An dem rechten Gegröle bei einer Party zu Pfingsten auf der deutschen Urlaubsinsel Sylt dürfte sich laut Videoaufnahmen unmittelbar keiner der Beistehenden gestoßen haben. Im Hintergrund hebt ein Mann sogar die rechte Hand, zeigt mit zwei Fingern ein Hitlerbärtchen an der Oberlippe. Mittlerweile wurde Anzeige erstattet – auch von den Betreibern des Partyclubs Pony, dem Drehort des Videos. Es ermittelt auch der deutsche Staatsschutz wegen des Verdachts auf Volksverhetzung und der Verwendung von verfassungswidrigen Kennzeichen. Einen Tatbestand "Wiederbetätigung" wie in Österreich gibt es nicht.

Strandkörbe auf der deutschen Insel Sylt.
Die Vorfälle auf Sylt sollen nicht folgenlos bleiben.
IMAGO/Chris Emil Janßen

Doch wie sollte man reagieren, wenn man auf solch eine Gruppe stößt? Wenn man unmittelbar neben Menschen steht, die den Hitlergruß zeigen und rassistische Parolen brüllen? Ramazan Yıldız von Zara, der österreichischen Plattform für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, rät im Telefonat mit dem STANDARD, "den Vorfall heimlich zu filmen, ohne sich dabei selbst in Gefahr zu bringen". Anschließend sollte man Anzeige erstatten. Das funktioniert bei jeder Polizeiinspektion. Die Polizei müsse von Amtswegen tätig werden, sobald ihr strafrechtlich relevante Taten gemeldet werden – in diesem Fall wäre es Verhetzung und ein Verstoß gegen das Verbotsgesetz. Aufgenommene Videoclips sollten aber nie öffentlich verbreitet werden, da Rechte der Gefilmten verletzt werden können.

Bei Zara und im Innenministerium melden

Zusätzlich sollte man laut Yıldız den Fall bei Zara melden. Zwischenfälle könnten einfach online eingegeben werden, auch anonym. Auch bei der Meldestelle NS-Wiederbetätigung im österreichischen Innenministerium sollten Verdachtsfälle landen.

Dass das Video mit seinen ausländerfeindlichen Parolen viral gegangen ist, sieht Yıldız als Druck, der aufgebaut wurde, um die Taten verfolgen zu können. "Uns wurden nämlich bereits Vorfälle mit ähnlichen Inhalten gemeldet, wo in der Vergangenheit das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde."

Anzeige und politische Folgen

In diesem Fall soll es anders sein. Im Gespräch mit der deutschen Zeitung Taz sagte der Mitbetreiber des Clubs auf Sylt, Tim Becker, dass sich einige Leute gemeldet hätten, die die Gäste wiedererkannt haben, die rechte Parolen grölten. Sein Geschäftspartner sei mit den Namen zur Polizei gegangen und habe Anzeige erstattet. Entsprechende Personen hätten zudem Hausverbot erhalten, und man wolle gemeinsam mit einem Anwalt weitere Schritte prüfen. Zudem will Becker das Lied L'Amour Toujour von Gigi D'Agostino, das als Grundlage für die Gesänge verwendet wurde, in seinem Club nie wieder spielen: "Wir wussten nicht, dass das Lied von Rechten benutzt wird." Laut Recherchen von deutschen Medien wurde der D'Agostino-Song in den vergangenen Jahren bereits auf mehreren Volksfesten in Deutschland mit Nazi-Slogans gesungen.

Auch politische Folgen soll der Vorfall haben. So will die SPD im Landtag von Schleswig-Holstein die Parolen in einem Ausschuss behandeln. Ebenso zeigten sich die Grünen und die CDU "angewidert" von den Parolen. "Das ist kein dummer Jungenstreich, sondern schlimmstes Nazi-Gegröle erwachsener Leute auf offener Bühne", sagte die grüne schleswig-holsteinische Integrationsministerin zum Redaktionsnetzwerk Deutschland. (Bianca Blei, 24.5.2024)