New York City geht seit dieser Woche aggressiver gegen die große Zahl an Migrantinnen und Migranten vor, die in städtischen Einrichtungen leben. Insgesamt 65.000 Menschen werden von der Stadt versorgt – die meisten von ihnen Familien mit Kindern. Alleinlebende Erwachsene haben künftig 30 Tage Zeit, um eine eigene Unterkunft zu finden und ihren Schlafplatz in einem Hotel, Zeltlager oder Schlafsaal zu räumen. Junge Erwachsene zwischen 18 und 23 Jahren erhalten eine Frist von 60 Tagen. So will Bürgermeister Eric Adams von den Demokraten Platz schaffen für die weiterhin in großen Zahlen ankommenden Migrantinnen und Migranten von der Südgrenze der USA.

"Ich weiß nicht, wann die Krise vorbei sein wird", sagte die stellvertretende Bürgermeisterin Anne Williams-Isom, die für das Thema Migration zuständig ist, laut New York Times: "Wir versuchen die Menschen aus dem System zu entlassen, damit wir etwas Stabilität erhalten und dann etwas Nachhaltigeres schaffen können." Details zu den Zukunftsplänen der Stadt ließ Williams-Isom nicht wissen.

Menschen stehen in einer Schlange vor einer Unterkunft in New York.
Nach 30 bis 60 Tagen müssen Migrantinnen und Migranten aus den Unterkünften – oder gute Gründe für eine Fristverlängerung anführen.
AP/Andres Kudacki

Mögliche Fristverlängerung

In einem ersten Schritt waren 250 Menschen von der angedrohten Räumung betroffen – insgesamt soll es aber alle 15.000 Erwachsene in städtischer Betreuung treffen. Will man länger bleiben, kann um eine weitere 30-tägige Frist angesucht werden. Dazu müssen aber "mildernde Umstände" angeführt oder "signifikante Fortschritte" bei der Wohnungssuche vorgelegt werden.

Solche Umstände können sein, dass bereits ein Mietvertrag unterschrieben wurde und ein Umzug innerhalb von 30 Tagen ansteht. Oder es findet in den kommenden 30 Tagen ein schwerwiegender medizinischer Eingriff statt oder die Person muss sich nach einer Operation erholen. Junge Erwachsene, die bei einer Highschool angemeldet sind, dürfen ebenfalls in städtischer Versorgung bleiben.

Die meisten Menschen, die diese Woche um eine Fristverlängerung angesucht haben, durften weitere 30 Tage bleiben.

Bürgermeister Eric Adams
New Yorks Bürgermeister Eric Adams (Demokraten) will die städtischen Unterkünfte leeren.
AP/Eduardo Verdugo

Mehr Obdachlose befürchtet

Bis dato fußte das Vorgehen der Stadt auf einem Dekret aus dem Jahr 1981 – dem sogenannten "Recht auf Unterbringung". Zwei Jahre davor hatte ein Gericht einem Obdachlosen Recht gegeben, dass die Stadt jedem ein Dach über dem Kopf geben muss, der darum bittet. New York City wurde die einzige Stadt in den USA mit solch einer Regelung. Seit Anfang 2022 kamen fast 200.000 Migrantinnen und Migranten in die Metropole und brachten das Unterbringungssystem New Yorks an seine Grenzen. Ursprünglich wollte Bürgermeister Adams die Regelung vollkommen abschaffen, doch stieß er auf heftigen Widerstand von Hilfsorganisationen. Mitte März änderte die Stadtregierung schließlich die Regelung ab – was von einem Richter abgesegnet wurde – und führte unter anderem ins Treffen, dass die ursprüngliche Unterbringungsvereinbarung von keiner so großen Zahl an Migranten ausgegangen war.

Kritikerinnen und Kritiker fürchten nun, dass zahlreiche Betroffene auf den Straßen der Stadt landen. 30 Tage seien zu wenig, um nach Ankunft in einem neuen Land eine Beschäftigung und Unterkunft zu finden, so der Tenor. "Es heißt, dass es unmenschlich sei, die Menschen während der Wintermonate zu entlassen, nun heißt es, dass auch während der Sommermonate unmenschlich sei", sagte Bürgermeister Adams laut dem TV-Sender Fox 5 New York in einer Reaktion: "Aber es ist immer unmenschlich, wenn man 198.000 Menschen nicht versorgen kann." Aus seinem Büro heißt es, dass man die Betroffenen nicht allein lasse, sie mit Informationen versorge und an die richtigen Stelle weitervermittle – auch in andere Städte.

Denver zahlt Wohungen

Einen vollkommen anderen Weg schlägt die Stadt Denver ein, wo Migrantinnen und Migranten nun unter anderem sechs Monate in Wohnungen leben dürfen und währenddessen Ausbildungen erhalten, wenn sie noch nicht arbeiten dürfen. Zusätzlich erhalten die Menschen Nahrungsmittel, einen Computer, ein Mobiltelefon und Bustickets. Gemeinsam mit Hilfsorganisationen ermöglicht die Stadtverwaltung den Betroffenen, dass sie Englisch, IT-Grundlagen und Finanzwissen lernen. Migrantinnen und Migranten werden gleichzeitig gezielt in Mangelberufen ausgebildet – für den Bau, im Gesundheitswesen oder frühkindliche Bildung.

Damit will Denver die erzwungene Wartezeit der Menschen auf eine Arbeitserlaubnis nutzen, um sie für den Jobmarkt auszubilden. Denn laut bundesstaatlichem Gesetz dürfen Asylsuchende erst sechs Monate nach ihrem Asylantrag auch arbeiten. (Bianca Blei, 23.5.2024)