Innsbruck - "Es handelt sich um das Eigentum des Volkes", sagt Arbeiterkammer-(AK)-Präsident Fritz Dinkhauser. Und es sei sein "Lebensanliegen, das Land vom Würgegriff der Agrargemeinschaften zu befreien". Deshalb will das ÖVP-Mitglied Dinkhauser bei den Landtagswahlen im Herbst 2008 auch mit eigener Liste kandidieren - weil die Tiroler VP dieses, sein, Anliegen längst nicht mehr vertrete. Dinkhauser verlangt nicht weniger, als dass die vor 50 Jahren erfolgten Übertragungen von Gemeindeeigentum an nutzungsberechtigte Bauern rückgängig gemacht werden.

Debatte seit zwei Jahren

Losgetreten wurde die Debatte um die Agrargemeinschaften vor zwei Jahren von Bürgermeistern, die früheres Gemeindeeigentum von der "Agrar" teuer zurückkaufen mussten, wenn sie etwa einen Sportplatz errichten wollten. Andere Gemeinden gerieten in die Schlagzeilen, weil Bürgermeister und Agrarobmann in Streit geraten waren und der Bau eines Gehsteigs daran scheiterte. Zudem wurde bekannt, dass manche Agrargemeinschaften so reich sind, dass sie ganze Berggipfel von den Bundesforsten kauften.

In Schönberg ist die Agrargemeinschaft Eigentümerin der Gründe an der Brennerautobahn. An der Tankstelle ist sie umsatzbeteiligt, die Restaurants zahlen Pacht, ein Kiosk wird selbst betrieben. Jährlich werden 2000 bis 5000 Euro an 42 Mitglieder ausgeschüttet. Die Gemeinde erhält 15.000 Euro - gerade einmal 15 Euro pro Gemeindebürger.

Im Dezember 2006 hat der Tiroler Landtag einstimmig das Flurverfassungsgesetz geändert. Zu diesem Zeitpunkt war Bauernbundobmann Anton Steixner schon Agrarlandesrat in Personalunion. Nebenbei ist er auch noch Mitglied einer Agrargemeinschaft. Er habe gehofft, dass mit der Novelle Ruhe einkehren werde: "Wir sind an die Grenzen des rechtlich Machbaren gegangen, deshalb bin ich jetzt so verwundert, dass das weiter geht."

Fixiert wurde, dass die Agrargemeinschaften den Gemeinden gratis Wasser sowie Grundstücke für Projekte der Gemeinde und den Sozialen Wohnbau um ein Drittel des Verkehrswerts überlassen müssen. Vorgesehen wurde auch eine Schlichtungsstelle beim Land. Beim Verfehlen "einer gütlichen Einigung" kann das Land eine "Neuregulierung" veranlassen, die im Extremfall auch in die Auflösung einer Agrargemeinschaft münden könnte.

VP blockt ab

Bestätigt sieht sich Steixner durch eine parlamentarische Anfrage-Beantwortung von Landwirtschaftsminister Josef Pröll (ÖVP), die im Kern jeden Eingriff in bestehendes Eigentum für rechtswidrig erklärt. "Das Thema ist erledigt und wird künstlich am Leben erhalten", sagt Steixner. "Grundbuch und Eigentumsschutz haben in Österreich einen hohen Wert. Wir werden nicht generell anfangen zu hinterfragen, wie Einzelne zu Grundstücken gekommen sind, sondern wir müssen damit leben."

Je wahrscheinlicher die Kandidatur Dinkhausers bei der Landtagwahl im Herbst 2008 wird, desto klarer zeichnen sich die Agrargemeinschaften als zentrales Wahlkampfthema ab. SPÖ und Grüne haben das Thema aufgegriffen, und Landeshauptmann Herwig van Staa (VP) hätte es liebend gerne vom Tisch. Nicht nur wegen Dinkhauser, sondern auch, weil es eine Zerreißprobe für die VP-Bünde darstellt.

Dinkhauser hat am Freitag eine Offenlegung der Eigentums- und Finanzverhältnisse bei allen Gemeindegut-Agrargemeinschaften durch den Landesrechnungshof verlangt. Wo es "möglich ist, soll eine Rückführung des Gemeindeguts erfolgen", jedenfalls solle den Gemeinden ein Zugriff auf alle Grundstücke ermöglicht werden, wenn es kommunalen Bedarf gebe.

"Ein alter Hut", sagt Bauernbunddirektor Peter Raggl und fügt hinzu: "Eigentum 'light' gibt es nicht." (Hannes Schlosser, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.9.2007)