Schwerer als ein Ziegelstein, aber mindestens genauso nützlich: Hornbachs Bastlerkonvolut.

Foto: Renée Cuhaj

Das Hornbach Projekt-Buch, Werner & Ulli Bomans Verlag, 2007; 24,99 Euro

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Im schlimmsten Fall kann man das Ding dann immer noch als Baustoff verwenden. Schließlich kann das Buch in puncto Gewicht und Größe locker mit einem Hohlziegel mithalten. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass das "Projektbuch" tatsächlich verbaut wird, ist in Wirklichkeit denkbar gering, weil die Autoren, die das Heimwerkerversorgungshaus "Hornbach" gebeten hat, auf 670 Seiten so ziemlich alles zu beschreiben, was Selbstmacher und semiprofessionelle Pfuscher beschäftigen könnte, recht deppensicher erklärt haben. Das Werk-Werk setzt wirklich keinerlei Vorwissen oder Fähigkeiten voraus. Mit einer Ausnahme: Lesenkönnen. Außerdem sollte man willens sein, an der Aufgabe zu wachsen. Im Hornbach-Sprech: "Beim Projekt zählt nur eines: das Projekt".

Dann kann sich der so hoffnungsfrohe wie ahnungslose Heimwerker tatsächlich entwickeln, vom Fundamentbetonieren über Fliesenlegen und Carport-Bauen bis hin zum Spritzlackieren. Oder schon in der Vorbereitung erkennen, wo man gegebenenfalls auf fachkundige Hilfe zurückgreift. Schließlich gibt es nur dann immer etwas zu tun, wenn man sich traut.

Die Angst nehmen

Genau das, erklärt Hornbach-Sprecherin Ursula Dauth, war es auch, was die Heimwerkermarktkette aus dem pfälzischen Neustadt an der Weinstraße dazu brachte, im Frühjahr 2007 das DiY-Konvolut mit einer Erstauflage von 60.000 Stück in den Heimwerker- und den Buchhandel zu bringen: "Wir wollen den Leuten die Angst nehmen. Sie sollen sich mehr zutrauen". Dass dieses Motto nicht ausschließlich im Dienste der Volksbildung, sondern auch im Firmeninteresse steht, ist aber auch kein Geheimnis. So wie die Hornbach-Werbelinie andere Kundenschichten als die traditionellen Häuslbauer und Selbstmacher in die Baumärkte gelockt hat, züchtet man sich mit präzisen, verständlichen Baurezepten auch neue Kunden: Aus Selbstvertrauen wird Fähigkeit - und Können schafft Wünschen.

Die Idee zum Buch wurde den Hornbachern auch nicht von außen angetragen. Sie entstand, weil man die Kunden ein bisserl genauer beobachtete als die Mitbewerber: Lose Wie-geht-das-eigentlich-Blätter liegen auch in anderen Baumärkten auf. Dass aber Bedarf an einem Nachschlagewerk (inklusive Glossar, Umwelt- und Entsorgungstipps, Material- und Werkzeugkunde sowie umfangreichen Sicherheits- und Warnhinweisen) bestehen könnte, erkannte keiner.

Funktional-Verständliche Sprache

Freilich lässt das Bastlerkochbuch zumindest in Sachen Gender-Mainstreaming schwer zu wünschen übrig: Alle dreckigen und kraftintensiven Tätigkeiten sind mit authentisch dreckigen und verschwitzten Herren illustriert. Frauen assistieren, machen "leichte" Jobs wie Ausmalen und Anstreichen - und sind höchstens unrealistisch dekorativ beschmutzt. Aber vermutlich entspricht zumindest diese Arbeitsteilung immer noch der Heimwerkerrealität. Trockener Realismus dominiert auch die grafische Auflösung der Anleitungen: Das Buch spricht insgesamt eine schlichte, streng aufs Funktional-Verständliche reduzierte Sprache.

Macht nichts. Denn trotz offenkundiger Design- und Gestaltungsmankos wurde das Projektbuch im angewandten Coffeetable-Book-Test öfter als aufwändige Bildbände zur Hand genommen - und länger und aufmerksamer durchgeblättert und gelesen. Nicht nur wegen des Überraschungseffektes, sondern vor allem wegen des Nutzwertes: Über Jamie Oliver, Angkor Wat und Molekularküche kann man dem modernen Citoyen kaum Neues erzählen. Aber das Mysterium, Fliesen so an die Wand zu kleben, dass sie halten, hat ihm noch nie jemand entschlüsselt. (Thomas Rottenberg/Der Standard/rondo/28/09/2007)