Warschau/Wien - Wenige Wochen vor den vorzeitigen Parlamentswahlen am 21. Oktober bringt Polens politische Bühne das Spiel "Bäumchen wechsle dich". Hauptdarsteller sind zwei ehemalige Regierungschefs. Leszek Miller, letzter Premier der postkommunistischen Demokratischen Linken (SLD), kandidiert für die "Samoobrona" (Selbstverteidigung) des Populisten Andrzej Lepper an erster Stelle in der Stadt Lodz.

Miller, der als Symbolfigur eines korrupten Netzwerks im postkommunistischen Polen gilt, trat am 2. Mai 2004, einen Tag nach Polens EU-Beitritt, zurück. Im letzten Politbüro der polnischen KP galt er als "Betonkopf" und saß 1989 am Runden Tisch mit der Solidarnosc. Auch Lepper war kommunistischer Funktionär.

Ganz anders verhält es sich mit Kazimierz Marcinkiewicz. Der erste Premier der rechtsnationalen Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) ist bis heute einer der populärsten Politiker Polens. Mitte 2006 musste er PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski Platz machen, obwohl dieser versprochen hatte, nicht Premier werden zu wollen, um die Chancen seines Zwillingsbruders Lech auf das Präsidentenamt nicht zu gefährden. Jetzt unterstützt Marcinkiewicz, der in London arbeitet, die Kandidatur eines Politikers der oppositionellen rechtsliberalen Bürgerplattform (PO) in Krakau.

Umgekehrt hat die PiS prominenten Zulauf aus dem Oppositionslager erhalten, dessen Nutzen inzwischen allerdings sehr zweifelhaft ist. Nelly Rokita, Frau von Jan Rokita, der früheren Nummer zwei der PO, wurde neue Beraterin von Präsident Lech Kaczynski in Frauenfragen und kandidiert an zweiter Stelle der PiS-Liste in Warschau. Was sie im März 2006 an der Warschauer Universität sagte und was die Betreiber der konservativen Website prawy.pl jetzt genüsslich veröffentlichten, dürfte nicht zur Freude der streng katholischen Kaczynski-Zwillinge sein: "Frauen hatten es im Kommunismus besser - die Abtreibung war erlaubt."

Fraglich ist auch die Zugkraft eines prominenten Rückkehrers: Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski geht für das Mitte-links-Bündnis LiD ins Rennen. Vor einer Woche sprach er vor Studenten der Kiewer Schewtschenko-Universität in mehr als angeheitertem Zustand. Später sagte er dazu im Fernsehen: "Es ist unwichtig, ob ich ein Glas Wein oder zehn getrunken habe. Ich kann tun, was ich will." Aus der LiD kam zwar Kritik, aber mangels attraktiver Alternativen bleibt Kwasniewski Spitzenkandidat. (Josef Kirchengast, DER STANDARD, Print, 27.9.2007)