Marine Le Pen hat keine Lust mehr auf die AfD.
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Es ist unbestreitbar, dass die europäischen Rechten im Aufwind sind und bei der Europawahl mit einem kleineren Triumph rechnen können. Zugleich bestätigt sich aber die alte Erkenntnis, dass selbige Rechte unfähig ist, etwas daraus zu machen.

Bereits vor dem Urnengang hat Marine Le Pen mit ihrer deutschen Schwesterpartei AfD gebrochen. Der opportunistischen Französin, die alles ihrem Ziel unterordnet, ins Élysée einzuziehen, ist die Partei von Alice Weidel und Maximilian Krah zu extrem, zu wenig salonfähig.

Mit Überzeugung oder Moral hat das nichts zu tun. Le Pen geht nach purem wahltaktischem Kalkül vor. Schließlich hat es ihr in den letzten fünf Jahren auch nie etwas ausgemacht, mit den deutschen Rechten in der Europafraktion "Identität und Demokratie" (ID) gemeinsame Sache zu machen.

Le Pens Intimfeind

Das Problem für Le Pen wird sich nach der Wahl stellen, wenn die Fraktionen im Europaparlament neu aufgestellt werden. In der ID will Le Pen mit der AfD nicht länger mitmachen, doch die weniger radikale Rechtsfraktion der "Europäischen Konservativen und Reformer" (EKR) steht ihr auch nicht offen, denn diese hat im Februar bereits Le Pens Intimfeind Éric Zemmour aufgenommen.

Zemmour und Le Pen in derselben Fraktion, das ist undenkbar. Die ambitiöse Rechtspopulistin aus Paris könnte deshalb nach der Europawahl plötzlich sehr isoliert dastehen. Einem Sieg bei der französischen Präsidentschaftswahl 2027 käme sie damit nicht näher. (Stefan Brändle, 22.5.2024)