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EU-Haushaltskommissarin Dalia Grybauskaite.

Foto: APA/EPA/Olivier Hoslet
Eine "tabulose" Debatte will die EU-Kommission über den Haushalt der Union ab 2014 führen – auch umstrittene Fragen wie Agrarförderungen sowie der "Britenrabatt" sollen überprüft werden, sagten hochrangige Vertreter der Kommission am Mittwoch.

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Brüssel – Die EU-Kommission hat am Mittwoch den Startschuss zu einer "tabulosen" Debatte über das Budgetprogramm ab 2014 gegeben. "Alles wird diskutiert werden", betonte Kommissionspräsident José Manuel Barroso bei einer Pressekonferenz – auch der "Britenrabatt" und die Agrarförderungen. "Die Preise steigen, vielleicht wäre das ein guter Grund für weniger Förderungen", sagte der Portugiese mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen auf dem Lebensmittelmarkt. "Kein Tabu" wäre für Barroso eine eigene EU-Steuer, auch wenn er eine solche nicht explizit fordern wollte.

Konkrete Vorschläge zur Zukunft der europäischen Agrarpolitik und zur Finanzierung der Europäischen Union machten am Donnerstag aber weder Barroso noch EU-Haushaltskommissarin Dalia Grybauskaite. Sie kündigten lediglich für November einen "Health-Check" des EU-Budgets an und forderten Diskussionsbeiträge der Mitgliedsländer bis April 2008 ein, die in einen reformierten Entwurf münden sollen.

Lob des Kommissionsvorsitzenden gab es für die Ankündigung von Frankreichs Präsident Nicholas Sarkozy, während des französischen Ratsvorsitzes im zweiten Halbjahr 2008 eine Reform der EU-Agrarpolitik anzugehen. Insgesamt forderte Barroso die Spitzenpolitiker auf, mit der Kommission zusammenzuarbeiten, anstatt Brüssel "demagogisch" zu kritisieren: "Wenn man Brüssel von Montag bis Samstag angreift, kann man die Leute nicht am Sonntag auffordern, für Europa zu stimmen."

Die EU-Staaten hatten bei den Verhandlungen über den Finanzrahmen 2007 bis 2013 vereinbart, das Budget einer Überprüfung zu unterziehen. Damals waren sich Briten und Franzosen in die Haare geraten: Großbritannien trat für eine Kürzung der Agrarförderungen ein, Frankreich forderte den Abbau des "Britenrabatts". Einen endgültigen Vorschlag für den Finanzrahmen 2014 bis 2020 will die Kommission erst 2010/11 vorlegen.

Die Mittel für die gemeinsame Landwirtschaftspolitik, darunter auch die direkten Agrarförderungen an die Bauern, machen den Löwenanteil des EU-Budgets aus. 2005 wären es 48,5 Mrd. Euro bei Gesamtausgaben von 105 Mrd. Euro. Für die Jahre 2007 bis 2013 hat die EU-Kommission in Summe Ausgaben von 974,8 Mrd. Euro vorgesehen – davon fast 43 Prozent für Landwirtschaftspolitik.

Der "Britenrabatt" wurde 1984 unter Premierministerin Margaret Thatcher als Ausgleich für den geringen Anteil Großbritanniens an den EU-Agrarförderungen vereinbart. Effekt: Im Jahr 2005 zahlten die Briten um 5,2 Mrd. Euro weniger in den gemeinsamen EU-Topf ein als eigentlich vorgesehen. Ohne Korrektur würde der Rabatt in den kommenden Jahren auf über sieben Mrd. Euro ansteigen. Bezahlen müssen den Rabatt die anderen Mitgliedsländer – allen voran Frankreich und Italien.

Die Finanzminister der 27 EU-Mitgliedstaaten werden am Freitag und Samstag in Portugal indessen über die jüngste Krise der Kreditmärkte beraten. Die EU-Kommission hat ihre Wachstumserwartungen für 2007 am Dienstag um einen Zehntelprozentpunkt nach unten korrigiert und sieht auch für 2008 Risiken. Weitere Themen sind das französische Budgetdefizit sowie die geplante Reform des Internationalen Währungsfonds. Konkrete Beschlüsse werden aber nicht erwartet. (APA, Reuters, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.09.2007)