Michael Lessky kam durch Claudio Abbado auf die Idee, Nachwuchs zu fördern.

Foto: STANDARD / Hendrich

Wien – Es klingt an sich einfach, fast wie eine Selbstverständlichkeit: "Das Allerwichtigste", so Dirigent Michael Lessky, ist, "dass jungen Musikern die Freude am Spielen vermittelt wird. Und dass sich diese Freude auch auf das Publikum überträgt." Die Junge Philharmonie Wien, die vor zehn Jahren auf Initiative des Wiener Dirigenten gegründet wurde, will damit aber nur das scheinbar Einfache, indem sie sich intensiv der Förderung des österreichischen Orchesternachwuchses widmet. Wie oft hört man Orchester, die allzu routiniert wirken.

Lessky, künstlerischer Leiter des 180 Köpfe starken Klangkörpers, bekam seine Impulse dabei vor allem durch Hospitanzen beim Kollegen Claudio Abbado, dem Gründer des Mahler-Jugendorchesters. "Abbado animierte die jungen Musiker, aus sich heraus zu wachsen." Aus diesen Erlebnissen heraus entstand die Junge Philharmonie Wien, an der Musiker teilnehmen, die zwischen 15 und 25 Jahren alt sind. "Im Gegensatz zum Mahler Orchester, das sich primär für Projekte trifft, agieren wir jedoch das ganze Jahr über."

Diese durchgehende Tätigkeit mit jährlich 25 Konzerten, 50 Probetagen und zehn verschiedenen Programmen garantiere gemeinsam mit der Breite des Repertoires – Oper und Konzert – sowie der Begleitung durch erstklassige Tutoren eine optimale Vorbereitung auf den Beruf eines Orchestermusikers, so Lessky.

Ob er hier ein Manko in der Ausbildung abdecke, denn immerhin gibt es ja auch die Studentenorchester an den österreichischen Kunstuniversitäten? Ganz bestimmt, so Lessky, denn in der Jungen Philharmonie stehe ja nicht primär der Zwang des Studienplanes hinter der Orchesterpraxis, sondern das freie Einarbeiten eines breiten und den Alltag eines Orchestermusikers fast gänzlich repräsentierenden Repertoires.

Schwierig sei hier lediglich, so Lessky, dieser Altersgruppe die zeitgenössische Musik zu vermitteln, diese Erfahrung habe er in den zehn Jahren gemacht. Hier Begeisterung zu wecken, dauere. Lessky weist jedoch zugleich eindringlich darauf hin, dass die Gefahr der Musealisierung des Repertoires bestehe. "Wir müssen das Bewusstsein für die zeitgenössische Musik öffnen. Dies kann jedoch nicht nur von den Ensembles aus geschehen, sondern muss auch von den Veranstaltern gewollt werden. Denn was nützt ein interessantes Programm, das kein Veranstalter haben will?"

Böser Markt

Den Quotendruck und das primäre Schielen auf Auslastungszahlen halte er hier für eine gefährliche Entwicklung, denn Kunst könne sich nicht ausschließlich den Marktmechanismen unterwerfen. Sein Orchester versteht Lessky nicht nur als pädagogische Einrichtung, sondern auch als einen künstlerisch vollwertigen Klangkörper, den er auch erfolgreich in der Kulturlandschaft positionieren möchte.

Von den österreichischen Veranstaltern wünsche er sich dabei die Courage, auch mehr einheimische Orchester zu engagieren. "Nicht aus Chauvinismus, sondern weil wir hier wirklich etwas Wertvolles schaffen."

Die Liste jener mit dem Orchester regelmäßig spielenden Solisten, darunter Sängernamen wie Agnes Baltsa oder José Carreras, gibt ihm Recht. "Gerade diese Spitzenmusiker erkennen und schätzen die Begeisterung, die wir ausstrahlen, außerordentlich."

Das Festkonzert "10 Jahre Junge Philharmonie" am Donnerstag unter dem Motto "Music On Love" mit den Gesangssolistinnen Agnes Baltsa, Ildiko Raimondi, Ingrid Kaiserfeld und der Hornistin Helene Sprinzl (Beginn: 19:30) im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins wird hoffentlich für die Verbreiterung der juvenilen Orchesterqualität sorgen.

Auf dem Programm stehen Werke von Richard Strauss, Gounod, Mendelssohn, Rossini, Puccini, Theodorakis und Tschaikowsky. Für Buntheit ist also gesorgt. (Robert Spoula / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.9.2007)