Herbert Kickl
Herbert Kickl argumentierte seine Aussagen zur SS damit, dass Schuld etwas Individuelles sei.
APA/HELMUT FOHRINGER

Wien – Nach der Aufregung um Äußerungen des deutschen AfD-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, Maximilian Krah, zur SS sorgt eine ähnliche Aussage von FPÖ-Chef Herbert Kickl aus dem Jahr 2010 für Kritik. In einer ATV-Diskussion hatte der damalige FPÖ-Generalsekretär gegenüber dem damaligen Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant, eine kollektive Verurteilung der Mitglieder der Waffen-SS als "Unsinn" abgelehnt, wie das Magazin Profil am Freitag zunächst berichtete.

"Da werden wir uns nicht darauf verständigen können, dass ein Verein als solcher oder eine Einheit wie die Waffen-SS kollektiv schuldig zu sprechen ist", sagte Kickl bei der Debatte vor 14 Jahren. Schuld sei etwas Individuelles – genauso wie Unschuld etwas Individuelles sei, argumentierte Kickl. Zum Einwand Muzicants, dass die Waffen-SS in den Nürnberger Prozessen als verbrecherische Organisation eingestuft wurde, entgegnete Kickl, es sei "genauso Unsinn", wenn für die Wehrmacht eine "kollektive Unschuldsvermutung" gelte.

FPÖ äußert sich nicht

Die verbreiteten Aussagen sorgten am Freitag für Kritik bei SPÖ und ÖVP. Es sei nicht überraschend, dass die FPÖ gegen den Ausschluss der AfD aus der gemeinsamen Rechtsfraktion ID im EU-Parlament gestimmt habe: "Nein, Kickl selbst hat ja die Waffen-SS verharmlost", erklärte die SPÖ im Kurznachrichtendienst X. "Diese Aussagen von Herbert Kickl sind eine Verharmlosung der Gräuel des Nationalsozialismus und offenbaren das Weltbild Kickls", kritisierte auch ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker. "Wer mit einer solchen Geisteshaltung Politik macht, hat in einem demokratischen Parteienspektrum nichts verloren", so Stocker. Es sei zu hoffen, "dass die gemäßigten Kräfte innerhalb der Freiheitlichen Partei zur Vernunft kommen und dem Treiben Kickls ein Ende bereiten".

Die Neos forderten eine sofortige Klarstellung von FPÖ-EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky und warfen ihm Scheinheiligkeit vor, weil er Krahs Aussage als inakzeptabel bezeichnet habe, aber keine Kritik an der Aussage Kickls geübt habe. Dabei gebe es keinen inhaltlichen Unterschied, beide Sager würden das kaltblütige Morden der SS in unerträglicher Weise verharmlosen, beide seien inakzeptabel, so Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos in einer Stellungnahme. "Ob AfD-Krah oder FPÖ-Kickl, SS-Verharmlosung sind untragbar", kritisierte auch Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer. Ein solcher Geschichtsrevisionismus zeige, "wessen Geistes Kind Herbert Kickl und seine rechtsextreme FPÖ ist".

Die FPÖ wollte sich am Freitag nicht dazu äußern. Am Vortag war die deutsche AfD aus der Rechtsfraktion ID, der neben der FPÖ auch die französische Partei Rassemblement National und die italienische Lega angehören, ausgeschlossen worden. Zuvor hatte der AfD-Abgeordnete und Spitzenkandidat Krah unter anderem mit der Aussage, wonach nicht jeder SS-Mann ein Verbrecher gewesen sei, für scharfe Kritik innerhalb der Fraktion gesorgt. Die FPÖ stimmte am Donnerstag für einen Ausschluss Krahs, unterstützte aber nicht jenen der gesamten AfD-Delegation. (APA, 24.5.2024)