Die neue Tado-X-Serie umfasst eine Wärmepumpensteuerung, ein Wandthermostat, einen Temperaturfühler, eine Bridge und Heizkörperthermostate.
Tado

Die Ein-für-alle-Mal-Lösung für die smarte Heizung soll die neue Gerätelinie von Tado sein. Mit dem offenen Smart-Home-Standard Matter und dem Funkstandard Thread soll es zudem nie wieder Ausfälle geben. Ach ja, die Heizkosten sollen auch noch um bis zu 28 Prozent sinken, wenn man nur die richtigen Geräte nutzt. Beim Smart-Home-Hersteller Tado aus München ist man jedenfalls von der neuen Produktlinie Tado X überzeugt und wirft gerne Superlative in den Raum. Doch kann die smarte Heizungssteuerung die großen Erwartungen wirklich erfüllen? DER STANDARD hat den ersten Test gemacht.

Wärmepumpenfrust

Die Tado-X-Reihe besteht aus fünf Produkten. In der Packung finden sich ein smartes Thermostat zur Heizungssteuerung, ein smartes Thermostat für den Heizkörper, ein drahtloser Temperatursensor, ein Wärmepumpenoptimierer sowie eine Bridge, die gleichzeitig die Aufgabe als Thread-Border-Router übernimmt.

Ein kurzer Disclaimer: Im Testhaushalt kamen alle Geräte bis auf den Wärmepumpenoptimierer zum Einsatz. Das liegt vor allem daran, dass der Einbau der Wärmepumpe bis auf weiteres verschoben wurde. Der Grund ist schnell erklärt: Die 75-Prozent-Förderung des Bundes führte zu einem Ansturm auf sämtliche Installateure in der Umgebung, weshalb der aktuelle Status "Bitte warten" lautet.

Aber genug vom privaten Heizungsfrust der Testperson, Tado will schließlich alle diesbezüglichen Schmerzen lindern. Als kleiner Spoiler vorab: Das gelingt sogar ganz gut, wenn man genau weiß, worauf man sich einlässt und nicht schon Tado-Geräte im Haus hat. Doch dazu später mehr.

Werkzeug mitbringen

Ein solcher Faktor des "Wissen, was auf einen zukommt", ist die Installation. Denn alles beginnt mit dem Thermostat, der mit der Therme verbunden werden muss. Und weil die meisten Heizungen nach wie vor kabelgesteuert sind, muss man einen kleinen Eingriff an der Elektroinstallation vornehmen.

Das ist handwerklich keine große Herausforderung: altes Gerät abschrauben, Kabel markieren und nach der Anleitung am Smartphone am neuen Gerät einklemmen, fertig. Die ganze Montage dauert mit Bohren und der Suche nach der Wasserwaage etwa 30 Minuten, und den Instruktionen am Handy sollten selbst absolute Laien folgen können. Aber: Man muss schon das passende Werkzeug wie Seitenschneider, Abisolierzange und Schlagbohrmaschine im Haus haben oder zumindest auf die gut ausgerüstete Werkstatt des Nachbarn Zugriff haben.

Das Ausmaß der Elektrobastelei hält sich in Grenzen, zum Glück leitet die Smartphone-App durch den ganzen Prozess.
Zellinger

Die Bridge ist schnell in Betrieb genommen, und der ganze Vorgang lässt sich mit Packungaufmachen und QR-Code-Scannen in wenigen Sekunden erledigen. Die Montage der Heizkörperthermostate erfordert noch einmal ein wenig Geschick und möglicherweise den Einsatz einer Zange (nur für das Forum: Wasserpumpenzange). Wasser kann dabei übrigens nicht austreten, es besteht also keine Gefahr, sich zu verbrühen. Handschuhe sollte man aber anziehen, wenn die Heizung voll aufgedreht ist. Die drahtlosen Temperaturfühler sind im Grunde eine abgespeckte Version des Wandthermostats und wollen mit einer an die Wand gedübelten Halteplatte montiert werden. Alternativ liegen auch Klebestreifen bei.

