René Benko beim Betreten des Saales im Parlament, in dem der U-Ausschuss tagte
Die von René Benko und seiner Mutter errichtete Privatstiftung hat als Altgesellschafterin der Signa Holding eine "Blockerfunktion" gegen Grunderwerbssteuern.
AFP/Alex Halada

Zwei Hauptschauplätze gab es diese Woche in der Causa Signa: das Wiener Parlament und das Landesgericht Innsbruck, wo das Insolvenzverfahren von René Benko persönlich und jenes der ihm zuzurechnenden Familie-Benko-Privatstiftung läuft. Und während Benko am Mittwoch im Cofag-U-Ausschuss als letzte (und von * Polizisten vorgeführte) Auskunftsperson befragt wurde, stand in Innsbruck die erste Prüfungstagsatzung zur Familie-Benko-Privatstiftung auf dem Programm.

Es wurden fast 2,3 Milliarden Euro an Forderungen angemeldet, von denen Insolvenzverwalter Herbert Matzunski bisher knapp 50 Millionen Euro anerkannt hat. Laut ihm handelt es sich, "soweit überblickbar", um die viertgrößte Insolvenz in Österreich und die größte in Tirol.

Für die Gläubigerinnen und Gläubiger hat er laut seinem Bericht schlechte Nachrichten: Aus jetziger Sicht werden sie am Ende des Verfahrens kein oder nur sehr wenig Geld sehen. Derzeit können aus dem Massevermögen in Höhe von 26.000 Euro nicht einmal die laufenden Kosten gedeckt werden, etwa für Steuerberater oder Anwälte. In Hinblick auf den "enormen Umfang dieses Insolvenzverfahrens" könne mit dem Geld "keinesfalls das Auslangen gefunden werden", heißt es. Masseforderungen, die gleich zu bezahlen wären, werden also vorläufig nicht bedient.

Stiftungszweck: "Erhalt der Signa-Gruppe"

Errichtet haben die Stiftung Signa-Gründer René Benko und seine Mutter schon 2001, im Vorstand sitzen derzeit etwa Benkos langjähriger Vertrauter Marcus Mühlberger und die TPA-Partnerin Karin Fuhrmann. Begünstigte sind Benko beziehungsweise nach seinem Ableben bestimmte Verwandte – Stiftungszweck war zunächst die Versorgung der Begünstigten. Das änderte sich 2013: Seit damals ist das Stiftungsvermögen dem "Erhalt der Signa-Gruppe" gewidmet und deren Weiterentwicklung, "daneben sollte weiterhin die Versorgung der Begünstigten sichergestellt sein", schreibt der Masseverwalter. Und: Ab 2013 gab es keine Ausschüttungen an die Begünstigten mehr, für Benko allerdings das eine oder andere Darlehen.

Der Erhalt der Signa-Gruppe fiel der Stiftung, die Ausschüttungen aus ihren Beteiligungen bekam, letztlich aber immer schwerer. 2020 sanken die Erträge aus verbundenen Unternehmen von 38 Millionen auf 226.000 Euro, die Zinseinnahmen von fast 62 Millionen auf 3,5 Millionen Euro. Damals wurden auch die letzten Immobilien verkauft, der Jahresüberschuss sank von 103 Millionen auf 3,8 Millionen Euro. Im Jahr 2021 lief es besser, 2022 mies: Es fehlten rund 867 Millionen Euro (Bilanzgewinn: 13 Millionen Euro). Eigentlich hätte die Privatstiftung damals 250 Millionen Euro an Ausschüttungen von der Signa Holding, an der sie 10,1 Prozent hält, bekommen können – allein deren finanzielle Lage ließ dies nicht mehr zu.

"Blockerfunktion" brachte und kostete viele Millionen

Und wie kam es zum Todesstoß für die Stiftung? Das liegt an der ganz besonderen Rolle, die die Stiftung im Signa-Konstrukt spielt – nämlich an ihrer "Blockerfunktion", die an den genannten 10,1 Prozent hängt. Sie bewirkt, dass bei bestimmten Transaktionen in der Gruppe keine Grunderwerbssteuern anfallen. Dafür muss die Stiftung als Altgesellschafterin der Signa Holding immer mehr als zehn Prozent an der Holding halten. Bei Kapitalerhöhungen musste sie daher mitziehen, damit der Anteil nicht verwässert wurde. Das klappte, solange Ausschüttungen kamen, mit denen sie die 10,1 Prozent halten konnte.

Als dann aber ab Ende 2021 keine Gewinnausschüttungen mehr kamen, musste sich die Stiftung das Geld bei Banken holen und ging "extreme Verbindlichkeiten ein", wie es im Bericht des Insolvenzverwalters heißt. Sein Resümee: Letztlich habe die Stiftung nur noch als "Finanzierungs- und Transfervehikel" gedient, "indem aus unterschiedlichen Quellen beschaffte Gelder in die Signa Holding GmbH transferiert wurden".

Wäre die Blockerfunktion weggefallen, hätte das immense Folgen für die Signa-Gruppe gehabt. Laut Schätzungen wären in Österreich grunderwerbspflichtige Fälle mit einem Steuervolumen von 250 Millionen Euro ausgelöst worden, in Deutschland gar von einer Milliarde Euro, schreibt der Masseverwalter. Und: Diese Blockerfunktion habe die Familie-Benko-Privatstiftung heute noch – etwaige Verkäufe oder das Abtreten von Stimmrechten könnten also weitreichende Folgen haben. Und zwar für die gesamte Gruppe, denn die Steuern, die dann anfielen, wären Masseforderungen und müssten daher sogleich bezahlt werden. Eine Übung, die wohl nicht zu stemmen wäre. (Renate Graber, 25.5.2024)