Linz – Tempo 80/100? Das war in Österreich noch nie richtig populär, nur 13 Prozent geben dem Vorschlag die Schulnote "Sehr gut", weitere elf Prozent einen Zweier. Das zeigt die aktuelle Market-Umfrage für den STANDARD – und die Zahlen bei diesem Thema sind seit Jahren praktisch unverändert. Allerdings zeigt der Vergleich mit einer Umfrage aus dem Honeymoon der türkis-grünen Regierung, dass eine engagierte Klimapolitik damals deutlich mehr Zustimmung bekommen hätte als heute. Damals stimmte nur jeder zehnte Befragte völlig der Meinung zu, dass Klimawandel ein aufgebauschtes Thema wäre, inzwischen sind es 17 Prozent, also etwa jeder sechste Befragte.

Fleckige Skipiste
Gerade einmal 42 Prozent der Österreicherinnen bringen den Schneemangel auf Österreichs Skipisten mit dem Klimawandel in Verbindung.
IMAGO/Bernd Feil/M.i.S.

Dazu ließ der STANDARD die Grundsatzfrage stellen: "Was meinen Sie persönlich: Ist der Klimawandel vom Menschen verursacht und kann daher durch Maßnahmen beeinflusst werden, oder passiert der Klimawandel unabhängig von dem, was die Menschen dafür bzw. dagegen tun?"

In einer anderen Fragestellung wurde erhoben, ob Österreich mehr Geld für die Bekämpfung des Klimawandels ausgeben sollte: Dafür gab es im Februar 2020 eine relative Mehrheit von 50 Prozent, 40 Prozent waren damals dagegen. Mehr als vier Jahre später hat sich das Verhältnis umgedreht: Jetzt sagen nur noch 39 Prozent, man solle mehr Geld gegen den Klimawandel in die Hand nehmen – 48 Prozent sind dagegen (und 13 Prozent unentschieden). Selbst unter jenen, die den Klimawandel für menschlich beeinflussbar halten, ist jeder Dritte dagegen, dafür mehr Geld aufzuwenden.

David Pfarrhofer, Institutsleiter bei Market, erinnert daran, dass die Zusammenarbeit von ÖVP und Grünen unter Sebastian Kurz 2020 viele Vorschusslorbeeren bekommen hat: "Das war anfangs eine sehr populäre Regierung, was oft vergessen wird. 29 Prozent haben mehr oder weniger deutlich gesagt, dass Türkis-Grün den richtigen Weg aus der Klimakrise weist. Heute glauben daran vor allem noch einige der treuen ÖVP-Wähler, Wähler der Grünen und anderer Parteien kaum noch", sagt der Experte. "Damals hat auch mehr als die Hälfte der Befragten gemeint, dass Österreich beim Kampf gegen den Klimawandel eine Vorreiterrolle spielen sollte. Inzwischen ist die Regierung weniger populär und der Klimawandel nicht mehr so im Fokus: Damals haben noch 30 Prozent dem Wunsch nach einer Vorreiterrolle Österreichs ein 'Sehr gut' und weitere 25 Prozent ein 'Gut' gegeben. Jetzt lauten die Werte 13 plus 17 Prozent – es sind also nur drei von zehn Befragten für eine Vorreiterrolle Österreichs. Auf der anderen Seite sind 39 Prozent mehr oder weniger deutlich dagegen, vergeben also ein 'Genügend' oder 'Nicht genügend'."

Geschwundene Einsicht

Zum Teil dürfte auch die Einsicht in die Maßnahmen, die gegen den Klimawandel gesetzt werden könnten, geschwunden sein. Pfarrhofer macht das an den Durchschnittsnoten fest: "2020 hat man noch mehr von konkreten Lösungen statt von abstrakten Bedrohungen gehört – etwa vom Einsatz von Biomasse. Dass erneuerbare Energieträger wie Biomasse einen Beitrag leisten können, wurde damals mit der Note 2,42 bewertet, jetzt ist die Durchschnittsnote mit 2,69 schlechter. Und deutlich mehr Befragte haben zu diesem Thema gar keine Meinung mehr. Auch die Zustimmung zu Windrädern ist gesunken."