Die Heizkörperthermostate werden von einem wiederaufladbaren Akku angetrieben, den man mit einem Handgriff abschrauben und via USB-C laden kann. So eine Möglichkeit wäre auch bei den Thermostaten und Fühlern wünschenswert, jedoch kommen hier AAA-Batterien zum Einsatz.

Sämtliche Geräte verfügen über Touchdisplays. Die Screens der Temperaturfühler haben eine mattschwarze Oberfläche, während die Heizkörperthermostate über ein Hochglanz-LCD-Display verfügen. Vorbildlich: In der Packung liegen sechs verschiedene Adapter bei.

Matter und Thread

Doch wie funktioniert das alles? Kernstück ist die Bridge, die gleichzeitig ein Thread-Border-Router ist. Das ist vereinfacht gesagt eine Alternative zum WLAN und verbindet Geräte über ein Mesh-Netzwerk. Auskenner werden jetzt an Zigbee denken, aber zum älteren Smart-Home-Standard gibt es einen wesentlichen Unterschied. Zigbee weist jedem Knoten eine eigene, 16 Bit lange Adresse zu. Thread beherrscht aber das Internetprotokoll IPv6, das heißt, jedes Gerät erhält eine eigene IP-Adresse. Das Umwandeln der Zigbee-Adresse ins IP-Format entfällt damit. Der Border-Router übernimmt dann auch gleich die Kommunikation im heimischen WLAN.

Oder in der stark vereinfachten TL;DR-Variante: Das hat den Vorteil, dass es eben nicht mehr zwei Sekunden dauert, bis die Lampen eingeschaltet werden. Gleichzeitig kann man die Reichweite des eigenen Netzes mit mehreren Bridges erhöhen. Letzteres war im Test auch nötig, denn die Reichweite einer Bridge reichte nicht für das gesamte Wohnhaus. Ein zweites Gerät im Keller schaffte aber Abhilfe.

Endlich einmal eine ordentliche App

Der Rest der Installationsarbeit wird in der Tado-App verrichtet, die ihren Zweck ganz ordentlich erfüllt. Manchmal kam es beim Hinzufügen der Thermostate zu einer Fehlermeldung. Die Geräte tauchten dann aber wenig später doch in der App auf und funktionierten ordnungsgemäß. Ansonsten verläuft die Inbetriebnahme ohne gröbere Probleme. Wer sein Tado-System in Google Home integrieren möchte, muss die Geräte aber noch einmal einzeln hinzufügen. Das ganze System kann nämlich nicht einfach so migriert werden. Schade, aber man arbeite an einer Lösung, wie der Tado-Support mitteilte.

Das Thermostat für den Heizkörper wird per USB-C aufgeladen.
Zellinger

In der App kann man auch festlegen, welches Gerät direkt mit dem smarten Thermostaten und damit der Therme sprechen und diese steuern darf. So kann man gezielt die Heizung im Keller einschalten, wenn der dortige Fühler einen Temperaturabfall vermeldet. Im Test hat es sich als praktikabel erwiesen, den Temperaturfühlern an der Wand die Herrschaft über die Heizung zu überlassen, während die Heizkörperthermostate nur die Kommandos empfangen. In der App lassen sich auch Temperatur-Offsets einstellen, damit kann man etwa dem Fühler die Temperatur in der Raummitte mitgeben, während sich das Gerät an einer kalten Wand befindet.

Die App selbst bietet alles, was man sich von einer modernen Smart-Home-Lösung erwarten darf: Die Temperatur in den einzelnen Räumen lässt sich bis auf eine Nachkommastelle genau regeln. Gleichzeitig messen die Geräte die Luftfeuchtigkeit, woraufhin die App Tipps gibt, wie sich das Raumklima angenehmer gestalten lässt.

Ein Rabbithole für Optimierer

Ein besonderer Rabbithole für alle verbissenen Heizungsoptimierer macht die Tado-App im Verlaufsmodus auf. Hier werden für jeden einzelnen Tag Verlaufswerte über Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Heizzeiten gesammelt. Im Testhaushalt war so sogar zu erkennen, wann abends die beiden Gaming-PCs angeworfen wurden. Die sorgten nämlich für einen plötzlichen Anstieg der Raumtemperatur.

