Viele Eigenheimbesitzer haben sich zur Installation überdimensionierter PV-Anlagen überreden lassen in der Hoffnung auf eine gute Rückvergütung beim Einspeisen von Überschussstrom ins Netz. Das wird es zumindest in Oberösterreich nicht mehr spielen.
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Die Nachricht hat Erzeuger von Solarenergie in Oberösterreich, die überschüssigen Sonnenstrom in das Netz einspeisen, getroffen wie ein Faustschlag. Die Energie AG Oberösterreich, Vorreiterin bei der Einführung intelligenter Stromzähler in Österreich, ist mit einer Hauruckaktion nun auch im negativen Sinn Vorreiterin geworden. Sie hat 20.000 Kunden die Einspeiseverträge für Strom aus Photovoltaik (PV) gekündigt und Neuverträge zu deutlich schlechteren Konditionen ausgeschickt: Statt 15,73 Cent je Kilowattstunde (kWh) zahlt sie PV-Einspeisern rückwirkend für April nur mehr 3,12 Cent je KWh.

Vorreiterin deshalb, weil die Energie AG mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Nachahmer finden wird. Es geht sich schlicht nicht mehr aus, hohe Preise zu garantieren, wenn der am Markt erzielbare Preis zu gewissen Zeiten gegen null geht oder sogar darunter fällt. Weil andere Energieversorger, die ebenfalls viel PV unter Vertrag haben, sich in einer vergleichbaren Situation befinden, werden sie ähnlich reagieren und künftig deutlich weniger für eingespeisten Solarstrom zahlen wollen und auch zahlen können.

Paradoxe Erscheinung

Es ist paradox: PV gilt neben Windkraft, Wasserkraft und Biomasse als wichtigste Säule, wenn es um das Zurückdrängen klimaschädlicher fossiler Energien aus unserem Alltag geht. Je mehr aber Solarstrom auf Dächern, Feldern oder sonst wo erzeugt wird, desto öfter verliert diese wichtige, saubere und für die Energiewende unverzichtbare Stromquelle massiv an Wert.

Schon jetzt gibt es an sonnigen Tagen Stunden, wo man Geld bekommt, wenn man Strom verbraucht. Von negativen Preisen spricht man dann – weil es viel zu viel davon gibt, viel zu viel zur falschen Zeit. Die Absurdität geht noch weiter. Es häufen sich die Fälle, wo bei Donaukraftwerken das Wasser ungenutzt über die Wehre fließt, weil die Leitungen voll mit PV- oder Windstrom sind. Mehr würde die Leitungen zum Glühen bringen.

Falsche Ausrichtung

Bei PV kommt hinzu, dass viele Anlagen nach Süden ausgerichtet sind, das heißt, die Leistungsspitze wird um die Mittagszeit erreicht, wenn die Sonne am höchsten steht. Eine Ausrichtung der Module in Ost-West-Richtung hätte eine gleichmäßigere Stromproduktion über den Tag verteilt zur Folge. Eigenheimbesitzer wurden von Beratern darüber aber meist nicht in Kenntnis gesetzt; zudem haben Projektentwickler im Zweifel zu überdimensionierten Anlagen geraten. Je größer das Projekt, umso mehr schneiden sie mit.

Dass die mehrheitlich in öffentlicher Hand befindlichen Energieversorger keine große Freude mit den vielen Privaten haben, die sich dank günstig gewordener PV-Anlagen in immer größerer Zahl als Stromproduzenten gerieren, ist auch kein Geheimnis. Jede kWh Strom, die auf dem Dach eines Einfamilienhauses produziert wird, ist eine kWh weniger, die in Rechnung gestellt werden kann.

Das alles ist bitter für jene, die im Vertrauen auf gute Einspeisetarife ihre Anlagen größer als für den Eigenbedarf konzipiert und entsprechend mehr bezahlt haben. Viele, die nun von der Vertragskündigung betroffen sind, haben dennoch lange gut verdient. Wer noch keine leistungsfähige Batterie hat, sollte sich spätestens jetzt eine anschaffen. Denn mit einem stationären Speicher wird man von der Preispolitik der Energieunternehmen unabhängig. Förderungen gibt es noch dazu. (Günther Strobl, 22.5.2024)