Elon Musk bei der Präsentation des Operationsroboters von Neuralink.
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Es kann zweifelsohne als Erfolg gewertet werden, auch wenn der Nachgeschmack sehr bitter ist, denn das Implantat des ersten Neuralink-Patienten hat sich weiter abgelöst. Nun befürchtet der 29-jährige Noland Arbaugh, dass er seine neu gewonnenen Fähigkeiten wieder verlieren wird.

Problem mit dem ersten Chip

In einem Interview mit dem Wall Street Journal berichtet Arbaugh nun, dass sich die flexiblen Fäden des Implantats in seinem Gehirn bereits zu 85 Prozent abgelöst hätten. Der Grund dürfte aber nicht wie ursprünglich angenommen ein durch die Operation verursachter Lufteinschluss im Schädel von Arbaugh sein. Tatsächlich scheint sich das Gehirn des ersten Neuralink-Patienten stärker zu bewegen, als das Neuralink-Team vorhergesagt hatte. Im Interview spricht Arbaugh von dreimal stärkeren Bewegungen als angenommen.

Insgesamt verfügt das Implantat über 64 Fäden, die dünner als ein menschliches Haar sind. An jedem dieser Fäden befinden sich mehrere Elektroden, die Bewegungssignale des Gehirns erkennen und für den Computer übersetzen. Insgesamt befinden sich 1024 derartige Elektroden in Arbaughs Gehirn. Implantiert wurden die Fäden durch einen Operationsroboter.

Bei dem Implantat handelt es sich um ein sogenanntes Brain-Computer-Interface, also eine Gehirn-Computer-Schnittstelle. Dieses ist mit dem motorischen Kortex des Patienten verbunden. Bislang funktioniert das Implantat aber noch, denn Neuralink konnte die Ausfälle mit einem Softwareupdate kompensieren.

Ausfälle wurden kompensiert

Der 29-jährige Texaner leidet seit einem Tauchunfall an Tetraplegie, einer Form der Querschnittslähmung, die alle vier Extremitäten betrifft. Mit dem Neuralink-Implantat war es dem Mann möglich, mit Computerunterstützung Schach zu spielen. Außerdem konnte Arbaugh einen Maus-Cursor kontrollieren und so etwa Civilization 6 auf seinem Computer spielen. Die ersten Ausfälle machten sich bemerkbar, weil die Bewegung des Maus-Cursors plötzlich nicht mehr wie gewohnt funktionierte. Arbaugh ging zuerst von einem fehlerhaften Softwareupdate aus. Neuralink räumte später ein, dass es Probleme mit dem Implantat gegeben habe, aber erst nachdem das Wall Street Journal nachgefragt hatte.

Ob das fehlerhafte Implantat entfernt oder repariert wird, wollte Arbaugh wissen. Daraufhin teilte Neuralink dem Patienten mit, dass man weitere Operationen vermeiden und stattdessen mehr Informationen sammeln möchte. In einem Blogpost erklärte das Unternehmen, wie sich das ablösende Implantat auswirkte. So kam es zu einer Reduktion der Bits-Pro-Sekunde, dadurch konnte Arbaugh den Maus-Cursor nicht mehr so gezielt und schnell wie gewohnt bedienen, wie aus der offiziellen Mitteilung von Neuralink hervorgeht. Aktuell kann Arbaugh den Maus-Cursor wieder uneingeschränkt nutzen, die Frage ist aber, wie lange noch. In einem Interview in der Vorwoche mit Bloomberg, berichtete der Texaner, wie sehr ihn die Aussicht belastet, seine neu gewonnenen Fähigkeiten wieder zu verlieren. "Wenn man einmal auf den Geschmack gekommen ist, kann man einfach nicht mehr aufhören. Es haut mich so sehr um."

US-Behörde gibt grünes Licht

Trotz des Rückschlages spricht man bei Neuralink von einem Erfolg und will die "Prime"-Studie (Precise Robotically Implanted Brain-Computer Interface) fortsetzen. Laut einem Bericht von Reuters will man in einem zweiten Versuch die Fäden nun tiefer einsetzen.

Die Food and Drug Administration (FDA) gab grünes Licht, und im Juni soll ein zweiter Patient das Implantat bekommen. Noch in diesem Jahr will Neuralink acht weiteren Personen das Implantat einsetzen. Mehr als 1000 Menschen aus den USA hätten sich für die Versuche angemeldet. Das Unternehmen möchte in Zukunft auch Menschen aus Kanada und Großbritannien den Chip einsetzen. (pez, 23.5.2024)