An einer Wand im Ausstellungsbereich wird eine Lichtkreisinstallation gezeigt, die laut Museum die Vielfalt und die stetige Bewegung des Universums symbolisieren soll, aber auch die Position des Wissenschafters darin.

Foto: DER STANDARD/Fischer

Krabbeltier im Glas, staunende Besucher: Mit den Erklärungen dürfte die Zielgruppe aber ihre liebe Not haben.

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Haihaut als Vorbild - im Modul Bionik wird gezeigt, wie Technologie, hier der Schiffbau, von der Natur lernen kann.

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Motivation für das junge Zielpublikum, sich für Wissenschaft zu interessieren, zum Beispiel. Vor allem will man die Bedeutung der Grundlagenforschung betonen. Aber an ihr hat ohnehin niemand gezweifelt.

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Von einer Graffiti-Wand grinsen Darwin, Popper und Schrödinger um die Wette. Als amüsierten sie sich über die blöden Posen von Krieg der Sterne-Bösewicht Darth Vader und Spidermans Gegenspieler Carnage auf einer anderen Wand ein paar Meter weiter. Schiefe Treppenstufen führen auf eine Dschungelbrücke. Nach wackligen Schritten über den Köpfen anderer Besucher folgt der Abstieg in eine Box, in der ein Zwerghai durch Vitrinenluft schwebt.

Wer hier nach Erholung lechzt, findet die nächste Sitzgelegenheit vor einem Computermonitor. Ein kleines Spiel gefällig? Immer gerne, wenn's der Wissenschaft, in diesem Fall der experimentellen Spieltheorie dient. Und mit einigem Glück hat man einen kleinen Geldbetrag gewonnen.

Willkommen zum "Abenteuer Forschung". Das Technische Museum verlässt sich schon seit seiner in den Neunzigerjahren begonnenen Generalüberholung nicht mehr allein auf seinen Maschinen- und Gerätepark. Auf Ebene vier betritt die geliftete Schönbrunner Tante aber bisher unvertrautes Terrain.

Der Zweiklang aus Abenteuer und Forschung trifft es zumindest für die Macher des neuen Bereichs, der am Dienstagabend von Wissenschaftsminister Johannes Hahn und seiner für Museen und Schulen verantwortlichen Amtskollegin Claudia Schmied gemeinsam eröffnet wurde und von diesem Mittwoch an allgemein zugänglich ist. Die Vermittlung wissenschaftlicher Grundlagen betrachtet das Technische Museum nämlich nicht als sein Kerngeschäft. Mit Rücksicht auf seine bedeutenden Sammlungen hat es sich gegen eine Neuausrichtung als Science Center entschieden. Die Zahl der so genannten Mitmachausstellungsstücke (Hands-on-Exhibits) ist überschaubar geblieben. Als Lernort erschließt es sich Mittelschülern, die die größte Besuchergruppe ausmachen, durch auf die Altersgruppe zugeschnittene Führungen und Workshops.

Anders als im Londoner Science Museum, in der Cité des Science et Metiers in Paris/La Villette oder im Deutschen Museum in München liegt aktuelle Forschung außerhalb des Radarschirms des Wiener Technikmuseums. Solche Inhalte müssen von außen kommen. Im Fall der neuen Ausstellung vom Wissenschaftsfonds (FWF), der auch die Sachkosten von 200.000 Euro, den eigene Personalaufwand nicht mitgerechnet, aufgebracht hat.

Interner Wettbewerb

Die Themenfindung geht auf einen internen Wettbewerb des FWF zurück. Laut Geschäftsführer Gerhard Kratky haben sich mehr als die Hälfte der 70 Mitarbeiter beteiligt. Die Wahl fiel neben museal Bewährtem wie Röntgenstrahlen, Verschlüsselung oder Bionik auf die Themen Spieltheorie, Batterien und Innenohrprothesen. Wobei aber nicht versucht wird, neueste Forschungsergebnisse zu vermitteln, sondern jeweils ein Einstieg in das Thema angeboten wird. Schließlich sind sechs Gebiete ohnehin eine Menge für 140 Quadratmeter.

Eindrücklich gelingt es bei der Bionik: Die Außenhaut von Haien besteht aus winzigen weichen Lamellen, die nicht nur seine hydrodynamischen Eigenschaften vulgo seine Schnelligkeit befördern, sondern auch vor dem Einnisten von Parasiten schützen. Nun werden diese Eigenschaften auf den Schiffbau übertragen. Es hat sich gezeigt, dass lamellenartige Oberflächen weit weniger als glatte von Algen und Muscheln befallen werden. So wird sowohl Treibstoff gespart als auch die Lebensdauer der Schiffe erhöht.

Früher seien Haiforscher für harmlose Spinner gehalten worden, heute führen ihre Erkenntnisse zu Patenten, bringt Walter Szevera, Projektleiter seitens des Museums, die Nützlichkeit von Grundlagenforschung auf den Punkt. Mehr als pro Modul eines der wegen der geforderten Robustheit teuren Hands-on-Exhibits sei bei dem Budget nicht drin, deutet Szevera an. So wird die Vermittlungsarbeit durch Texte geleistet. Die Erklärungen richten sich an Erwachsene. Dabei werden Zehn- bis Fünfzehnjährige als Zielgruppe genannt.

Auch mit den Menschen, die in der Ausstellung zu Wort kommen, dürften sich die Kids kaum identifizieren können - ist das Auswahlkriterium doch mindestens ein Wittgenstein-Preis. Darth Vader verdankt sein Vorkommen dem erhofften, in dieser Generation aber wohl schon zweifelhaften Wiedererkennungswert. Als Hingucker für die Jugendlichen, damit sie die Hörimplantate wahrnehmen, sind Schädel angefertigt und von einem Grazer Studio mit Tätowierungen versehen worden. Junge Besucher für einen wissenschaftlichen oder technischen Beruf zu begeistern kann hier nicht gelingen. Dem FWF ist es wichtiger, auch im Technischen Museum die Bedeutung der Grundlagenforschung zu betonen. Als sei das umstritten.

Neben den Modulen laufen ein siebenminütiger, eigens für die Ausstellung angefertigter Werbefilm des FWF sowie ein Zusammenschnitt aus Statements von Wissenschaftern, die sich sehr allgemein zu ethischen Fragen äußern, die sich aus Forschung ergeben können. Dabei hätte dies konkret durchaus in das nächststehende Modul gepasst: Dass Innenohrprothesen von einem großen Teil der Gehörlosen abgelehnt werden, bleibt unerwähnt. (Stefan Löffler/DER STANDARD, Printausgabe, 26.9.2007)