Was als große Neuigkeit verkauft wird, ist in Wahrheit Teil der langfristigen Planung: Dass die zusätzliche US-Truppenaufstockung im Irak von etwa 30.000 Mann nicht so ohne Weiteres länger als ein Jahr aufrechtzuerhalten sein würde, zumindest nicht ohne einschneidende Systemänderungen in der US-Armee, war bekannt. Schon vor dem „surge“ Anfang 2007 klagten amerikanische Militärs regelmäßig über die „Überdehnung“ der Armee. Gestrichene Urlaube, verkürzte Stationierungen in der Heimat, verlängerte Einsätze im Kriegsgebiet: Nur so kann der hohe Truppenstand von 160.000 US-Soldaten im Irak momentan gehalten werden.

Der Oberbefehlshaber im Irak, General David Petraeus, der nie zum Fabulieren geneigt hat, sagt denn auch ganz offen, dass die Überlegungen, spätestens nächsten März mit dem Abbau zu beginnen, mit den „Grenzen der Leistungsfähigkeit der Armee“ zu tun haben. Eine militärische Not, die Präsident George Bush möglichst gut politisch verkaufen will.

Was Petraeus nicht sagt, hat sein Vize, General Raymond Odierno, jüngst in Interviews ausgesprochen: dass die USA trotz aller Beteuerungen Londons, die britischen Truppen nicht aus dem Südirak abziehen zu wollen, damit rechnen müssen, früher oder später auch dort Aufgaben übernehmen zu müssen, falls die Briten doch gehen. Wie das mit einer Truppenreduktion, die die Republikaner ja allein schon wegen der ins Haus stehenden Präsidentschaftswahlen brauchen, vereinbar wäre – und wie man dem Kongress verkaufen würde, dass der Einsatz im Irak nicht fokussiert, sondern ausgedehnt wird –, steht in den Sternen.

Die Prognosen für den Norden, für die zwischen Arabern und Kurden umstrittenen Gebiete entlang der Grenze der kurdischen Region, sind übrigens auch nicht gerade gut, auch da könnte einmal ein Eingreifen nötig werden. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 6.9.2007)