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Viele arbeitende und studierende Mütter haben noch immer mit dem Ruf der Rabenmutter zu kämpfen.

Foto: Getty Images/ Sean Gallup
Studium, Job und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bringen, erfordert genaue Planung und präzise Kalkulation. Der Druck ist enorm, die Zahl Studierender mit Kindern sinkt. Frauen scheinen immer noch die Hauptverantwortung für die Erziehungsarbeit zu tragen: Bei der Frage, in wieweit sich Studium und Kind vereinbaren lassen, ergab der "Bericht zur Sozialen Lage der Studierenden 2006" des IHS einen geschlechter- spezifischen Unterschied: Für 57 Prozent der Mütter von Kleinkindern ermöglicht die Kinderbetreuung keine oder kaum eine Vereinbarkeit mit dem Studium, was nur für 19 Prozent der Väter der Fall ist.

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"Seit der Geburt meines Sohnes vor einem Jahr habe ich fast nichts fürs Studium gemacht, außer Studiengebühren eingezahlt", berichtet die Biologiestudentin Ines. "Lernen und schreiben geht nur am Abend, wenn der Kleine schläft und dann bin ich meist zu erschöpft", fügt sie hinzu. Auch bei Kindern im Kindergarten- und Vorschulalter geben noch bis zu 40 Prozent der Mütter an, die Kinderbetreuung sei nicht so geregelt, dass sie mit dem Studium vereinbar ist. Bei den Vätern erleben das 13 Prozent so.

Lange Warteliste

"Meine Schwiegermutter hilft mir zwar regelmäßig, aber das ist keine dauerhafte Lösung. Wenn ich wieder voll ins Studium einsteigen und ein paar Stunden pro Woche arbeiten will, brauche ich einen Krippenplatz. Momentan stehe ich auf einer Warteliste", erzählt eine Jusstudentin aus Wien mit knapp zweijährigem Sohn.

Mütter wenden höheres Zeitbudget auf

Die Kinderbetreuungszeit beträgt bei Müttern von Kleinkindern laut Studierenden-Sozialerhebung durchschnittlich 70 Stunden pro Woche, bei Vätern dagegen 23 Stunden. Wenn die Kinder zwischen drei und zehn Jahren alt sind, entfallen auf die Mütter noch mehr als 50, auf die Väter 15 bis 20 Stunden Betreuungsaufwand pro Woche. Insgesamt wenden Mütter ein deutlich höheres Zeitbudget für Studium, Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung auf als Väter.

Yvonne, Psychologiestudentin im zweiten Studienabschnitt, hat zwar einen Kindergartenplatz bekommen, doch ihr Sohn war, wie viele Kinder, am Anfang sehr anfällig für Kinderkrankheiten. "Er war immer eine Woche krank und dann wieder gesund. Ich hatte große Probleme auf der Uni. Mein Arbeitgeber war da zum Glück flexibler und verständnisvoller." Der Abschluss ihres Studiums werde sich daher um rund ein Jahr verzögern.

Abbruch oder Unterbrechung des Studiums

Rund 35 Prozent der Studierenden mit Kind unterbrechen ihr Studium. Väter unterbrechen etwas öfter und länger. Die AutorInnen dazu: "Dies lässt vermuten, dass Frauen mit Kind entweder sehr rasch wieder zurückkehren, um ihr Studium weiterzuführen oder das Studium abbrechen." Das mag auch damit zusammenhängen, dass 24 Prozent alleinerziehende Mütter lediglich 1,4 Prozent alleinerziehenden Vätern gegenüberstehen.

Vorteile von Studieren mit Kind

Studieren mit Kind hat auch Vorteile, etwa den Anspruch auf Verlängerung der Studien- und Familienbeihilfe. Außerdem profitieren viele Studierende, die früher oft keinen Anspruch auf Karenzgeld hatten, vom Kindergeld. Das Referat für Sozialpolitik der ÖH bietet dazu umfangreiche Informationsleistungen an.

Keine Unterbrechung der Berufstätigkeit

Mutterschaft während des Studiums bietet einen weiteren Anreiz: Die Unterbrechung der Berufstätigkeit fällt weg. Denn viele vormals berufstätige Frauen steigen nach dem Bezug von Kindergeld nicht mehr ins Berufsleben ein, da die jahrelange Unterbrechung zu einer Schlechterstellung am Arbeitsmarkt führen kann.

Rückgang der studierenden Eltern

"Dreimal die Woche sehe ich wegen Arbeit und Studium meine Tochter nur jeweils eine Stunde in der Früh und am Abend, da fühle ich mich schon oft hin- und hergerissen. Das geht vielen Müttern so", erzählt eine Jus-Studentin von ihrem schlechten Gewissen. Mütter, die ihre Kinder an Betreuungseinrichtungen oder Tagesmütter abgeben, stünden teilweise immer noch im Ruf der "Rabenmutter", so die studierende Mutter.

Im Vergleich zu 2002 zeigt sich, dass der Anteil von Studierenden mit Kind(ern) von elf auf sieben Prozent zurückgegangen ist. Die AutorInnen der Studierenden-Sozialerhebung betonen, dass dieser Rückgang nicht durch eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung zu erklären sei, da die Geburtenrate konstant geblieben ist. Die Gründe für diesen doch drastischen Einbruch der Zahl studierender Eltern seien also im Hochschulsystem zu finden.

Kinderfreundliche Unis in Deutschland

Dass bei guter Kinderbetreuung Uni-Laufbahn und Elternglück kompatibel sind, will die Bundesregierung Deutschland gemeinsam mit der Robert-Bosch-Stiftung und dem Gütersloher Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) demonstrieren: Hochschulen sind zum Wettbewerb "Familie in der Hochschule" aufgerufen. Für acht Hochschulen stehen für zwei Jahre jeweils bis zu 100.000 Euro zur Verfügung. "Wir brauchen an den Hochschulen eine verständnisvolle Kultur für junge Menschen, die Familien gründen wollen oder bereits haben", so Ingrid Hamm, Geschäftsführerin der Robert-Bosch-Stiftung. (Julia Schilly/derStandard.at, 8. Oktober 2007)