Temperaturverlauf, Heizzeiten und Luftfeuchtigkeit werden Tag für Tag detailliert dargestellt.
Screenshot

Wer derartige Daten weitergeben möchte, kann die Energy IQ genannte Funktion damit füttern. Diese errechnet nicht nur die Heizkosten, sondern will auch eine exakte Berechnung der bisherigen Energieeinsparung bieten. Das sei aber nur am Rande erwähnt, denn im Testzeitraum im Mai kam dabei kein vernünftiger Wert zusammen, weil die Heizung einfach nicht häufig genug lief. Über die Langzeiterfahrung und die tatsächliche Einsparung muss zu einem späteren Zeitpunkt berichtet werden.

Der Abo-Schmäh

Darüber hinaus erkennt die App geöffnete Fenster und schaltet die Heizung auf Wunsch ab, ebenso ist Geofencing inkludiert, das heißt, das Smart Home schaltet in den Außer-Haus-Modus, wenn man sich eine frei wählbare Distanz weit aus dem Zuhause entfernt. Das heißt, wenn man ein Tado-Auto-Assist-Abo abgeschlossen hat. Benutzt man die kostenlose Variante, erhält man eine Push-Nachricht und muss daraufhin die Heizung selbst ausschalten, wenn man das Haus verlässt. Nichts, was man nicht auch mit ein wenig Spielerei mit IFTTT lösen könnte, aber Funktionen von hochpreisigen Premium-Geräten hinter einem Abo-Modell zu verstecken wirkt nicht gerade kundenfreundlich. Selbst wenn dessen Kosten mit 29 Euro im Jahr überschaubar sind und die Gratisvariante durchaus brauchbar ist.

Das smarte Heizkörperthermostat passt auf alle gängigen Gewinde. Adapter liegen bei.
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Apropos kundenunfreundlich: Da das Tado-X-Ökosystem auf eine völlig andere Technik als das Vorgängermodell V3+ setzt, sind die Geräte untereinander nicht kompatibel. Wer also sein bestehendes Smart Home mit Produkten der X-Serie erweitern möchte, hat Pech gehabt und muss entweder alle Geräte neu anschaffen oder auf die älteren Produkte zurückgreifen. Das ist aus technischer Sicht sogar nachvollziehbar, für bestehende Kunden ist die fehlende Abwärtskompatibilität jedoch eine herbe Enttäuschung. Immerhin hat Tado angegeben, dass der Support der älteren V3+ noch über Jahre bestehen bleibt.

Fazit und Preis

Wenn es um die Montage und die Inbetriebnahme der smarten Heizungslösung geht, haben die Münchner ganze Arbeit geleistet. Matter und Thread zeigen nach einigen Rückschlägen endlich, was für Potenzial in ihnen steckt, und wenn Tado X ein erster Vorgeschmack auf die technischen Möglichkeiten der Smart-Home-Zukunft ist, dann kann ich die nächsten Anwendungen schon gar nicht erwarten.

Preislich siedelt sich Tado X im oberen Bereich an: Das sinnvollste Starterpaket mit Bridge, Wandthermostat und zwei Heizkörperthermostaten kostet aktuell 350 Euro. Einzelthermostate und Temperaturfühler kosten noch einmal 100 Euro pro Stück extra, man muss also schon mit einer Investition von 600 bis 800 Euro rechnen. Angesichts des Gebotenen geht der Preis aber in Ordnung, und wenn das Versprechen von 28 Prozent Kostenersparnis auch nur ansatzweise stimmt, sollten sich die Geräte rasch amortisieren. Zu Beginn der Heizsaison werden wir schon mehr wissen.

Angesichts des Premium-Preises ist es aber umso unverständlicher, warum manche Komfortfunktion noch hinter dem Extra-Abo um 29 Euro im Jahr versteckt wird. Das erste Jahr ist immerhin kostenlos im Starterpaket dabei, da kann man ja ausprobieren, ob man die Funktionen wirklich braucht.

In Summe ist Tado X das wahrscheinlich beste smarte Heizsystem, zumindest wenn man Neukunde ist. Wer nicht unbedingt Matter-Support braucht und schon ein bestehendes Tado-System hat, der wird aber auch mit der Vorgängergeneration V3+ glücklich. (Peter Zellinger, 26.5.2024)