Wolfgang Fellner und im Hintergrund Raphaela Scharf und ihr Anwalt Michael Rami.

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Wien – Fast vier Jahre nach ihrer fristlosen Entlassung finden auch die mitunter letzten Prozesse der Ex-TV-Moderatorin Raphaela Scharf gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber ein Ende. Anfang Februar hat das Oberlandesgericht Wien eine weitere Verurteilung wegen übler Nachrede gegen die Mediengruppe Österreich und die Oe24 GmbH bestätigt. Scharfs Entschädigung ist zudem auf insgesamt 24.000 Euro erhöht worden.

Scharf soll in ihrer Zeit bei Oe24.tv sexuell belästigt und begrapscht worden sein, ihr Ex-Chef Wolfgang Fellner bestreitet die Vorwürfe. Der Medienmanager holte sich im Laufe der Verfahren Schützenhilfe durch Berichterstattung in den eigenen Medien. Oder, wie es das Oberlandesgericht in seinem Urteil in anderen Worten festhielt: Es sei "gerichtsnotorisch", dass "im Zusammenhang mit solchen Vorwürfen mehrerer ehemaliger Angestellter gegen Fellner regelrechte Kampagnen in dessen Medien gefahren wurden".

Folgenschwere Umdeutung

Insgesamt klagte Scharf mithilfe ihres Anwalts Michael Rami fünf Artikel der Fellner-Medien, die teils wortident zwischen Ende Mai und Anfang Juni 2021 erschienen waren, DER STANDARD berichtete. In den Veröffentlichungen wurde Scharf attackiert: Sie würde Lügen verbreiten und missbrauche die MeToo-Bewegung. Als vermeintlichen Beweis für diese Behauptung wurden Zeugenaussagen angeführt, die im Gerichtsverfahren angegeben hatten, keine Berührung Fellners gesehen zu haben. Die Medien machten daraus: "Alle Zeugen für Fellner". Bereits das Gericht in erster Instanz sah darin eine nicht zulässige Umdeutung in einen "nicht herleitbaren Vorwurf".

Die Entschädigungssumme erhöhte das Oberlandesgericht von 11.500 Euro auf insgesamt 24.000 Euro. Dies sei vor allem auf die erhöhten Entschädigungssummen im Hass-im-Netz-Paket zurückzuführen. Bis zum kommenden Freitag muss das Urteil in den betroffenen Medien veröffentlicht werden. DER STANDARD bat Wolfgang Fellner und seine Medien um Stellungnahme zum Urteil. In einer Antwort kündigte deren Anwalt als außerordentliches Rechtsmittel einen Erneuerungsantrag beim Obersten Gerichtshof (OGH) an. Sollten die Fellner-Medien diesen Schritt tatsächlich ergreifen, wäre die Entschädigung trotzdem zu bezahlen und das Urteil zu veröffentlichen.

Vergleich mit Fellner

Scharf konnte bereits mehrere Erfolge gegen Fellner und seine Medien vor Gericht verbuchen. So wurde Fellner persönlich strafrechtlich wegen übler Nachrede verurteilt, weil er ihre Vorwürfe als "frei erfunden" bezeichnete. Im arbeitsrechtlichen Prozess hat sich Scharf auf einen Vergleich eingelassen und dafür 65.000 Euro Schadenersatz erhalten.

Die Ex-TV-Moderatorin Scharf ist eine von mehreren Frauen, die sich in den vergangenen Jahren an die Öffentlichkeit wagten und Fellner sexuelle Belästigung vorwarfen. Zuletzt, im Dezember des vergangenen Jahres, äußerte sich die Ex-Moderatorin Nora Kahn. (Laurin Lorenz, 13.2.2022)