch in diesen Rechtssachen.

"Oe24"-Entnahmebox
Harald Fidler

Das Oberlandesgericht schloss in allen drei Fällen ordentliche Revision aus, außerordentliche Revision ist noch möglich. DER STANDARD bat Wolfgang Fellner, Herausgeber in der Mediengruppe um die Marken Österreich und Oe24, und deren Anwalt Peter Zöchbauer um Stellungnahme, wir ergänzen sie bei Vorliegen.

Worum es geht

Ehemalige Mitarbeiterinnen der Fellner-Mediengruppe erhoben Vorwürfe wegen sexueller Belästigung gegen Herausgeber Wolfgang Fellner, der diese Vorwürfe bestreitet. Eine der Mitarbeiterinnen wurde fristlos entlassen. Wechselseitige Klagen folgen. In Fellner-Medien werden die ehemaligen Mitarbeiterinnen, ihr Anwalt Michael Rami, die Kronen Zeitung, für deren TV-Kanal zwei der ehemaligen Mitarbeiterinnen arbeiten, sowie Krone-Herausgeber Christoph Dichand angegriffen. Die wehrten sich gegen die Angriffe insbesondere auch auf dem Rechtsweg. Wolfgang Fellner wurde im Zuge dieser Verfahren laut Medienanwalt Michael Rami zweimal rechtskräftig strafrechtlich wegen übler Nachrede verurteilt.

Die drei aktuellen Entscheidungen beziehen sich insbesondere auf die Berichterstattung in Medien der Fellner-Gruppe. Die hier zugesprochenen Schadenersatzzahlungen erreichen doch deutlich fünfstellige Höhen. Im Überblick:

1. Katia Wagner vs. Fellner: "Persönlichkeitsverletztung spürbar ahnden"

Katia Wagner, eine der ehemaligen Mitarbeiterinnen, klagte die Fellner-Mediengruppe auf Schadenersatz, weil sie ihr in einem Artikel falsche Behauptungen über Wolfgang Fellner und eine Intrige vorgeworfen habe und unwahre Tatsachen über sie verbreitet habe, die ehrenbeleidigend und kreditschädigend seien. Das Handelsgericht Wien sprach Wagner 10.000 Euro zu, beide Seiten klagten, nun sprach ihr das Oberlandesgericht die geforderten 20.000 Euro plus Zinsen und Verfahrens- und Berufungskosten zu. Das Berufungsgerichts fand diese Summe angemessen, "um die Persönlichkeitsverletzung der Klägerin spürbar zu ahnden und die erlittene Kränkung auszugleichen".

2. Krone Multimedia vs. Fellner: "Behauptete die Beklagte nicht einmal"

Wegen desselben Artikels klagte auch die Krone Multimedia GesmbH und Co KG, in der Krone-Gruppe zuständig für krone.at und Krone TV auf ideellen Schadenersatz. Die Krone Multimedia argumentierte, Österreich/Oe24 würde ihr mit dem Artikel vorwerfen, sie habe bewusst und absichtlich falsche Behauptungen schwerwiegenden Inhalts verbreitet, das würde ihre Seriosität und journalistische Sorgfalt in Zweifel ziehen und das Unternehmen damit herabsetzen.

Das Handelsgericht Wien sah die Behauptungen im Artikel gerade noch durch die Meinungsfreiheit laut Menschenrechtskonvention gedeckt. Zudem könnten Unternehmen seit einer Novelle von 2022 – die Forderung wurde nachher erhoben – keinen Schadenersatz wegen Rufschädigung mehr geltend machen. Das Oberlandesgericht widersprach dem nun, die Rechtslage beim Anlassfall sei relevant, und erkannte 10.000 Euro zu.

Der Entscheidung des Oberlandesgerichts ist zu entnehmen, dass die Mediengruppe Österreich die Behauptungen aus dem Artikel im Verfahren inhaltlich nicht verteidigt habe: "Dass die Behauptung, die Klägerin beteilige sich bewusst an der Verbreitung unwahrer Vorwürfe rechtswidrigen Handelns gegen den Geschäftsführer der Beklagten, wahr sei, behauptete die Beklagte aber nicht einmal." Die erwähnte Klägerin ist die Krone Multimedia, die Beklagte die Mediengruppe Österreich.

Laut Oberlandesgericht wäre der Artikel der Fellner-Mediengruppe "nur gerechtfertigt, wenn sie beweisen würde, dass der gegen die Klägerin erhobene Vorwurf wahr ist; sie müsste also behaupten und beweisen, dass die Klägerin bewusst zur Verbreitung unwahrer Vorwürfe beitrug, die von den Moderatorinnen erhobenen Vorwürfe, Wolfgang Fellner habe sie sexuell belästigt, also unwahr seien und die Klägerin das gewusst habe."

3. Dichand vs. Fellner: "Bewusst Verdächtigung geschürt"

Recht gab das Oberlandesgericht Wien auch Krone-Herausgeber Christoph Dichand gegen die Fellner-Mediengruppe. Anlass diesmal: Mehrere Berichte anhand von Chats von Thomas Schmid über eine gemeinsame Reise 2019 mit Dichand nach Äthiopien. Österreich/Oe24 spekulierte in den Berichten, wer die Reisen bezahlt habe, weil eine Mitarbeiterin Schmids die Buchung organisierte und zunächst bezahlte. In mehreren Gegendarstellungen musste die Zeitung veröffentlichten, dass Dichand die Reisekosten selbst bezahlte.

Dichand klagte weiters auf Unterlassung und 20.000 Euro Schadenersatz. Das Handelsgericht Wien wies die Klage ab, für den Durchschnittsleser sei der Hinweis ausreichend, dass "geklärt werden muss, ob Dichand den Betrag rückerstattet hat und wie die Reise genau verbucht wurde".

Das Oberlandesgericht widerspricht: "Aus den Artikeln lässt sich im Gesamteindruck und -kontext für den Durchschnittsleser nicht differenzieren, dass eine Mitarbeiterin von MMag. Schmid die Flüge privat gebucht und privat bezahlt und der Kläger seine Flugkosten dieser Mitarbeiterin rückerstattet hat. Das Fehlen eines inhaltlichen Zusammenhangs zum Bundesministerium für Finanzen wird zu keinem Zeitpunkt aufgeklärt, und es wird eine entsprechende Distanz nicht erkennbar hergestellt. Es wird bewusst die Verdächtigung geschürt, dass es eine inkorrekte Nähe zwischen dem Kläger als Vertreter der Kronen Zeitung und politischen Vertretern / hochrangigen Mitarbeitern des BMF gebe und dabei private und berufliche Angelegenheiten nicht sauber getrennt gehalten würden." (fid, 22.5.2024)