Dabei ist es nicht so, dass der österreichischen Bevölkerung der Klimawandel nicht auffiele: Jeder zwanzigste Befragte stimmt voll und ganz der Aussage zu, dass seiner Familie schon Nachteile verspürt hat, die Note zwei vergeben immerhin 13 Prozent. Noch klarer wird das Bild, wenn man die Befragten mit der Aussage konfrontiert, dass der Klimawandel wohl dafür verantwortlich ist, "dass in Österreichs Skigebieten zu wenig Schnee liegt" – dieser Aussage geben 21 Prozent einen Einser, ebenso viele einen Zweier.

Haus Überschwemmt
Im vergangenen August wurde die Steiermark nach heftigen Regenfällen von Überschwemmungen und Erdrutschen heimgesucht.
EPA/MAX SLOVENCIK

26 Prozent der Befragten sind vollständig davon überzeugt, dass auf Österreich durch den Klimawandel mehr Naturkatastrophen zukommen werden, weitere 22 Prozent gaben dieser Aussage die Schulnote zwei. Vor viereinhalb Jahren war die Erwartungshaltung (und damit auch die Bereitschaft, etwas zu unternehmen) noch stärker ausgeprägt, damals rechneten 33 Prozent fix mit mehr Naturkatastrophen, 32 Prozent gaben einen Zweier. Dieser Rückgang in der Einschätzung österreichischer Betroffenheit mag damit zusammenhängen, dass es in den vergangenen Jahren relativ wenige große Naturkatastrophen gegeben hat und dass deren Auswirkungen weit geringer waren als die Auswirkungen der Corona-Pandemie oder des Inflationsgeschehens infolge der Turbulenzen auf den Energiemärkten.

Sorge vor Belastungen

"Hier hat sich eine ganz starke Verschiebung ergeben: 2020 hat noch jeder Dritte Verständnis für steigende Kosten für Treibstoffe geäußert, wenn das der Bekämpfung des Klimawandels dienen würde – jetzt sagt das nur noch jeder Fünfte. Jetzt, wo man die Kostensteigerungen erlebt hat, ist deren Ablehnung besonders gestiegen; Klimawandel hin, Klimawandel her. Besonders deutlich ist die Ablehnung höherer Heizkosten, um dem Klimawandel durch marktwirtschaftliche Methoden entgegenzuwirken", sagt Pfarrhofer.

Deutlich zugenommen hat die Haltung, dass die Politik etwas gegen den Klimawandel tun soll, ohne die Bürger damit zu belasten, heißt es bei Market: "Dem können besonders FPÖ-Anhänger, die der Klimapolitik insgesamt besonders misstrauen, mehrheitlich zustimmen. Dieser Teil der Wählerschaft meint ja auch mehrheitlich, dass das Gerede über den Klimawandel einfach dazu dient, von wichtigeren Themen abzulenken."

In allen anderen Parteiwählerschaften wird das Thema zwar ernster genommen, eine Unterstützung für aktive Klimapolitik sieht aber anders aus. Die Aussage, dass der Klimawandel ohnehin nicht mehr aufzuhalten wäre, wird von 15 Prozent völlig und weiteren 18 Prozent überwiegend für wahr gehalten – nur neun Prozent lehnen sie entschieden, 17 Prozent überwiegend ab.

Eigene Inititative

Und dennoch: Es gibt einige wenige, die ihr Leben radikal zu ändern bereit sind, wenn das dem Klimawandel Einhalt gebieten würde – vier Prozent stützen diese Aussage (für 32 Prozent kommt das aber gar nicht infrage).

Es muss aber nicht ganz radikal sein. In einer weiteren Fragestellung ließ der STANDARD Maßnahmen abfragen, "die man als Privatperson rund um den Klimaschutz und in Energiefragen tätigen kann". Und da ergibt sich ein freundlicheres Bild: