Es handelt sich um ein Schwergewicht der Technologiebranche und Europas wertvollster Vertreter in diesem Bereich, dennoch ist das Unternehmen ASML vergleichsweise wenig bekannt. Es hat seinen Sitz in den Niederlanden und stellt fortschrittlichste Maschinen zur Erzeugung von Chips her – und wird damit zu einem relevanten Player im globalen Gezerre um Zukunftstechnologien. Konkret geht die Sorge um, dass das Wissen um die Fertigung modernster Chips in chinesische Hände fällt, denn Mikrochips sind wesentlich für fast alle wichtigen Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI).

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Der niederländische Technologiegigant ASML kann seine Maschinen zur Chiperzeugung bei Bedarf aus der Ferne deaktivieren.
AFP/ANP/ROB ENGELAAR

Daher kann ASML seine modernsten Gerätschaften bei Bedarf aus der Ferne deaktivieren, berichtet die Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Dies soll das Unternehmen niederländischen Beamten anlässlich einer Simulation zwecks Risikoeinschätzung eines Einmarschs Chinas in Taiwan versichert haben. Peking stellt zwar schon seit langem territoriale Ansprüche auf die Insel, hat aber Warnungen vor einer chinesischen Invasion Taiwans als unbegründet zurückgewiesen, eine solche allerdings auch nicht ausgeschlossen. Das Inselstaat östlich von China mit fast 24 Millionen Einwohnern ist eine Hochburg der Chiperzeugung.

Exporte untersagt

Etwa 90 Prozent der weltweit fortschrittlichsten Chips werden derzeit in Taiwan hergestellt, der dort ansässige Branchenriese TSMV produziert für Technologiekonzerne wie AMD, Apple, Huawei, Intel, Nvidia oder Qualcomm. Bereits im Jahr 2022 hatte TSMC-Chef Mark Liu angedeutet, dass die Infrastruktur seines Unternehmens im Fall eines chinesischen Einmarschs unbrauchbar gemacht werde. Aus Angst, dass die modernsten Technologien von ASML in chinesische Hände kommen, wurden dem Unternehmen Exporte in das Reich der Mitte auf Betreiben der USA untersagt. Bloomberg zufolge sollen etwa 15 Prozent der für heuer geplanten Ausfuhren an chinesische Abnehmer betroffen sein, die Lieferungen wurden storniert. Im ersten Quartal 2024 erzielte ASML aber immer noch fast die Hälfte des Gesamtumsatzes von 5,3 Milliarden Euro mit chinesischen Firmen oder chinesischen Werken ausländischer Chipproduzenten.

China bezieht die meisten Chips aus ihm nicht allzu wohlgesinnten Staaten wie Taiwan oder den USA, daher möchte das Land technologisch aufholen und die eigene Erzeugung stärken. Dabei verzeichnet die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt hinter den USA auch Fortschritte. Vergangenes Jahr hat der von westlichen Industrienationen misstrauisch beäugte chinesische Erzeuger Huawei ein neues Smartphone präsentiert, dessen Chips mit älteren ASML-Maschinen in Kombination mit Werkzeugen von zwei US-Zulieferern hergestellt wurden.

Nicht an Huawei

Im Vorjahr hat die US-Regierung schon etliche Exporte an Huawei untersagt, das betrifft auch US-Unternehmen, die den chinesischen Handy- und Laptop-Hersteller mit Chips versorgen. Schon 2019 wurde der chinesische Konzern mit Handelsbeschränkungen belegt. Begründet wurde dies mit der Befürchtung, man könnte Spionage gegen US-Bürger betreiben. Vorwürfe, die Huawei stets zurückgewiesen hat.

ASML ist mit einem Börsenwert von etwa 338 Milliarden Euro das wertvollste europäische Technologieunternehmen und der weltweit einzige Anbieter von Maschinen für die Produktion der neuesten Generation von Hochleistungschips. Zu den Abnehmern dieser pro Stück bis zu 350 Millionen Euro teuren Anlagen von der Größe eines Doppeldeckerbusses gehören alle namhaften westlichen Chiphersteller. Diese wollen wegen des steigenden Bedarfs ihre Produktionskapazitäten in den kommenden Jahren stark ausweiten, wovon sich ASML mittelfristig eine Verdoppelung des Geschäfts erwartet. (Alexander Hahn, 22.5.2024)